Derzeit gibt es viele gute Gründe, wütend zu sein. Während im Mittelmeer mal wieder ein Schiff mit aus Seenot geretteten Geflüchteten nicht nach Europa darf, gibt es in Deutschland zum ersten Mal seit 1945 einen rechtsmotivierten Mord an einem Politiker. Zudem wirft die Landtagswahl in Sachsen am 1. September ihren Schatten voraus. Dass anschließend die AfD regiert, ist nicht auszuschließen. Das „unteilbar“-Bündnis ruft nun zu Demonstrationen in Leipzig und Dresden auf.
Dass im vergangenen Oktober nach Angaben der Organisatoren fast 250.000 Menschen in Berlin bei „unteilbar“ demonstrierten, hatte laut Ana-Cara Methmann viele Gründe. Die in Leipzig lebende Sprecherin von „unteilbar“ verweist bei einer Pressekonferenz im Volkshaus am Dienstag, den 25. Juni, auf die Diskussionen über neue Polizeigesetze, die Kriminalisierung der Seenotrettung im Mittelmeer und die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz.
Nun wirbt sie gemeinsam mit weiteren Mitstreiter/-innen für die nächsten „unteilbar“-Demonstrationen: am Samstag, den 6. Juli, in Leipzig und am 24. August in Dresden. Vor allem in der Landeshauptstadt soll es wenige Tage vor der sächsischen Landtagswahl ein deutliches Zeichen für „Solidarität statt Ausgrenzung“ geben.
Aber auch die Demonstration in Leipzig dürfte tausende Menschen mobilisieren. Im gesamten Stadtgebiet und in vielen Geschäften sind seit Wochen unzählige Plakate zu sehen. Mehr als ein Dutzend Redner/-innen aus Initiativen wie „Aufruf 2019“, „Leipzig postkolonial“, „Queeres Netzwerk Sachsen“, „Aufbruch Ost“ und „Leipzig für alle“ stehen bereits fest.
Methmann sieht auch mehr als ein halbes Jahr nach der Großdemo in Berlin noch zahlreiche Gründe, in den kommenden Wochen auf die Straße zu gehen, beispielsweise das kürzlich vom Bundestag beschlossene „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, der rechtsmotivierte Mord an Walter Lübcke, die Debatten über die Abtreibungsparagraphen oder der seit Tagen andauernde Kampf des Rettungsschiffs „Sea-Watch 3“, einen europäischen Hafen ansteuern zu dürfen.
Aber es gebe auch positive Entwicklungen, betont Methmann. Mittlerweile mobilisiert die „Fridays for Future“-Bewegung wöchentlich mehrere tausend Menschen für den Klimaschutz. Bei einer Großdemo in Aachen in der vergangenen Woche waren es sogar mehrere zehntausend Teilnehmende. „Leipzig ist der Auftakt für den ‚unteilbar‘-Sommer der Solidarität in Sachsen“, fasst Methmann das Anliegen zusammen.
Auf dem Podium der spärlich besuchten Pressekonferenz sitzen weitere Aktivist/-innen, darunter Margit Weihnert aus dem Präsidium des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt. Sie erinnert an das Verbot ihrer Organisation im Nationalsozialismus und während der DDR. Seit einigen Jahren gebe es in der AWO eine eigene Arbeitsgruppe, die sich mit „Rechtsextremismus“ befasse.
Auch Tobias Burdukat, Sozialpädagoge und aktiv im „Dorf der Jugend“ in Grimma, bringt seine Perspektive ein. Er spricht über die Probleme im ländlichen Raum, aus dem sich Jugendliche nach Abschluss der Schule zunehmend zurückziehen. Jene, die sich gegen Diskriminierung engagieren, hätten gegen Neonazis und Mitglieder der „Identitären Bewegung“ einen schweren Stand.
Von Rassismus selbst betroffen war und ist Peggy Piesche, eine in der DDR aufgewachsene Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, die auf die „Fehler der Vereinigungsphase“ zu sprechen kommt, die viel Frust hervorgerufen hätten. Und dieser richte sich nun gegen andere; gegen Minderheiten.
Ob Frust, Angst, Wut oder Hoffnung – für viele tausend Menschen dürfte es am 6. Juli zahlreiche Beweggründe geben, bei „unteilbar“ zu demonstrieren. Es sind mehrere Demonstrationsblöcke zu Themen wie Antirassismus, Feminismus, Klima, Gewerkschaft und Gesundheit geplant.
Die Demonstration startet um 14 Uhr am Bayerischen Bahnhof und endet gegen 17 Uhr im Clara-Zetkin-Park. Anschließend sind mehrere Konzerte geplant. Von 11 bis 13 Uhr soll es ein gemeinsames Frühstück in der Straße des 18. Oktober geben.
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