Wenn die Historiker eines Tages ein Resümee dieser Präsidentschaft ziehen und mit ihren Worten die großen Linien aufs Papier malen, wird es in puncto Umwelt- und Klimaschutz so aussehen, als habe die Trump-Regierung eine Rückwärtsrolle nach der anderen gemacht. Und doch finden sich unter dem ganzen Rückwärtsgekuller hier und da vorsichtige Kriechbewegungen in die andere Richtung.

Ich fürchte zwar, dass die um ihre Richtung besorgten Historiker sie gar nicht erkennen, aber was macht’s. Dieses Tagebuch ist ja auch dazu, das Gegenläufige im großen Strom der Ereignisse kenntlich zu machen. In diesem Falle ist es Order zwei-zwei-zwei-zwei der Federal Energy Regulatory Commission, kurz FERC.

Da hierzulande kaum jemand weiß, was die FERC überhaupt macht (es gibt schließlich keinen deutschen Wikipedia-Eintrag), sei gesagt, dass sie sich mit den lokalen Netzbetreibern beschäftigt, die Verteilung und den Großhandel von Erdgas zwischen den einzelnen Bundesstaaten regelt und auch ein Auge auf alles hat, was durch die amerikanischen Pipelines fließt, schließlich müssen Erdgasverbindungen, die über mehrere Bundesstaaten laufen, von der FERC genehmigt werden. Das Gleiche gilt noch für ein paar andere Großenergieprojekte wie Flüssiggasterminals, Wasserkraftwerke und ähnliche Sehnsuchtsorte von Energie-Ingenieuren.

Das Geld fürs FERC kommt vom Kongress, aber bestimmt werden die Mitglieder der Kommission vom Präsidenten, wobei beide Parteien vertreten sein müssen. In diesem Falle hat sich Trump dafür entschieden, seinen Parteikollegen Neil Chatterjee zum Vorsitzenden zu machen. Neben Chatterjee sitzen noch ein Demokrat (Richard Glick) und ein weiterer Republikaner (James Danly) in dem Gremium.

So weit, so gut, so unbekannt. Was nun aber interessant ist, ist die Tatsache, dass sich das Gremium vor wenigen Tagen mit 2:1 Stimmen dafür entschieden hat, die regionalen Netzbetreiber zur Aufnahme neuer Energielieferanten und Stromspeicher zu zwingen. Konkret geht es dabei um sogenannte Distributed Energy Resources (DER), also jene Energiequellen wie Windräder, Kleinkraftwerke und privat betriebene Solaranlagen, die meist verbrauchsnah installiert sind und für die dezentrale Stromerzeugung und -verteilung genutzt werden.

Ihr Stromangebot muss – genau wie die Kapazitäten dezentraler Stromspeichersysteme – laut der Entscheidung des FERC künftig in die regionalen Netze integriert werden. Umweltschutzgruppen und Vertreter der Erneuerbaren Energien sehen darin einen „game changer“, einen entscheidenden Schritt hin zur Energiewende. Und in der Tat: Die neuen Regeln dürften nicht nur zu einem massiven Ausbau dieser kleinteilig und erneuerbar ausgerichteten Energiequellen führen, sondern begünstigen auch die Entwicklung der damit verbundenen Energieverwaltungs- und Nachfragemanagement-Systeme. Außerdem versprechen sie – allein schon mit Blick auf die stark wachsende Zahl an Elektroautos – auch einiges an Einnahmen.

Mit Blick auf die politische Großwetterlage in den USA wirkt die ganze Aktion dagegen wie eine Ausnahme, denn der Republikaner Chatterjee hat die Neuregelung mit dem Demokraten Glick gemeinsam erstellt, was wieder mal zeigt, dass die parteiübergreifende Zusammenarbeit in den USA im Kleinen durchaus funktioniert.

Wobei in diesem Fall erleichternd hinzukommt, dass weder das Energieministerium noch Donald Trump Einfluss auf die Entscheidungen der FERC nehmen können und der dritte Republikaner im FERC vor einigen Wochen die Segel gestrichen hat. Chatterjee dankte dann auch dem ehemaligen demokratischen FERC-Vorsitzenden Jon Wellinghoff für seine Unterstützung, woraufhin sich der mit den Worten bedankte, die Regel sei „die wichtigste, die die Kommission jemals veröffentlicht hat!“

Chatterjee erklärte zudem, dass er mit der Neuregelung ein Versprechen einlöse, das er kurz vor seiner Wahl 2017 zwei demokratischen Senatoren gegeben hat. Die beiden hatten ihn damals eingeladen, um darzulegen, welch große Bedeutung die FERC für den Ausbau der Erneuerbaren Energien hat, gerade was die dezentralen Erzeugungs- und Speichersysteme betrifft.

Das alles klingt nach fachspezifischem Klein-Klein und will weder zu den großen, rückwärts gezogenen Linien der Historiker passen noch zu den Rollbacks der Trump-Regierung. Aber erstens gehört es zur Wahrheit von Rückwärtsrollen, dass man am Ende nach vorn schaut. Und zweitens will es die Ironie der Geschichte, dass einer der demokratischen Senatoren, die sich bei Chatterjee für den Ausbau der erneuerbaren, dezentralen Energiesysteme eingesetzt haben, mit Nachnamen Whitehouse heißt.

Alle Auszüge aus dem „Tagebuch eines Hilflosen“.

Direkt zum „Tagebuch eines Hilflosen“.

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