Für alle Leser/-innenDas Video erinnert an den Tod des US-Amerikaners George Floyd: Ein LVB-Kontrolleur liegt auf einer Person und hält diese minutenlang im Würgegriff. Umstehende weisen ihn darauf hin, dass die Person keine Luft mehr bekomme. Am Ende geht die Situation glimpflich aus. Die Staatsanwaltschaft sieht den Verdacht einer schweren Körperverletzung und die LVB stellen ihren Mitarbeiter und dessen Team vom Dienst frei.
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben einen Fahrausweisprüfer vom Dienst freigestellt, der am Donnerstagabend, den 16. Juli, eine Person am Waldplatz minutenlang gewürgt hat. Das teilte das Unternehmen am späten Freitagabend mit, nachdem das Stadtmagazin „kreuzer“ am Nachmittag ein Video des Vorfalls veröffentlicht hatte.
https://twitter.com/kreuzer_leipzig/status/1284147672727859200
Darin ist zu erkennen, wie ein LVB-Kontrolleur mit einer anderen Person auf dem Boden liegt und diese im „Schwitzkasten“ hält. Mehrere Menschen fordern den Mann mehrmals auf, die Person loszulassen, weil diese keine Luft bekomme und im Gesicht rot beziehungsweise blau anlaufe. Jemand ruft „Er stirbt!“, woraufhin eine andere Person – möglicherweise der LVB-Mitarbeiter – antwortet: „Der stirbt nicht.“ Ob in diesem Moment tatsächlich Lebensgefahr bestand, ist unklar.
Mehrere Notrufe bei der Polizei
Die Polizei teilte am Samstagvormittag mit, am Donnerstag einen Notruf von Fahrausweisprüfern erhalten zu haben, weil zwei Fahrgäste kein gültiges Ticket gehabt und die Kontrolleure angegriffen haben sollen. Während der Anfahrt habe es einen weiteren Notruf eines Zeugen gegeben, der den Würgegriff meldete.
„Als die Einsatzkräfte am Ereignisort eintrafen, fanden sie mehrere Personen getrennt und ruhig auf die Polizei wartend vor“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Medizinische Versorgung sei nicht notwendig gewesen.
Die Staatsanwaltschaft sieht nach Angaben der Polizei den Anfangsverdacht einer gefährlichen Körperverletzung seitens des LVB-Kontrolleurs. Zudem gebe es Strafanzeigen wegen wechselseitiger Körperverletzung, Leistungserschleichung und Diebstahl eines Fahrausweiskontrollgeräts.
LVB wollen Straßenbahnvideo sichern
Die LVB teilten mit, das Video aus der Straßenbahn gesichert sowie den Fahrausweisprüfer und dessen Team vom Dienst freigestellt zu haben. Laut einem während des Vorfalls anwesenden „kreuzer“-Mitarbeiter, den die Leipziger Volkszeitung zitiert, hat der Kontrolleur auf den Hinweis, dass der aus Australien stammende Mann im Würgegriff kaum Deutsch spreche, geantwortet: „Ich muss kein Englisch sprechen. Wir sind in Deutschland hier.“
https://twitter.com/LVB_direkt/status/1284446616896835586
LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg ließ via Twitter-Mitteilung ausrichten: „Wir bedauern den Vorfall und die gewalttätige Kurzschlussreaktion gegenüber dem Fahrgast. Dafür bitten wir um Entschuldigung.“
LVB beantworten Fragen nicht
Die L-IZ hatte den LVB heute zusätzliche Fragen geschickt, jedoch als Antwort nur das auf Twitter veröffentlichte Statement erhalten. Zusätzlich folgte der Hinweis: „Weitere Fragen können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten, um die Ermittlungen der Polizei nicht zu beeinflussen.“ Da sich einige Fragen aber um allgemeine Themen wie Schulung und Vorschriften für die Mitarbeiter/-innen drehen, haben wir unsere Bitte um Beantwortung erneuert.
Antworten auf solche Fragen wünschen sich auch Katharina Krefft und Tobias Peter, die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Stadtrat: „Offene Fragen nach der Schulung von Mitarbeitenden insbesondere hinsichtlich Deeskalation und Sprachkompetenz müssen nun umfassend geklärt werden. Es gilt, bereits laufende Maßnahmen der LVB zu Antidiskriminierung zu überprüfen und zu optimieren.“
Der Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek veröffentlichte auf seinem Blog eine juristische Einschätzung. Zwar sei es grundsätzlich erlaubt, Gewalt gegen Personen auszuüben, die einer Straftat verdächtigt sind und fliehen wollen, jedoch sei dabei „das mildeste Mittel anzuwenden und die Grenzen beginnen dort, wo ein krasses Missverhältnis zwischen den Folgen der Verteidigung und der Verletzung durch den Angriff besteht“.
In diesem Fall sei die Grenze wohl überschritten worden.
Die LVB investieren in diesem Jahr erstmals die Summe von 138 Millionen Euro
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