„Wir bauen die Mauer schneller als alle geglaubt haben.“
(Donald Trump in einer Rede in Monroe/Louisiana am 6. November 2019) Diese Worte sind echt Trumpsche Fake-News. Die Tatsachen sehen nämlich wie folgt aus:
1.) Trump hat bisher keinen einzigen Meter Mauer neu bauen lassen. Alle bisherigen Baumaßnahmen dienten der Verstärkung bereits existierender Grenzanlagen oder haben alte Mauerabschnitte ersetzt. Der einzig neugebaute Stück wurde von der privaten Initiative „We build the wall“ errichtet, ist 760 Meter lang und weitgehend nutzlos.
2.) Von dem Land, auf dem Trump bis Ende 2020 einen 450 Meilen langen Grenzzaun errichten will, gehören bisher ganze vier Meilen dem amerikanischen Staat.
3.) Das Weiße Haus hat daher Landbesitzer in Texas gebeten, ihnen Flächen zur Verfügung zu stellen.
4.) Weil die meisten Landbesitzer das als Landraub betrachten, machen sie nicht mit.
5.) Verschiedene Behörden der Trump-Administration haben daraufhin Mitarbeiter ausgesandt, die erkunden sollen, welche Flächen enteignet werden können. In Texas haben sie es besonders auf die großen Ranches abgesehen.
6.) Die Texas-Rancher sind „not amused“, dass bei ihnen Regierungsleute auf dem Acker rumspringen. Sie verstehen nicht, dass der Mann, den sie gewählt haben, ihnen jetzt das Land wegnehmen will. Da hätten sie ihre Stimme ja gleich Bernie Sanders geben können.
7.) Während die Texas-Rancher die Regierungsmitarbeiter von ihren Äckern verjagen, hat die Trump-Regierung die Situation an der Grenze zu Mexiko bereits offiziell zum „nationalen Notstand“ erklärt und bei den zuständigen Gerichten alle notwendigen Unterlagen eingereicht, um Enteignungen auch bei anhaltendem Widerstand durchführen zu können.
8.) Derartige Regelungen sind nicht neu. Sie werden gemeinhin als „Notstandsgesetze“ bezeichnet. Sie kommen meist dann zum Einsatz, wenn man die geltenden demokratischen Spielregeln aushebeln will. Seit die entsprechenden Gesetze 1979 eingeführt wurden, haben amerikanische Präsidenten 58 Mal den nationalen Notstand ausgerufen. Die Sache mit der Grenze war Notstand Nummer 59 – und zugleich der erste, bei dem ein Präsident den Kongress umgangen hat, um Geld auszugeben, das ihm die Mehrheit der Abgeordneten ausdrücklich verwehrt hat.
9.) Während die Leute in Louisiana noch immer glauben, dass Erneuerung Neubau bedeutet und die 450 Meilen-Mauer bereits leibhaftig vor sich sehen, fragen sich die Texas-Rancher, welche Notwehrmaßnahmen sie gegen die Regierung anwenden können. Einige rufen insgeheim nach Chuck Norris, andere zeigen ganz offen ihre Mistgabeln vor. Alle zusammen aber fragen sich, wie aus dem Mann, den sie 2016 gewählt haben, ein Befürworter staatlicher Enteignungen werden konnte? Bei Donald Trump muss in knapp drei Jahren Präsidentschaft irgendeine Gehirnwäsche passiert sein. Sollten sie das etwa nicht mitgekriegt haben?
10.) Die Antwort lautet: Nein. Sie haben schon vorher etwas nicht mitgekriegt. Aber das war keine Gehirnwäsche, sondern ein Gerichtsentscheid. Als nämlich der Oberste Gerichtshof der USA 2005 in einer Grundsatzentscheidung festlegte, dass Regierungsbehörden privaten Grund und Boden enteignen können, erklärte Trump sich „100 Prozent einverstanden mit der Entscheidung.“
Das ist zwar bereits vierzehn Jahre her, aber im Gegensatz zu vielen anderen Themen hat Trump bei der Enteignungsfrage seine Meinung seitdem kein bisschen geändert. Er hat als Immobilienmogul, als republikanischer Präsidentschaftskandidat und auch als Präsident immer wieder betont, wie wichtig Enteignungen sind. Und das ist auch vollkommen verständlich, denn für ihn waren und sind sie ein unverzichtbares Mittel seines Handelns, ganz egal, ob er Wohnungen, Gewerbekomplexe oder Pipelines bauen lässt. Oder – wie in diesem Fall – Mauern, die sich als Luftschlösser entpuppen.
Alle Auszüge aus dem „Tagebuch eines Hilflosen“.
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