VideoSchon in seiner Zeit als AfD-Politiker fiel Andrรฉ Poggenburg wiederholt mit sprachlichen Anleihen beim Nationalsozialismus auf. Das setzt seine neue Partei โAufbruch deutscher Patrioten โ Mitteldeutschlandโ (ADPM) konsequent fort. So auch bei einer Kundgebung auf dem Simsonplatz am Mittwoch, den 1. Mai. Passend dazu durfte der Leipziger Neonazi Alexander Kurth die Nationalhymne anstimmen. Der ADPM kรผndigte zudem weitere Demonstrationen in Leipzig an โ im Bรผndnis mit Legida.
Knapp 40 Personen (inkl. Redner und mit โKommen und Gehenโ) haben am Mittwoch, den 1. Mai, auf dem Simsonplatz gegen โsoziale und gesellschaftliche Missstรคndeโ demonstriert. Die Partei โAufbruch deutscher Patrioten โ Mitteldeutschlandโ (ADPM) des ehemaligen AfD-Politikers Andrรฉ Poggenburg hatte dazu aufgerufen. Ebenfalls auf dem Simsonplatz protestierten unter dem Motto โSolidaritรคt statt Nationalismusโ mehrere hundert Menschen gegen die Veranstaltung.
ADPM-Landessprecher Egbert Ermer erรถffnete die Versammlung gegen 10 Uhr. Er bekannte sich und seine Partei zur โrechten Szeneโ und kรผndigte an, vor der Landtagswahl am 1. September in Connewitz zu demonstrieren. Eigentlich wollte der ADPM schon heute nach Connewitz, doch das Ordnungsamt verlegte die Veranstaltung aus Sicherheitsgrรผnden vor das Bundesverwaltungsgericht. Bereits im Februar hatte die Stadt eine Demonstration in Connewitz verboten.
Als erster Redner trat Markus Beisicht ans Mikrofon. Der Vorsitzende der rechtsradikalen Partei โpro NRWโ machte fรผr soziale und gesellschaftliche Missstรคnde in Deutschland vor allem Geflรผchtete verantwortlich. Diese wรผrden auf dem Wohnungsmarkt und von Jobcentern bevorzugt behandelt.
Beisicht behauptete zudem, dass die โpolitische Klasseโ einen โBevรถlkerungsaustauschโ plane. Dabei handelt es sich um eine Verschwรถrungstheorie der Neuen Rechten, wonach die weiรe Bevรถlkerung in Europa durch Einwanderer, vor allem Muslime, ersetzt werden soll. Der Attentรคter von Christchurch benannte sein โManifestโ nach dieser Theorie (Zusammenfassung bei Wiki).
Es folgte ein weiterer Redner aus den Reihen der sogenannten Pro-Bewegung, welcher von Egbert Ermer nur mit โJanโ von der โPro Chemnitzโ-Bewegung vorgestellt wurde. Die Wรคhlervereinigung spielte eine zentrale Rolle bei den rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz im vergangenen Sommer.
Bei der Kundgebung in Leipzig beklagte โJanโ eine angebliche Zunahme der Drogenkriminalitรคt und Sexualstraftaten im Zusammenhang mit Migranten. So seien โDrogenverteilungskรคmpfeโ der Grund fรผr die Explosion eines Dรถnerladens in Reudnitz im vergangenen August gewesen. Das habe ihm ein Anwohner erzรคhlt. Tatsรคchlich sind die Hintergrรผnde des Vorfalls bis heute nicht รถffentlich bekannt.
Im Anschluss an seine Rede kรผndigte ADPM-Landessprecher Ermer eine Rรผckkehr von Legida an. Entsprechende Gesprรคche liefen derzeit. Geplant sei โregelmรครiger Protestโ von Legida und dem ADPM in Leipzig. Einige aus Legida-Zeiten bekannte Gesichter fanden sich bereits heute im Publikum. Zudem ist der ehemalige Legida-Chef Markus Johnke nun fรผr den ADPM tรคtig โ als Verantwortlicher fรผr Nordsachsen.
Derzeit hofft die von der AfD abgespaltene Partei noch auf einen Erfolg bei der Landtagswahl in Sachsen, wรคhrend die aktuellen Prognosen eher ein deutliches Scheitern an der 5-Prozent-Hรผrde vermuten lassen.
