Es sollte ein Tag werden, an dem in Leipzig möglichst viele Menschen feierlich der „Friedlichen Revolution“ vor 30 Jahren gedenken. Doch wegen des rechtsradikalen Anschlags in Halle wurde es auch ein Tag der Trauer. Das Programm zu den Feierlichkeiten in Leipzig wurde trotzdem so wie geplant umgesetzt. Der Tag begann mit einem Festakt im Gewandhaus und endete mit Friedensgebet und Lichtfest. Poltisch Aktive unterschiedlicher Bereiche kamen zu Wort.
In Leipzig hat es am Mittwoch, den 9. Oktober, mehrere Veranstaltungen anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der „Friedlichen Revolution“ gegeben. Den Abschluss bildete am Abend das Lichtfest inklusive einer Demonstration auf dem Innenstadtring.
Die Feierlichkeiten begannen um 11 Uhr mit einem mehr als zweistündigen Festakt im Gewandhaus. Zu den prominenten Gästen zählten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung. Auch zahlreiche Landtagsabgeordnete sowie Stadträte und Stadträtinnen verschiedener Parteien waren anwesend. Im Publikum blieben jedoch mehr als 100 Plätze frei.
Neben musikalischen Einlagen gab es zahlreiche Redebeiträge. Jung betonte, dass Leipzig als Großstadt in der DDR eine besondere Rolle gespielt habe: mit mehr Freiheit als in anderen Gegenden und Schutzräumen in Kirchgemeinden und leeren Häusern. Die Internationalen Messen hätten zudem für Austausch mit Gästen aus dem Ausland gesorgt.
Kretschmer wies in seiner Rede Verklärungen der DDR zurück. Es sei ein Unrechtsstaat gewesen. Aber auch in den vergangenen 30 Jahren habe es Fehler gegeben, etwa bei der Frage einer gemeinsamen Verfassung nach der Deutschen Einheit oder bei der Treuhand.
Um aktuelle „Risse“ in der Gesellschaft ging es bei Bundespräsident Steinmeier. Diese zeigten sich in Wahlergebnissen und in Diskussionen über Themen wie Klima und Migration. Steinmeier betonte die Rolle der sächsischen Stadt Plauen, wo bereits am 7. Oktober etwa 15.000 Menschen gegen das System demonstrierten. Zudem sei die „Friedliche Revolution“ ohne die Menschen in den osteuropäischen Nachbarstaaten nicht denkbar gewesen.
Neben der DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier standen später auch einige mehr oder weniger bekannte Personen auf dem Podium, die über ihre Situation beziehungsweise ihr Engagement redeten: unter anderem eine 15-Jährige, die vor vier Jahren aus Syrien nach Leipzig geflohen war, eine „Fridays for Future“-Aktivistin und ein Mitglied des Jugendparlaments. Am Ende zeigten sie ein Banner „Wir gehen gemeinsam weiter“.
Am Abend folgte das Friedensgebet in der Nikolaikirche. Pfarrer Bernhard Stief sprach darin auch den rechtsradikalen Anschlag in Halle mit zwei Todesopfern an. Solche Nachrichten erfüllten ihn „mit Angst und Sorge“.
Auch beim Friedensgebet schlugen die Veranstalter/-innen den Bogen von der „Friedlichen Revolution“ zu aktuellen politischen Herausforderungen. Neben einer weiteren „Fridays for Future“-Aktivistin redete unter anderem eine bei der Dresdner Seenotrettungsorganisation „Mission Lifeline“ aktive Person.
Zusammen betrachtet wirkten beide Veranstaltungen wie eine Würdigung des Mutes vor 30 Jahren, aber auch wie ein Appell zu politischem Engagement, um massive Herausforderungen wie die Klimakrise und die Ungerechtigkeiten auf der Welt zu bewältigen.
Die Redebeiträge am 9. Oktober 2019 auf dem Augustusplatz
In der Reihenfolge des Videos: Reden von OB Burkhard Jung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bürgerrechtlerin Kathrin Mahler Walther, Aleksandra Dulkiewicz (Oberbürgermeisterin Danzigs) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Video: L-IZ.de
Redebeiträge der jüdischen Gemeinde Leipzig, Fridays for Future & Mission Lifeline in der Nikolaikirche
Video: L-IZ.de / vor der Nikolaikirche von der Videowand
Lichtfest 2019: 30 Jahre danach. Bilder und Videos vom Abend in Leipzig
Lichtfest 2019: 30 Jahre danach. Bilder und Videos vom Abend in Leipzig
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