Donald Trumps Kohle-Koalition beginnt zu bröckeln wie alte Briketts. Ein rußverschmiertes Kraftwerk nach dem anderen macht dicht. Sieben Kohleverstromer sind dieses Jahr bereits pleite gegangen, und jetzt hat es auch noch Murray Energy erwischt. Also jenen Kohleriesen, dessen Chef Robert Murray an Donald Trumps Märchen von der sauberen Kohle mitgeschrieben und das schwarze Gold im Weißen Haus populär gemacht hat. Und zwar nicht nur durch die üblichen Lobbyaktivitäten, sondern durch Großspenden direkt in Donald Trumps Wahlkampfkasse.

„Dark Money“ nennen sie in den USA solche über spezielle Political Action Commitees abgewickelten Spenden – und auf keinen trifft das Wort vom aus dunklen Kanälen stammenden Geld besser zu als auf den Kohlekönig Robert Murray. Ein Millionenscheck hier, eine Großspende da, schon fing die Trump-Administration an, beim Umweltschutz Rückwärtsrollen zu machen.

Rückwärts ging’s allerdings auch für den Kohlekonsum, der in den USA 2018 auf ein 40-Jahres-Tief fiel – und die Tendenz setzt sich fort. Weniger durch die Erneuerbaren Energien, als durch das Erdgas, das die Amerikaner durch Fracking in riesigen Mengen aus dem Boden rausziehen, anschließend verflüssigen und inzwischen in die ganze Welt exportieren. Die Vereinigten Staaten schwimmen geradezu in flüssigem Gas. Auf umgerechnet 70 Milliarden Kubikmeter wird die im Boden liegende Menge geschätzt, was verflüssigt rund 275 Milliarden Liter ergibt.

Kein Wunder, dass das große Ausschlürfen des Landes längst begonnen hat. Zumal das Erdgas nicht nur billiger ist, sondern obendrein noch verspricht, sauber zu sein, wobei „sauber“ bedeutet „nur halb so dreckig wie Kohle“. Was naturgemäß weit weg von porentief rein ist, zumal in den USA die CO2-Emissionen des Erdgases aufs Ganze gesehen die der Kohle längst übersteigen. Aber das liegt nicht nur daran, dass das Gas für die Energiegewinnung genutzt wird, sondern dass die drei Millionen Meilen Pipelines mehr Lecks aufweisen als die Informationskanäle im Weißen Haus und sämtlichen Behörden zusammen.

Auch Donald Trump weiß um die Bedeutung des Gases für die Schatullen des Landes, zumal die Produktion ständig steigt und die Vorräte trotzdem noch für achtzig Jahre reichen. Das ist ziemlich genau die Anzahl an Jahren, die sein alter Kumpel Robert Murray bereits auf dem Buckel hat. Mit anderen Worten: Robert Murray gehört der Vergangenheit an. Donald Trump hat ihm in den vergangenen Tagen bezeichnenderweise auch so gut wie keinen öffentlichen Beistand geleistet. Aber warum auch? Trump mag nun mal keine Verlierer. Und noch weniger den Niedergang der amerikanischen Kohleindustrie öffentlich zugeben. Also schweigt er lieber.

Aber manchmal muss einer die Dinge gar nicht aussprechen, damit andere merken, was er zu sagen versucht. Beim Thema Kohle ist Trump in letzter Zeit jedenfalls auffallend leise geworden. Das heißt leise für seine Verhältnisse. (Trumps Leise verhält sich zum normalen Leise ungefähr so wie die CO2-Emissionen von Kohlekraftwerken zu denen von Photovoltaik-Anlagen.) Aber wie dem auch sei, von den großen Ankündigungen, der amerikanischen Kohleindustrie zu altem Glanz verhelfen zu wollen, ist bei Trump jedenfalls kaum noch etwas zu hören.

Von den großen „Coalitionen“ jedenfalls kaum noch eine Spur. Wie überhaupt das Thema Kohle so langsam aus Trumps Twitter-Timeline zu sickern beginnt. Der letzte Tweet zum Thema stammt vom Februar diesen Jahres. Da hat Trump die Kohle „einen wichtigen Teil unseres Energie-Mixes“ genannt. Das ist für seine Verhältnisse derart windelweich formuliert, dass den harten Jungs von der Kohlelobby schon damals die Ohren geschlackert haben dürften. Lediglich bei einzelnen Wahlkampfauftritten oder Besuchen in Kohlestaaten wie Wyoming, West Virginia, Pennsylvania oder Kentucky gibt Trump noch den Märchenonkel und schwadroniert von der „schönen, sauberen Kohle“ und den Kumpels, „die zurück an die Arbeit gehen, obwohl sie geglaubt haben, diesen Job nie wieder zu tun.“

Robert Murray dagegen ist seinen Job los. Er ist am 29. Oktober als Chef von Murray Energy zurückgetreten. Wie es mit den siebzehn Minen und den knapp 7.000 Angestellten der Firma weitergeht, weiß momentan niemand. Die Kassen sind leer, die Pensionsfonds von Murray Energy mit Milliarden im Minus und die Rücklagen für die Behandlungskosten der Bergleute aufgebraucht. Es wird nicht mehr lange dauern und das Märchen von der schönen, sauberen, amerikanischen Kohle wird auserzählt sein. Es findet sich dann nur noch in den Staublungen der Kumpels wieder, in denen es sich – gleich einem Geschwür – langsam zur dreckigen Realität der Trump-Jahre auswächst.

Tagebuch eines Hilflosen.

Auszüge aus Francis Neniks „Tagebuch eines Hilflosen“, #4

Auszüge aus Francis Neniks „Tagebuch eines Hilflosen“, #4

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