Manche Leipziger/-innen, die gestern am Cospudener See spazieren waren, machten unangenehme Bekanntschaft mit der Polizei, weil sie angeblich außerhalb des erlaubten „Wohnumfeldes“ gewesen wären. Heute entschuldigte sich die Polizei dafür, wie die L-IZ.de gestern als erste berichtete, fußte alles auf einer falschen internen Anweisung. Die Wohnungsgenossenschaften versprechen derweil, dass bei ihnen niemand wegen der Coronakrise die Wohnung verlieren werde. Die L-IZ fasst zusammen, was am Donnerstag, den 26. März 2020, in Leipzig und Sachsen wichtig war.
Die Leipziger Polizei hat sich heute – nach den Statements und Richtigstellungen gestern auf L-IZ.de – nochmals zum Geschehen am Cospudener See geäußert und möchte sich für die „entstandenen Verwirrungen und Unannehmlichkeiten“ entschuldigen. Bei Kontrollen am Cospudener See hatte die Polizei gestern 31 angebliche Verstöße gegen die Allgemeinverfügung festgestellt.
Diese erlaubt es nur bei „triftigen Gründen“, die eigene Wohnung zu verlassen. Dazu zählen Sport und Bewegung an der frischen Luft – allerdings nur im „Umfeld des Wohnbereiches“.
Torsten Schultze, Leiter der Polizeidirektion Leipzig, hatte den Beamten am Dienstag eine „Handlungsanleitung“ zur Verfügung gestellt, in der es hieß, dass ein Radius von fünf Kilometern um die Wohnanschrift angemessen erscheine. Gleichzeitig hatte Schultze aber auch darauf hingewiesen, dass es vor allem darum gehe, Kontakte und Kontaktmöglichkeiten zu minimieren und kein „zu hoher Maßstab“ an das Wohnumfeld angelegt werden sollte.
Was genau mit „Wohnumfeld“ seitens des Verantwortlichen Ministeriums für Soziales auf Landesebene gemeint sein soll, blieb heute hingegen weiter offen, eine entsprechende Nachfrage der L-IZ.de auch beim Sozialministerium Sachsen ergab keine weiteren Erkentnisse.
Katharina Strack, Referentin im Ministerium, gab aber in einer ersten Antwort zu: „Hierfür gibt es keine klare Definition.“ Räumliche Beschränkungen seien auf das Ziel ausgelegt, „Infektionsketten durch die Minimierung von Ansteckungsmöglichkeiten zu unterbrechen. Wege sind, soweit irgend möglich, auf ein Minimum zu begrenzen und Kontaktmöglichkeiten soweit möglich einzuschränken.“
Nachfragen der Redaktion (noch unbeantwortet) provozierte jedoch Auskunft 2 von Strack: „Ausflüge in weiter entfernt gelegene Erholungsgebiete, wie z.B. von Dresden in die Sächsische Schweiz zum Wandern, sind deshalb gerade nicht gestattet.“ Auf welcher Rechtsgrundlage dies wie durchgesetzt werden soll, werden sicher der Freitag und die weiteren Antworten aus der Landesebene ergeben.
Regel gilt nicht mehr
In einer Pressemitteilung der Polizei heißt es heute: „Der gestrige Einsatztag hat gezeigt, dass die enthaltende Erläuterung zur Begrenzung des Wohnumfeldes auf fünf Kilometer in der praktischen Anwendung unzweckmäßig ist.“ Diese Regel gilt nun also nicht mehr.
Was genau unter dem „Wohnumfeld“ zu verstehen ist, bleibt also wohl Interpretationssache. Vielleicht erscheint folgende Orientierung sinnvoll: Alle Wege, die an der eigenen Wohnung beginnen und auch dort enden, gehören zum „Umfeld“. Über das Problem hatten wir bereits gestern Abend berichtet.
In einigen Städten gab es wohl auch Probleme mit auf Parkbänken sitzenden Menschen. Dies ist aus Sicht mancher Beamter offenbar kein „triftiger Grund“, die Wohnung zu verlassen, und weder Sport noch Spaziergang. Der Strafverteidiger Udo Vetter hat dazu eine andere Auffassung:
Lasst euch nicht für dumm verkaufen, wenn euch die Polizei das Sitzen auf einer Parkbank unter Einhaltung des Abstandsgebots verbietet. Eine Pause ist (notwendiger) Teil der Bewegung an der frischen Luft, und die ist nach wie vor erlaubt.
— Udo Vetter (@udovetter) March 25, 2020
Für viele ist die aktuelle Situation eine Herausforderung. Der Tagesspiegel berichtet beispielsweise über Nothelfer/-innen in Jugendämtern, die wegen der Coronakrise nur noch im Ausnahmefall vor Ort überprüfen dürfen, wie es Kindern daheim geht. Auch für die Obdachlosen ist die Lage noch dramatischer als sowieso schon. Im Übernachtungshaus für wohnungslose Frauen fehlen derzeit einige Grundnahrungsmittel.
Dazu erscheint morgen ein Interview mit Holger Herzog vom Suchtzentrum Leipzig auf L-IZ.de, welches auch aufzeigt, wie man jetzt effektiv helfen kann. Gabenzäune jedenfalls sind es eher weniger.
https://twitter.com/vandesei/status/1243169606694551553
Gute Nachrichten gibt es hingegen für viele, die eine Wohnung haben. Die Leipziger Wohnungsgenossenschaften haben in einer gemeinsamen Erklärung verkündet, dass niemand wegen finanzieller Probleme in der Coronakrise seine Wohnung verlieren werde.
Was heute außerdem wichtig war: Für den geplanten EU-China-Gipfel gibt es noch kein Sicherheitskonzept (via MDR). Es ist sowieso unklar, ob dieser im September in Leipzig stattfinden wird. Aus Polizeikreisen gab es zuletzt Forderungen, solche Veranstaltungen abzusagen. Und wir haben uns heute außerdem nochmal ausführlich mit dem Urteil gegen die rechte Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ beschäftigt.
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