Es gibt ja seit ein paar Jahren zwei parallel laufende Extremismus-Studienreihen, beide zeitweilig unter dem Titel „Mitte-Studie“ laufend. Die ältere ist die Leipziger Studienreihe, die mittlerweile unter dem Begriff „Autoritarismus-Studie“ firmiert. Die Friedrich-Ebert-Stiftung setzt ihrerseits die Mitte-Studien fort. Am Donnerstag, 25. April, wurde der jüngste Band unter dem eher irritierenden Titel „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ veröffentlicht.
Kein Wunder, dass sich dann die großen Medien wieder nur die theatralischen Schlagzeilen herauspickten. Die „Süddeutsche“ zum Beispiel mit „Wie der Gesellschaft die Mitte verloren geht“ oder der „Spiegel“ mit „Jeder zweite Deutsche hat Ressentiments gegen Asylsuchende“. Wenn man solche Überschriften liest – und 90 Prozent der Deutschen lesen nur die Überschriften – ist die Bundesrepublik mal wieder ein Fall für den Psychiater. Dann haben sich die Verhältnisse in den vergangen zwei Jahren noch verschlimmert und die Bürger werden immer aggressiver.
Dabei zeigt die Studie eher das Gegenteil.
Auch wenn die Friedrich-Ebert-Stiftung selbst erst mal so richtig losledert: „Deutschland ist in Unruhe. Hass, Abschottung und Gewalt stehen Solidarität und zivilgesellschaftlichem Engagement gegenüber. Rechtsextreme Gruppen treten öffentlichkeitswirksam an der Seite ‚normaler‘ Bürgerinnen und Bürger auf, rechtspopulistische Forderungen und Diskurse erhalten scheinbar immer mehr Raum in Politik und Debatte. Wie weit sind rechtsextreme und menschenfeindliche Einstellungen tatsächlich in die Mitte der Gesellschaft eingedrungen? Haben Polarisierungen und Konflikte die Norm von der Gleichwertigkeit aller Gruppen verschoben? Gegen wen richtet sich die Ablehnung? Ist die demokratische Mitte geschrumpft oder verloren?“
Die „Mitte-Studie“ untersucht seit 2002 antidemokratische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld.
Und sie bestätigt, was auch die vorhergehenden Studien gezeigt hatten: „Eindeutig und offen rechtsextreme Einstellungen werden vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Lediglich 2 bis 3 % der Befragten äußern sich klar rechtsextrem – im Osten nicht mehr als im Westen. Hier gibt es im Westen kaum Veränderungen in den letzten 5 Jahren, im Osten sind die Zustimmungen nach einem auffälligen Anstieg in 2016 jetzt wieder auf dem niedrigen Ausgangsniveau.“
Was eben auch heißt: Die Bereitschaft der Menschen, solche Positionen zu übernehmen, hängt auffällig direkt mit der medialen Berichterstattung zusammen und den dort anzutreffenden Wertungen. Gesellschaftliche Diskussionen kennen nicht nur eine Richtung. Sie können auch korrigiert werden, wenn gesellschaftliche Akteure lernen, das vorgegebene „Framing“ zu verlassen.
Es wird ja jede Menge geredet über das Framing – wirklich begriffen haben es nur die wenigsten. Aber in der medialen Berichterstattung ist deutlich sichtbar, dass auch große Medien bereit sind, weniger auf die Stimmungsmache von rechts einzugehen. Damit hören sie auf, Verstärker für die irrlichternden Positionen der Menschenfeinde zu sein.
Dass es eine manifeste Verankerung solcher menschenfeindlichen Ansichten in der Bevölkerung gibt, ist schon länger bekannt. Nicht mal an den Anteilen hat sich groß etwas geändert, eher dass einige dieser Positionen seit 2015 deutlich weniger Zustimmung finden.
„Besonders weitverbreitet ist mit insgesamt 13 % die Zustimmung zum Nationalchauvinismus, ausgedrückt u. a. in der Aussage: ‚Das oberste Ziel der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht‘, der immerhin 17 % der Befragten zustimmen. Doch auch harter Sozialdarwinismus wird von einigen geteilt. Knapp 8 % der befragten Deutschen sind der Ansicht: „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen‘, fast jede/r Zehnte stimmt inzwischen der Aussage zu: ‚Es gibt wertvolles und unwertes Leben‘“, heißt es in der Auswertung.
