Nicht nur Spaßveranstaltungen wie Konzerte oder Sportevents sind in Deutschland zurzeit wegen der Corona-Krise untersagt und nicht nur für Schüler und Lehrer ist die aktuelle Situation eine Herausforderung. Auch die Pfarrer in Sachsen haben von einem Tag auf den anderen ihr gewohntes Arbeitsumfeld verloren. Keine Gottesdienste, keine Seelsorge, keine Kirchenkreise. Was tun gegen die Krise? Christiane Dohrn, Pfarrerin in der Kirchgemeinde im Leipziger Süden, beleuchtet die aktuelle Situation.
Gottesdienste in Sachsen sind seit einer Woche untersagt. Wie arbeiten Pfarrer in dieser Situation?
Christiane Dohrn: Im Moment tasten wir uns von Tag zu Tag und schauen, was wir tun können. Beispielsweise haben wir am vergangenen Sonntag den Gottesdienst kurzerhand per Stream gefeiert und planen, das auch weiterhin zu tun. Wir sammeln und entwickeln Ideen, wie wir auch ohne physische Präsenz für die Menschen da sein können.
Sehen Sie aufkommende Finanz-Probleme für Gemeinden, weil nun Kollekte fehlen?
Das wird sicher ein Problem, je nachdem, wie lange der jetzige Zustand anhält. Wir werden jedenfalls weiter und auch verstärkt um Spenden bitten.
Inwieweit ist das Aus für Gottesdienste auch eine Chance für die Kirche, „digitaler“ zu werden?
Diese Chance ist groß. Zum Beispiel hätte der Gottesdienst am vergangenen Sonntag unter „normalen“ Umständen vermutlich ca. 50 bis 60 Besucher*innen gehabt. Im Internet haben ca. 600 reingeschaut. Das ist schon mal ermutigend. Ich gehe davon aus, dass digitale Angebote der Kirche jetzt einen ziemlichen Hype erfahren. Was davon dann auch über die Krise hinaus existiert, wird sich weisen. Jedenfalls gibt es dem Thema „digitale Kirche“ einen ziemlichen Schub, ähnlich dem digitalen Lernen.
Menschen brauchen Pfarrer als Seelsorger. Gerade Ältere haben es meist nicht so mit der Technik. Wie können Sie trotzdem helfen?
Wir bitten diejenigen, zu denen wir Kontakt haben, wiederum in Kontakt zu bleiben mit denen, mit denen sie zum Beispiel in den Seniorenkreis gehen. Das klappt auch schon ganz gut. Außerdem sind wir regelmäßig telefonisch gut zu erreichen. Unsere postalischen Geburtstagsgrüße kommen nach wie vor nach Hause. In ganz seltenen Fällen, wo es wirklich keine andere Möglichkeit als den direkten Kontakt gibt, gehen wir auch mal zu jemandem nach Hause.
Und haben Sie manchmal ein unruhiges Gefühl, weil Sie wissen, dass „da draußen“ zahlreiche Gemeindeglieder sind, denen Sie nicht wie gewohnt helfen können?
Ja, ich hab ein unruhiges Gefühl. Ich denke vor allem an die Familien mit kleinen Kindern. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als meine Jungs im Kindergartenalter waren: Da war so ein Tag mit ihnen zu Hause schön, aber auch anstrengend. Ich hoffe und bete, dass insbesondere auch jede Alleinerziehende irgendwie Hilfe und Unterstützung bei der Kinderbetreuung findet.
Die geschlossenen Schulen versenden Aufgaben an Ihre Schüler. Machen Sie das bei Ihren Taufkursen, Konfirmationskursen etc. ähnlich?
Es finden derzeit keine Kinder- und Jugendgruppen statt und natürlich auch kein Konfirmandenunterricht. Wir versuchen, per E-Mail Kontakt zu halten und wollen auch kleinere Aufgaben verschicken, aber soweit sind wir noch nicht.
Im Mai steht die Konfirmation schon an. Haben Sie Angst, dass es keine geben kann bzw. gibt es Notfall-Pläne hierfür?
Ich fürchte, es wird am 3. Mai keine Konfirmation geben. Wenn doch, wäre es ein Wunder. Der Notfall-Plan heißt „verschieben“, aber noch kann niemand verlässlich sagen, ab wann wieder so etwas wie Gottesdienste und eben auch Konfirmationen stattfinden können.
Menschen haben in dieser Krise oft erwähnt, dass sie auch eine Chance für die Gesellschaft sein kann, sich wieder aufs Wesentliche zu besinnen. Sehen Sie dafür schon Ansätze?
Ein guter Freund sagte heute zu mir den schönen Satz: „Jetzt ist eine gute Zeit zum Glauben!“
Was wäre denn aus Ihrer Sicht das Wesentliche auf dass es sich zu besinnen gilt?
Es ist wichtig, sich darüber klar zu werden, was mich wirklich trägt und hält im Leben, das heißt: Was ist mir wirklich wichtig.
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