Dritter Redner an diesem Tag war der ADPM-Bundesvorsitzende Andrรฉ Poggenburg. Er kรผndigte an, zukรผnftig notfalls zu klagen, falls seine Partei weiterhin nicht in Connewitz demonstrieren darf. Den Gegendemonstranten empfahl er, arbeiten zu gehen anstatt andere zu โnervenโ. Zudem unterstellte er ihnen einen Gewaltaufruf: Sie wรผrden โAuf die Fresse!โ rufen, behauptete Poggenburg. Tatsรคchlich riefen die Gegendemonstranten allerdings โHalt die Fresse!โ.
Poggenburg forderte in seiner Rede unter anderem eine Grundrente von 1.000 Euro und eine โAusbildungsoffensiveโ fรผr Fachberufe. Derzeit gebe es in Deutschland einen von linken Parteien vorangetriebenen โAkademisierungswahnโ. Die Gewerkschaften betrieben vor allem โSelbstbeweihrรคucherungโ und mรผssten reformiert beziehungsweise โ falls das nicht mรถglich ist โ abgeschafft werden. Zudem zeigte er sich unter anderem mit einem โBravoโ zufrieden รผber zuletzt in Leipzig aufgekommene Probleme zwischen kriminellen Strukturen aus dem migrantischen Milieu und der linksradikalen Szene.
So hatten Aktivisten im Netz auf Probleme mit den โWhite Lionsโ aufmerksam gemacht, welche im Leipziger Sรผden mutmaรlich ein Ladengeschรคft erรถffnen wollen und welche in Verbindung zu den โUnited Tribunesโ stehen.
Poggenburg erweckte in seiner Rede dabei bewusst den Eindruck, diese Zustรคnde hรคtten in Leipzig Linken โbestelltโ und zeigte sich erfreut darรผber, dass sich nun Gewalt abspielen wรผrde. Dass Leipzig wie jede andere Groรstadt bereits seit Jahren mit national und international organisierter Kriminalitรคt unabhรคngig von den Nationalitรคten der Tรคter zu kรคmpfen hat, vergaร er zu erwรคhnen.
Auszรผge aus den Redebeitrรคgen der ADPM-Veranstaltung vom 1. Mai 2019
Video: L-IZ.de
Der ADPM-Parteichef nutzte in seiner Rede erneut Vokabular, das an den Nationalsozialismus erinnerte. So sprach er unter anderem davon, die โlinksextreme rote Pestโ in die โpolitische Kanalisationโ zu โjagenโ. Bereits in seiner Zeit als AfD-Politiker sprach Poggenburg in Bezug auf โlinksextremeโ Studierende von einer โWucherung am deutschen Volkskรถrperโ, die โpraktischer Arbeit zugefรผhrt werdenโ mรผsse. In diesem Zusammenhang durfte auch die Bezeichnung des โ1.000jรคhrigen Leipzigโ nicht fehlen.
Ein รคhnliches NS-Vokabular nutzte Egbert Ermer, kurz bevor er die Versammlung beendete. Er forderte, dass sich die mitteldeutschen Lรคnder notfalls in einem โMexitโ abspalten mรผssten, um einen Anteil an Migranten wie in westdeutschen Bundeslรคndern und das โKalifat Sachsenโ zu verhindern: โDie gesunden Teile unseres Vaterlandes mรผssen sich in Sicherheit bringen, um nicht von dem kranken Teil infiziert zu werden.โ, so Ermer, nachdem er die rechtsradikale Titulierung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen als โKalifat NRWโ wiederholt hatte.
Abschlieรend stimmte Alexander Kurth die Nationalhymne an, seit Legida-, Pegida- und weiteren rechtsradikalen bis -extremen Aufmรคrschen wie bei โPro Chemnitzโ der letzten Jahre ein vertrautes Ritual. Der Leipziger Neonazi, der frรผher fรผr die NPD und โDie Rechteโ aktiv war, ist aktuell Mitglied im sรคchsischen Landesvorstand der โRepublikanerโ und eine von drei Fรผhrungsfiguren bei โThรผgidaโ. In den vergangenen Jahren organisierte er mehrere rechtsradikale Demonstrationen in Leipzig.
Aufbruch in die braune Vergangenheit
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