Das sind ungefähr die Bevölkerungsteile, die von der Argumentation der AfD erreicht werden. Natürlich verschwinden Vorurteile nicht, wenn sie in den großen Medien weniger Echo finden.
„Einerseits sind Sexismus, Vorurteile gegen Obdachlose und Menschen mit Behinderung gesunken. Andererseits sind Abwertungen gegenüber diversen Bevölkerungsgruppen nach wie vor weitverbreitet. Jede zweite befragte Person neigt zur Abwertung von Asylsuchenden – dies sind mehr als noch in 2016, obgleich die Zahl der Asylsuchenden rückläufig ist. Weit verbreitet sind die Abwertung von Sinti und Roma (26 %), fremdenfeindliche Einstellungen (19 %) und muslimfeindliche Einstellungen (19 %)“, so die Stiftung in ihrer Auswertung.
„Und auch der klassische Antisemitismus mit seinen Verschwörungsmythen ist mit fast 6 % stabil verbreitet, modernen Formen des Antisemitismus, die sich auf Israel beziehen, stimmen erneut 24 % der Befragten zu.“
Und keine Überraschung ist es, dass sich die Missmutigen zumeist im Parteispektrum ganz rechts außen verorten: „Erneut fallen Wähler/innen der AfD durch eine deutlich häufigere Zustimmung zu menschenfeindlichen Einstellungen gegenüber diversen markierten Gruppen auf. Anders als noch in den Vorjahren, sind menschenfeindliche und auch rechtsextreme Einstellungen unter Gewerkschaftsangehörigen etwas weiterverbreitet als unter Befragten, die keiner Gewerkschaft angehören. 16 % unter ihnen stimmen sogar rassistischen Einstellungen zu, was nur 9 % der nicht-Gewerkschaftsmitglieder tun. Auffällig sind auch gestiegene Zustimmungen bei jüngeren Befragten. Die Jüngeren – bis dato weniger menschenfeindlich und rechtsextrem eingestellt als Ältere – ziehen bei einer Reihe von Abwertungen und Dimensionen rechtsextremer Einstellungen nach. Problematisch und destabilisierend sind solche Meinungen auch, weil sie mit einer höheren Gewaltbilligung und -bereitschaft, also einer Verrohung der Gesellschaft, überzufällig einhergehen.“
Die wichtige Ergänzung, die meist bei solchen Auswertungen fehlt: Unsere Gesellschaft hat die Ausgrenzung unterlegener Menschen als Prinzip eingebaut. Denn genau das ist das viel beschworene Wettbewerbsdenken. Einstellungen entstehen nicht einfach aus dem Nichts, sondern setzen zumeist den Druck, den jedes einzelne Gesellschaftsmitglied erlebt (auch in gehobener Position!) in Wertung und Ab-Wertung um – in der Regel gegen als Konkurrenz erlebte andere Menschen.
„Allgemeine Etabliertenvorrechte bzw. eine Distanz zu Neuhinzugekommenen, die Ressentiments gegen Außenseiter/innen ausdrückt, werden stabil von 38 % der Befragten geteilt“, so die Auswertung der Studie. „Die Proklamierung von Etabliertenvorrechten ist im Osten auffällig hoch (43 %), ebenso wie in den unteren und mittleren Einkommensgruppen und mit Blick auf die Parteipräferenz unter AfD-Sympathisant_innen (76 %). Diese Gruppen proklamieren besonders die Vorrechte der Alteingesessenen. Wir sehen bei GMF aber auch, dass es neben den Etabliertenvorrechten und den Kategorien zur Fremdenfeindlichkeit (Abwertung von Fremden, Muslimen, Asylsuchenden) keine gravierenden Unterschiede zwischen Ost und West gibt.“
Und da überrascht es nicht, dass die Werte für die Abwertung asylsuchender Menschen mit 52,9 Prozent ähnlich hoch sind wie die Werte für die Abwertung arbeitsloser Menschen mit 51,4 Prozent. Hier hat man das Denken einer radikalisierten Marktwirtschaft praktisch in Reinkultur. Die Deutschen haben es verinnerlicht, auch wenn den meisten nicht klar ist, woher das kommt und warum sie so ein immenses Bedürfnis haben, auf nicht erfolgreiche Menschen auch noch mit Verachtung herabzuschauen, hinter der sich natürlich Ängste verbergen und eine Wut, die sich – ersatzweise – gegen Schwächere richtet.
