Donald Trump behauptet seit Wochen, dass Briefwahlen den Wahlbetrug fördern. Angeblich werden die Wahlunterlagen millionenfach gefälscht und in großem Umfang Stimmen von Leuten abgegeben, die dazu gar nicht befugt sind. Dass die Anschuldigungen einem Fakten-Check nicht standhalten, ist bekannt. Twitter hat deshalb schon mehrfach Trumps Account als Verbreiter von Lügengeschichten markiert.

Trump hält das freilich nicht davon ab, die Briefwahl auch weiterhin als große Betrugsmaschinerie zu diffamieren. Eine etwas gewöhnungsbedürftige Ansicht, wenn man bedenkt, dass einige seiner engsten Mitarbeiter in den vergangenen Jahren rege von der Briefwahl Gebrauch gemacht haben.

Dazu gehören u. a. Vizepräsident Mike Pence, Bildungsministerin Betsy DeVos, die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, Trumps Wahlkampf-Direktor Brad Parscale sowie die Wahlkampf-Manager Michael Glassner und Bill Stepien. Auch Justizminister William Barr hat auf diese Art und Weise gewählt, macht inzwischen aber munter bei Trumps Briefwahl-Bashing mit.

Sogar Trump selbst hat die Briefwahl genutzt – und zwar bei den Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner im März dieses Jahres in Florida.

Dabei hatte er genug Gelegenheiten, seine Stimme persönlich abzugeben. Auf dem Weg zu seinem Golfplatz in West Palm Beach ist Trump am 7. und 8. März mehrfach an Wahllokalen vorbeigefahren. Die Vorwahlen selbst fanden zwar erst am 17. März statt, aber viele Wahllokale waren schon Tage vorher geöffnet, um Leuten mit Terminschwierigkeiten die Chance zu geben, persönlich wählen zu gehen.

Florida ist einer von 39 Bundesstaaten, die diese Form des „early voting“ erlauben. Wer die Möglichkeit nutzt, muss auch nicht erklären, warum er am Wahltag nicht kann. Bei der Briefwahl ist das anders, da muss in manchen Bundesstaaten ein Grund für das „absentee voting“ angegeben werden.

In Florida braucht man den allerdings nicht. Glück für Donald, denn was hätte er sagen sollen? Dass er lieber einen Golfball in einem Loch versenkt als einen Zettel in eine Wahlurne steckt? Das wäre keine gute Entschuldigung gewesen. Blonderweise hat es seine Pressesprecherin Kayleigh McEnany trotzdem mit einer Erklärung versucht und mitgeteilt, dass Trump nicht persönlich zur Wahl gehen konnte, weil ihn sein Job davon abgehalten habe. Eine glatte Lüge, es sei denn, das sinnlose Verkloppen unschuldiger Golfbälle durch einen mittelmäßig begabten Präsidenten wird inzwischen als Beruf gewertet.

Aber wie dem auch sei. Offiziell hat es bei den Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner in Florida jedenfalls keine Betrugsversuche gegeben. Gleiches gilt für die Gouverneurs- und Midterm-Wahlen in Florida 2018. Laut Trump haben die Demokraten damals massiv betrogen und Wahlscheine gefälscht. Daraufhin gab es nicht nur eine, sondern gleich drei Untersuchungen. Aber keine von ihnen hat irgendeinen Hinweis auf Wahlfälschung durch Briefwahl erbracht.

Donald, dem Cheater-in-Chief, aber ist das egal. Er behauptet weiterhin, dass Briefwahlen den Wahlbetrug fördern. Wobei, so ganz unrecht hat er nicht, denn im März wurde in Florida tatsächlich eine Frau verhaftet, die Wahlunterlagen gefälscht hat. Allerdings stellte sich heraus, dass die gute Dame keine durchtriebene Demokratin, sondern eine republikanische Lokalpolitikerin namens Cheryl Hall war, die nebenbei für eine Organisation arbeitete, die von einer „Dark Money Group“ aus dem Umfeld von Trumps Wahlkampf-Chef Brad Pascale finanziert wird und sich um die Registrierung von Wählern kümmert.

Misses Hall hatte gute Arbeit geleistet und aus dreißig Demokraten Republikaner gemacht. Nicht viel, aber angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse in Florida schon mal ein Anfang. Für Cheryl Hall war’s allerdings der vom Ende. Sie wurde verhaftet. Als die Polizei zu ihrem Haus fuhr, um sie festzunehmen, war es für die um ihre Sicherheit besorgten Cops allerdings nicht leicht, einen Blick ins Innere des Gebäudes zu werfen. Die Fenster waren mit lebensgroßen Trump-Postern verhängt.

Alle Auszüge aus dem „Tagebuch eines Hilflosen“.

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