30 Jahre wird sie in diesem Jahr alt; die Leipziger Lachmesse gehört zu den traditionellen Festivals Leipzig, ist aus dem kulturellen Leben nicht wegzudenken. Warum Kleinkunst trotz der C-19-Pandemie weiterhin Normalität bleiben soll, auflagenbedingt vom 18. bis 25. Oktober mit einem ausgesuchten Programm an seine BesucherInnen herantreten will, erzählt Vorstandsmitglied Harald Pfeifer im Interview.

Wie hat sich in diesem Jahr die Covid-19-Pandemie auf Sie als Lachmesse-Veranstalter ausgewirkt?

Im Januar haben wir mit einer neuen Mannschaft begonnen. Unsere Absicht war, die Lachmesse langfristig für die kommende Generation attraktiv zu machen. Es ging dabei nicht vordergründig nur darum, ein jüngeres Publikum zu erreichen, sondern allgemein neugierig auf die Kleinkunst zu machen. Doch im Februar kündigte sich bereits die Pandemie an, im März erfolgte der Lockdown.

Unsere Aufgaben änderten sich daraufhin. Wir haben erfahren müssen, wie tief der Lockdown in die verschiedenen Belange der Lachmesse greift. Wir haben auch sehen müssen, dass alles länger dauerte als gedacht. Ursprungs haben wir gehofft, dass im Mai bereits erste Lockerungen im Veranstaltungsbereich möglich sein würden. Nun stehen wir vor der Situation, nicht genau zu wissen wie die dreißigste Lachmesse aussehen wird. Ausfallen lassen wollen wir gerade diese Ausgabe unseres Festivals nicht. Bisher mussten wir lediglich die Jubiläumsgala am 24. Oktober um ein Jahr verschieben.

Unter welchen Regeln und Verordnungen wird die Lachmesse stattfinden?

Bislang ist es so, dass 1,50 Meter Abstand geboten ist. Diese Abstandsregel wurden aus gutem Grund den Veranstaltern auferlegt. Dann hieß es, man könne den Abstand reduzieren. Aber man hat in Theaterhäusern fest montierte Stuhlreihen. Würde man das Abstandsgebot von 1,50 Meter einhalten, reicht ein freier Platz zwischen zwei Sitzenden nicht aus. Da gibt es Häuser, in denen würden deshalb die Zuschauerzahlen auf 20 Prozent runtergehen.

Wirtschaftliche Verluste bleiben sicher auch bei der Lachmesse nicht aus?

Veranstaltungen, die sich aufgrund der Regeln nicht durchführen lassen, müssten wir tatsächlich auch ausfallen lassen, wie bspw. unsere Gala. Als gemeinnütziger Verein haben wir ein bestimmtes Budget, erhalten finanzielle Unterstützungen aus der öffentlichen Hand und bekommen Sponsoring-Gelder; … es ist aber auch so, dass wir durchaus pleite gehen können.

Sascha Korf tritt im Blauen Salon auf, Foto: Robert Maschke
Sascha Korf tritt im Blauen Salon auf, Foto: Robert Maschke

Was können die Besucher erwarten?

Wir haben uns im Jubiläumsjahr dafür entschieden, keine Feste zu feiern, sondern Programm zu machen. (Programm unter: lachmesse.de) Und das zeigt, dass wie immer die Kleinkunst im Mittelpunkt steht. Wir wollen natürlich auch darauf aufmerksam machen, dass wir schon dreißig Jahre da sind. Auf Großveranstaltungen sind wir jedoch nicht aus, wir konzentrieren uns auf die kleine Form.

Auch ohne Corona wären die große Feste nichts für uns gewesen. Wir wollen den Charme der kleinen Bühne in den Vordergrund rücken dem Prinzip folgen wir ja schon seit 1991. Und dann ist die Lachmesse immer eine Veranstaltung gewesen, an der man gut erkennen kann, auf welchem Stand sich die Kleinkunst mit ihren vielen Sparten befindet. Freilich wissen wir nicht, was in diesem Jahr auf uns zukommen wird. Da heißt es, erst mal gucken, dann mal sehen.

Auf welche Künstler freuen Sie sich persönlich am meisten?

Wer, wie ich, in die kleine Bühne und in die alternativen Künste verliebt ist, sieht auf die Geheimtipps. Sascha Korf ist auf jeden Fall zu erwähnen. Er ist ein Mensch, den wir auf der Kleinkunstbörse in Freiburg erlebt haben. Der hat innerhalb von zwei Minuten sein Publikum, das ihn kaum kannte, so zielsicher auf den Hörnern gehabt, dass man nur staunen konnte. Er ist ein Meister der Improvisation – und Leute, die improvisieren können, müssen nicht nur Chuzpe haben, sondern auch eine große Bühnenerfahrung und Handwerk.

Was noch interessant ist, ist die Hommage an die „Henne“, … Helga Hahnemann. Sie war in der DDR eine Große der Unterhaltungskunst und wird so in diesem Jahr auf der Lachmesse geehrt. Den älteren Leipzigern wird sie auch von der „Pfeffermühle“ her bekannt sein. Hinweisen möchte ich auch auf die Hommage à Blandine Ebinger, der großen Diseuse aus Berlin vor 100 Jahren, von Desiree Nick. Ebenso auf den Tubisten zwischen Folk, Klassik, Jazz und Kabarett, Andreas Martin Hofmeir.

Was verbinden Sie mit 30 Jahren Lachmesse?

Eine historisch große Spanne, die weit über 30 Jahre hinausgeht! Zunächst zeigt die Lachmesse, aber auch viele andere Kleinkunstveranstaltungen nicht nur in Leipzig, dass dieses Genre überlebensfähig ist. Als 1901 von Ernst von Wolzogen (1855–1934, dt. Schriftsteller und Gründer der ersten Kabarette in Deutschland, Anm. d. Red.) das erste Kabarett in der Berliner Friedrichstraße eröffnete, wurde es als „zehnte Muse“ (eine von Maximilian Bern erfundene und selbstironische Bezeichnung für die Kleinkunst und Musik Anfang der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts, Anm. d. Red.) bezeichnet.

Damals war man überzeugt, dass die neue, zehnte Muse, konnte, was all die anderen nicht vermochten. Da war man euphorisch. Etwas übertrieben kann man auch sagen, bei den neun Musen aus der griechischen Mythologie geht es darum, was gespielt wird, bei der zehnten fragt man sich, gegen wen es geht.

So war Kabarett und Kleinkunst immer ein Kommentar zur Zeit. Eine Auseinandersetzung, die wichtig und fesselnd ist. Und auch die Lachmesse bezieht genau daraus ihre Anziehungskraft. Hier findet der öffentliche Diskurs in einer ganz eigenen Art statt, der sonst etwas schwierig geworden ist – und alles ist zum Lachen. Das macht diese Kunst aus. Wir wollen in diesem Sinne, Unterhaltung mit Haltung zeigen.

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