Und daran wird sich auch in zehn oder 20 Jahren nichts ändern, wenn sich unser Gesellschaftsdenken nicht ändert, in dem Arbeit geradezu als Pflicht und Gnade empfunden wird, nicht als Integrationsmöglichkeit für alle Glieder der Gesellschaft, und in der Erfolg sich allein durch Geld definiert und Neid und Missgunst und das Gefühl, zu kurz zu kommen, die Stimmung machen.
Nichts Neues also. Und das hat auch mit der Deformierung unserer Demokratie zu tun, in der viele Menschen aus guten Gründen vermuten, dass der eigene Einfluss auf eine vernünftige Politik durch offensichtlich sehr egoistische Interessen hinter den Kulissen deformiert wird.
Mit den Worten der Auswertung: „Die Studie zeigt, dass fast ein Drittel meint, die Demokratie führe eher zu faulen Kompromissen als zu sachgerechten Entscheidungen und im 70. Jahr nach Verabschiedung des Grundgesetzes ist mehr als ein Drittel gegen die Idee gleicher Rechte für alle, während gleichzeitig rund 86 % es für unerlässlich halten, dass Deutschland demokratisch regiert wird und 93 % der Ansicht sind, die Würde und Gleichheit aller sollte an erster Stelle stehen.“
Was eigentlich die Gefahr dessen beschreibt, wenn in der Politik mittlerweile geradezu unverhohlen der Primat des Marktes und der Wirtschaft über die Politik zelebriert wird und dabei Rechte und Wohlergehen der Bürger mutwillig untergraben werden.
Deswegen teile ich das Fazit der Friedrich-Ebert-Stiftung ganz und gar nicht: „Bildung müsste Demokratie daher erfahrbar machen, und nicht nur abstraktes Wissen über das politische System vermitteln.“
Das geht nämlich davon aus, als seien die Menschen einfach nur schlecht informiert und die Politik sonst so weit in Ordnung und der abfragbare Frust habe gar keine Daseinsberechtigung.
Wer die Gründe für die Frustration über das Funktionieren von Demokratie nicht ernst nimmt, versteht auch nicht, was in unserer Gesellschaft so leicht mobilisierbar ist. Elitenkritik und das Gefühl politischer Machtlosigkeit sind ein paar Schuhe.
Es gibt 3 Kommentare
Nein liebe Ellen,
“teile und herrsche” ist ein Machtprinzip. Es ist weder “Links” noch “Rechts”, schon gar nicht “faschistisch”. Es ist so alt wie die Menschheit. Weil Menschen so sind.
Deine Ausführungen haben insoweit auch nichts mir der AfD zu tun.
Die Konzentration auf die AfD verfängt sich vielmehr in diesem Prinzip.
Folgerichtig werden auch nicht diejenigen kritisiert, die dem Neoliberalismus nichts entgegensetzen.
Das sind aber genau diejenigen, die für die derzeitige gesellschaftliche Situation verantwortlich sind. Durch sie wurde die Grundlage gelegt.
Abgesehen davon fehlt eine Verbindung zwischen Großkapital (Großbanken, Hedgefonds) und AfD.
I. Ü. halte ich es für unverantwortlich die AfD als faschistoid zu bezeichnen. Neben der fehlenden Verbindung zum Großkapital werden tatsächliche Faschisten verniedlicht.
Der Ausflug zu Bannon. Naja. Vor allen Dingen ist kein Zusammenhang zwischen dem was Bannon und Konsorten wollen und dem Fehlen von Angeboten zu dem neoliberalen Zeitgeist durch die Etablierten erkennbar.
Selbst den Zusammenhang zwischen Hartz IV und dem hierdurch entstandenen Druck auf “die Mitte” versuchst Du mit einer Konstruktion zur AfD zu negieren.
