Mit Landkarten macht man Politik, heißt es, und das mag auch für ganz viele Machthaber, Staaten und Verhandlungen gelten. Für einen aber galt das bis vor Kurzem ganz gewiss nicht: Für den von den USA moderierten Nahost-Friedensprozess. Der dauert – rechnet man den im Dezember 1969 vorgestellten Plan des damaligen US-Außenministers William P. Rogers dazu – nun schon über ein halbes Jahrhundert.
Aber eine Landkarte, die konkrete Grenzziehungen zwischen den palästinensischen und israelischen Gebieten enthält und damit die künftigen Staatsgebilde sichtbar macht, hatte die Öffentlichkeit bis Ende 2019 nicht zu sehen bekommen. Selbst die 2002 präsentierte „Road map for peace“ enthielt nichts dergleichen. Das Einzige, was es bisher gab, war die sogenannte „Servietten-Landkarte“ aus dem Jahre 2008.
Damals hatte der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert mit dem Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas ein Grundsatzabkommen ausgehandelt und am 16. September 2008 einen detaillierten Plan vorgelegt, der auch eine Landkarte enthielt. Olmert wollte, dass Abbas den Plan unterschreibt, aber der meinte, er müsse sich erst noch mit seinen Experten beraten, da er sich nicht so gut mit Landkarten auskenne.
Allerdings gab Olmert Abbas die großformatige Karte nicht mit und erlaubte auch keine Kopie, weshalb Abbas nichts anderes übrig blieb, als sich die nächstbeste Serviette zu schnappen und die Karte per Hand abzumalen.
Zu weiteren Gesprächen zwischen Olmert und Abbas kam es dann aber nicht mehr, denn fünf Tage nach dem Treffen verlor Olmert eine parteiinterne Abstimmung und reichte daraufhin seinen Rücktritt als Regierungschef ein. Zwar versuchte er Anfang 2009 eine neue Regierung zu bilden, aber die Sache ging schief, und Benjamin Netanjahu kam an die Macht – womit sich das Grundsatzabkommen erledigt hatte, Olmert seine Karte wieder einpacken musste und Abbas nichts anderes übrig blieb, als vor Frust über die gescheiterten Verhandlungen (und seine geringen Kartenkenntnisse) mächtig-gewaltig in die zum Taschentuch umfunktionierte Serviette zu schnauben.
Zumindest stelle ich mir das so vor. Aber selbst wenn es anders war – sicher ist, dass es mal wieder keine Karte gab, über die öffentlich diskutiert werden konnte.
Das hat Donald Trump mit seinem Friedensplan nun geändert und eine „konzeptionelle Landkarte“ präsentiert. Warum es diese Karte überhaupt gibt, darüber ist nichts weiter bekannt. Aber vielleicht ist der Grund – wie so oft in der Geschichte – ganz simpel, um nicht zu sagen banal.
Vielleicht hatte Donald Trump – wie üblich – keine Lust, irgendeine lange Ausarbeitung zu lesen. Der Plan umfasst immerhin 181 Seiten, und das meiste davon ist Text. Gut möglich also, dass Trumps Berater die Karte aus der Not, das heißt aus Trumps Leseunlust heraus geboren haben, in der Hoffnung, dass er wenigstens damit etwas anfangen kann.
Und da macht es im Grunde auch nichts, dass die Palästinenser Trumps „Peace to Prosperity“-Plan auf den an Plänen äußerst reichhaltigen Müllhaufen der Geschichte werfen wollen und auch viele „neutrale“ Beobachter die vorgelegten Ausarbeitungen extrem kritisch betrachten.
Denn was immer man von dem Plan hält und wie viel auch immer letztlich davon umgesetzt wird, eines steht fest: Es ist der Verdienst Donald Trumps bzw. der seiner Berater, eine solche Karte nicht nur ins Spiel, sondern auch ins öffentliche Bewusstsein gebracht und ihr bisheriges Fehlen damit überhaupt erst deutlich gemacht zu haben.
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