Nach dem Angriff auf die Prokuristin einer Immobilienfirma fordern Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) und die Polizei mehr Engagement gegen „Linksextremismus“. Der OBM warnt vor politischen Morden, die nicht mehr weit seien, und ein Pressesprecher der Polizei verlangt Distanzierungen linker Aktivist/-innen und Politiker/-innen.
Unbekannte haben am Sonntagabend, den 3. November, eine 34-Jährige in deren Wohnung in Wahren angegriffen. Laut Landeskriminalamt schlugen die beiden Täter der Frau mehrmals ins Gesicht – sie musste ambulant behandelt werden. Laut der Pressestelle der Stadt Leipzig handelt es sich um die Prokuristin einer Immobilienfirma.
Wenige Stunden nach der Tat veröffentlichten Unbekannte auf der linken Plattform „Indymedia“ ein Bekennerschreiben. Darin erklären die Autor/-innen, dass das Opfer „für das Errichten eines Komplexes von Luxuswohnungen auf der Wolfgang-Heinze-Straße in Leipzig-Connewitz“ verantwortlich sei. Weil brennende Bagger „angesichts vollumfänglicher Versicherungsabdeckung nur symbolischen Charakter“ hätten, müsse man körperliche Gewalt anwenden.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) warnte, dass „der Weg zum politischen Mord“ nicht mehr weit sei. „Wir müssen aufpassen, dass wir in der aktuellen Debatte um den rechten Terror den Linksextremismus und seine Menschenverachtung, die dem der Rechten nicht nachsteht, nicht aus dem Blick verlieren“, sagte Jung weiter.
Ein geändertes Zitat
Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU), der bei der kommenden Oberbürgermeisterwahl gegen Jung antreten soll, äußerte sich ebenfalls zu der Tat: „Aus Worten des Hasses sind schon lange Taten geworden und mittlerweile schrecken die Täter auch nicht davor zurück, Menschenleben zu gefährden.“ Leipzig müsse sich „gegen linksextremistische Gewalt wehren“.
Für Aufregung sorgte ein Online-Artikel der „Bild“. Diese zitierte Polizei-Pressesprecher Andreas Loepki mit den Worten. „Es braucht ein klares Einwirken auf diese wirren Köpfe. Ich erwarte konkret vom Linxxnet und der Linken-Stadträtin Juliane Nagel eine klare Abgrenzung und Verurteilung gegenüber diesen Linksextremen.“
Das linke Projekt- und Abgeordnetenbüro „Linxxnet“ veröffentlichte auf Facebook eine Antwort auf das Zitat. Es sei eine „absolute Frechheit“, immer wieder mit solchen Taten in Verbindung gebracht zu werden. „Wir organisieren politische Veranstaltungen und Proteste und mischen uns in gesellschaftliche Prozesse ein. Wir zünden dabei nichts an und attackieren auch keine Menschen.“
Stadträtin Juliane Nagel kritisierte die Polizei dafür, in der Gewaltdebatte als „politischer Akteur und moralische Instanz“ aufzutreten. Mittlerweile hat die „Bild“ das Loepki-Zitat geändert. Nun heißt es: „Es braucht ein klares Einwirken auf diese wirren Köpfe. Ich erwarte eine breite Distanzierung – durchaus auch von Vertretern, die das Linxxnet als zentralen Arbeits- und Besprechungsort nutzen – gegenüber diesen Linksextremen.“
Ein Thema für den Stadtrat
Franziska Riekewald, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Stadtrat, verurteilte den Angriff: „Gewalt und derart schwere Straftaten können niemals eine Rechtfertigung für Gesellschaftskritik oder Protest aller Art sein.“ Auf Twitter bezeichnete eine linksradikale Gruppe aus Leipzig die Tat als „absolute Scheiße“. Andere Linke äußerten sich ähnlich.
Oberbürgermeister Jung hatte bereits in der Ratsversammlung in der vergangenen Woche angekündigt, am kommenden Donnerstag, 7. November 2019 in der Sitzungsfortsetzung zum Thema „Linksextremismus“ zu reden. Zudem hatte die AfD-Fraktion eine „Aktuelle Stunde“ dazu beantragt. Beide einigten sich auf einen Kompromiss: Die Fraktionen sollen nach der Rede des OBM die Gelegenheit erhalten, sich ebenfalls zu äußern. (Die Sitzung wird auf L-IZ.de im Livestream übertragen)
Anlass für den Redebedarf seien die Angriffe auf Baustellen und Polizisten in den vergangenen Wochen. Insbesondere die Hintergründe zu den brennenden Kränen auf einer Baustelle der CG-Gruppe in der Prager Straße sind allerdings unklar. Während mehrere Medien und das LKA eine „linksextreme“ Motivation sehen, fehlt es in diesem Fall bislang an einem Bekennerschreiben.
Etwa 250 Connewitzer besetzen Wolfgang-Heinze-Straße im Protest gegen Gentrifizierung
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