Die Demos von denen ich spreche, fanden zu einem Zeitpunkt vor der Nikolaikirche statt, zu dem noch nicht ansatzweise etwas von AfD zu sehen war. Den Demonstranten fehlte ganz bewußt die Unterstützung der etablierten Parteien. Und wäre es nur regional gewesen. (http://www.taz.de/!5133852/?goMobile2=1555200000000
https://www.zeit.de/2004/36/Montagsl_8aufer
Die Demos fanden seit 2004 statt.)
Doch auch, wenn die Betroffenen zu späterer Zeit demonstriert hätten, hätte eine aktive Unterstützung der Hartz IV-Gegner durch die etablierten Parteien eine “rechte” Vereinnahmung verhindern können. So wird ein Schuh draus.
Den Betroffenen zu unterstellen, sie seien zu doof, ist arrogant und überheblich.
Das Wesentliche ist die von den ach so demokratiebeseelten “Eliten”, aber vor allem die von den “etablierten” Parteien fehlenden Alternativen, die Alternativen zu dem neoliberalen Mainstream, der “marktkonformen Demokratie” (deutlich schwerwiegender als “alternativlos”).
Auf diesem Weg müßten reflektierend jedoch zunächst die eigenen Fehler benannt werden. Aber “man” machte keine Fehler. Im Gegenteil, Hartz IV und Deregulierung haben doch zu vielen Arbeitsplätzen geführt. Daß diese prekär sind und zu Altersarmut führen wird ganz bewußt verschwiegen.
Nein, mit dieser Argumentation gewinnt man niemandem. Wenn die Fehler der vergangenen Jahre nicht als solche bezeichnet werden, bleibt man unglaubwürdig. Ohne die Beschreibung von Alternativen gibt es keinen Grund, wählen zu gehen. Denn dann bleiben die Ursachen für die derzeitige gesellschaftliche Situation unverändert bestehen.
Oder aber die Arroganz der Etablierten ist ein Antrieb, die Situation durch entsprechende Wahlpräferenzen so zuzuspitzen, daß notwendigerweise Alternativen formuliert werden.
Lieber Olaf,
ich halte es für extrem gefährlich, die Rolle der AfD in diesem Geld-Macht-Spiel falsch einzuschätzen.
Davon abgesehen, dass dem Geld keine realen Werte gegenüber stehen; ‘Geld’ erzeugt erst wirkliche Macht, wenn damit Grund und Boden, also vormals öffentlicher Raum, Produktionsstätten, Maschinen und Werkzeuge, Soft- und Hardware, Information (persönliche Daten, Patente, Marken, Medien etc.), Gebäude jeder Art usw. erworben werden.
In zyklischen Krisen des Kapitalismus wird Geld ‘entwertet’, Besitz bleibt bestehen.
Gleichzeitig braucht der Staat und die Gesellschaft Geld, um seine sozialen Aufgaben zu erfüllen und die lebensnotwendigen Güter als Konsum der Wirtschaft abzukaufen.
Banken retten, Nullzinsen für Kleinsparer, um Geld für ‘den Markt’ freizustellen, Ausgabenbegrenzung, um die Wirtschaft nicht mit ‘Sozialabgaben’ zu belasten, Erwerb von Rüstungsgütern bis hin zu Überwachungstechnik..
Menschen sind da nur ein notwendiges Übel, als Arbeitskräfte und Konsumenten.
Da braucht man auch keine Verschwörungstheorien, die Gesundheit und die Lebensumwelt sind dem ‘neoliberalen’, ungebremsten Markt schlicht egal. Arbeitskräfte werden nur als zu reduzierender Kostenfaktor gesehen.
Und die Unternehmen, die dieses ‘Spiel’ nicht mitmachen wollen, gehen früher oder später unter bzw. werden über ‘Marktmechanismen’ beseitigt (Kampfpreise, Einfrieren von Geldern, ‘billige’ Ausschreibungen etc.).
Die ‘marx’sche’ Arbeiterklasse wird, als Bedrohung sehr wohl gesehen und auch deshalb mengenmäßig verkleinert.
Nun aber, wenn das so ungebremst weitergeht, wird es egal sein, wie sich die Klasse nennt, die unter diesen Verhältnissen nicht mehr leben kann.
Deshalb ist der Schutz unseres Grundgesetzes so wichtig.
Hier sind aus Erfahrung, Werte und Handlungsmöglichkeiten vorgegeben, die einen Zusammenbruch unserer Gesellschaft, durch marktradikale ‘Spieler’, verhindern können.
Aber dazu braucht es Bildung und Information; um die gemeinsamen Interessen der Menschen in Deutschland, Europa und in der ganzen Welt, zusammenzuführen.
Um die Menschen in einzelnen Gruppen unter Kontrolle zu halten, eignen sich nun einmal faschistische (rechte) Ideologien am besten.
Mit einem totalitären Staat von einer selbsternannten Wirtschaftselite unter einem autoritären ‘Führer’, da gibt es auch keine Freiheit des Gewissens (Art. 4 GG) mehr. Gut und Böse als soziale Normen werden durch den Staat bestimmt.
Was das jetzt mit der AfD zu tun hat?
Davon abgesehen, dass sie von Marktradikalen gegründet wurde, Gauland war z.B. von Anfang an dabei,
findet man in der Führung und den ‘Denkern’ im Hintergrund das Whoiswho des ‘Geldadels’ und des Faschismus als quasi Religion.
Nun und die USA war vielleicht einmal ein Vorreiter in Sachen Demokratie. Spätestens seit Trump kann man erkennen, wie ‘die Wirtschaft’ den Staat übernimmt.
Dazu gehören solche Vordenker und Akteure, wie Stephen Bannon.
Er hatte angekündigt, nach Europa zu kommen, um die Rechten zu vereinen.
Nun, und das macht er auch.
Zeit Online, 25. Juli 2018
Stephen Bannon: Kitsch und Kampf
Stephen Bannon, Trumps ehemaliger Chefstratege, will Europas Rechtsparteien vereinigen und mithilfe einer perfiden Medienstrategie eine “Rebellion” gegen die EU anzetteln. Die AfD ist interessiert. Und Viktor Orbán macht auch mit.
https://www.zeit.de/2018/31/stephen-bannon-populismus-nationalismus-europa
Die AfD freut’s unterstützend..
Spiegel Online, 24.04.2019
Bannon-Einladung in den Bundestag: Kulturausschuss wehrt sich gegen AfD-Vereinnahmung
Die AfD hat Donald Trumps Ex-Chefstrategen Stephen Bannon zu einer Konferenz in den Bundestag eingeladen – mit Unterstützung des zuständigen Ausschusses, wie sie behauptet. Doch der weist das zurück.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-laedt-stephen-bannon-ein-kulturausschuss-wehrt-sich-gegen-vereinnahmung-a-1264194.html
Nachgedanke zu HartzIV-Demos:
Wenn die Veranstalter zuerst nicht erkennen und dann nicht wissen, wie sie die ‘rechte’ Übernahme verhindern können –
führt das nicht zu einer Erkenntnis gemeinsamer Interessen, sondern spaltet die Gesellschaft im Sinne der ‘neoliberalen Rechten’.
Ob die nun als bekennende NPD oder versteckte AfD oder unter welchem dritten ‘Label’ auch immer daherkommen,
auf so einer ‘Veranstaltung’ wird man zum Mitläufer des ‘Bösen’.
Und es geht nicht um ‘Bashing’, sondern darum menschenfeindliche Zusammenhänge hinter den Etiketten aufzuzeigen.
Ohne diese gemeinsamen Erkenntnisse wird es keine Veränderungen in der Gesellschaft geben, die die ‘Macht des Geldes’ auf den Müllhaufen der Geschichte wirft ^^
“Elitenkritik und das Gefühl politischer Machtlosigkeit sind ein paar Schuhe.”
Es ist nicht nur ein Gefühl politischer Machtlosigkeit.
Geld regiert die Welt. Man kann “Geld” auch durch Gold oder Muscheln ersetzen. Menschen waren schon immer so. Daran wird sich weder in den nächsten 10 bis 20 oder auch in den nächsten 3000 Jahren etwas ändern. Das ahnten schon diejenigen, die die 10 Gebote und die 7 Todsünden formulierten.
“Geld” (also diejenigen, die darüber verfügen) kauft sich Zugang zu den Parlamenten, in die Ausschüsse, zu Abgeordneten, in die Abteilungen der Regierungsverwaltung (egal auf welcher Ebene – Bund, Land, Kommune), in denen Gesetze oder Satzungen formuliert werden. Geld kauft sich somit Macht. Diejenigen die Geld besitzen, sich diese Macht zu kaufen, müssen nicht gewählt werden.
Da kommt dann so etwas, wie ein Teilzeit–und Befristungsgesetz heraus, das in Wahrheit die Arbeitnehmer weiter knechtet. Nur anders verkauft wird. Oder die Hartz IV – Gesetze incl. der Normalisierung von Scheinselbstandigkeit. Mit der Riesterrente der Einstieg in den Ausstieg aus dem Solidarsystem. Mehrwertsteuererhöhung, die diejenigen trifft, die die geringsten Einkommen haben. Solidarität wird unter denen erwartet, die eh nichts haben. Teilen ja, auch umverteilen. Doch nicht von den oberen 5 oder 10 % zu den “unteren” 90 %. Im Zweifel zählt man sich sogar selbst zu den oberen 10 %. Oder die Eigensatire der Regierungsparteien zum Dieselbetrug. Vorangehend der Finanzskandal, auch Bankenkrise genannt. Noch besser der Cum ex-Betrug. Mit der die Verquickung zwischen Großkapital und Politik deutlich wird. Konsequenzlos. Denn Geld regiert die Welt.
Und sich dann wundern, wenn “die Mitte” dies völlig zutreffend als Gefahr erkennt? Als Gefahr, selbst zu denen da “unten” zu gehören.
Die “sogenannten Eliten” wissen natürlich darum, daß “die Mitte” diese Gefahr erkennt. Aber auch, daß Menschen zu feige zu einer Systemänderung sind. Teile und herrsche – damit wird ein einfacher Gegner aufgestellt: die “Schwachen”, die Arbeitslosen, das faule Gesindel, die Sozialschmarotzer.
Und darüber hinaus freuen sich “die Eliten” dankbar über die AfD. Ein gesamtgesellschaftlicher Gegner. Auf den man alles Negative projizieren kann. Aber noch viel besser: dank öffentlicher Übernahme durch “die Medien“ muß man gar keine eigenen Konzepte entwickeln. Man muß nur auf die AfD zeigen und so vom eigenen Versagen oder schlimmer, den eigenen Zielen ablenken.
Gab es in Leipzig zu den Montagsdemos der Hartz IV-Empfänger irgendeine Unterstützung der Demonstranten? Nein, das faule Pack soll doch arbeiten gehen. Pink und Grün haben diese Gesetze doch erlassen? Wie kann ich dann dagegen protestieren? Nein, Eigenverantwortung ist das Schlagwort allenthalben. Und meint in Wahrheit: Entsolidarisierung. Oder auch: Teile und herrsche.
Und: man “nimmt Platz”. Das vermittelt so ein schönes wohliges Gefühl. Man muß keine Konflikte mit den wirklich Mächtigen austragen. Bringt ja eh nix, Geld regiert die Welt. Deshalb wählen wir auch die Vertreter dieser Politik. In alle Parlamente. Immer wieder. Damit sich ja nichts ändert. Denn schließlich leben wir “gut und gerne” in diesem Land. Es könnte schlimmer kommen, vielleicht sogar uns selbst treffen.
Da helfen auch kein hilf- und ahnungslosen Appelle an “Haltung”. Quasi als Ersatz konkreter Angebote. Doch dann müßte man ja auch die Politik der eigenen Regierungspartei kritisieren. Und den direkten Konflikt in konkreten Sachverhalten mit “dem Kapital” suchen.
Die Lobbyisten, die bei den Abgeordneten und in den Ausschüssen ein- und ausgehen und Gesetzgebung und deren Ergebnisse im Interesse des Kapitals und der Großindustrie beeinflussen, haben nicht nur das Grundgesetz sondern auch die Bibel in der Jackentasche. Und Haltung….wozu auch immer. Jedenfalls nicht zu einem sozialen Staat.
Gibt es irgendwo irgendein Angebot an “die Mitte”, in dem diese (und die gesamte Gesellschaft) sich wiederfindet? Nein, AfD-Bashing reicht völlig. Angeblich. Die “heute Show” hat es am 26.04. wieder auf den Punkt gebracht. Zum kotzen. Und damit meine ich nicht die “heute-Show”.
Nein, das Gefühl politischer Machtlosigkeit ist kein Gefühl.