Sowohl in Frankfurt als auch in Leipzig dominierte der rechte Verleger Gรถtz Kubitschek in den vergangenen Jahren die Buchmesse-Berichterstattung. Das wird diesmal wohl anders sein: Kubitscheks โAntaiosโ-Verlag ist nicht angemeldet. Stattdessen plant die Neonazipartei โDie Rechteโ eine Kundgebung, um sie nach ersten Informationen heute wieder abzusagen. Auch viele eher unbekannte rechte Verlage werden mit Stรคnden vertreten sein. Bereits am heutigen Mittwoch, den 20. Mรคrz, findet ab 18 Uhr auf dem Augustusplatz eine antirassistische Kundgebung des Bรผndnisses โLeipzig liest weltoffenโ statt.
In den vergangenen Jahren war die Leipziger Buchmesse immer wieder Schauplatz vielfรคltiger Proteste gegen rechte Verlage. Es gab Offene Briefe, Kundgebungen, eingeworfene Scheiben, Stรถraktionen bei Veranstaltungen und einen gescheiterten Antrag der Linksfraktion im Stadtrat, rechten Verlagen die Teilnahme zu untersagen.
Zu den bekanntesten Buchmesse-Ausstellern aus dem Milieu der Neuen Rechten zรคhlten in den vergangenen Jahren das Monatsmagazin โCompactโ von Jรผrgen Elsรคsser, der Antaios-Verlag von Gรถtz Kubitschek und die Wochenzeitung โJunge Freiheitโ.
Letztere sagte 2018 ihre Teilnahme kurzfristig ab. Geschรคftsfรผhrer Dieter Stein warf der Messeleitung vor, mit linksradikalen Verlagen zu kooperieren und den Stand der โJungen Freiheitโ bewusst ungรผnstig platziert zu haben. Fรผr die kommende Buchmesse hat die Zeitung keinen Stand angemeldet.
Gรถtz Kubitschek wird diesmal vermutlich ebenfalls fehlen. Zumindest findet sich der Antaios-Verlag nicht in der Aussteller-รbersicht. Allerdings hatte Kubitschek seinen Verlag schon fรผr die Frankfurter Buchmesse im vergangenen Jahr nicht angemeldet und war dann mit einem anderen Stand รผberraschend doch dabei.
Auf der Leipziger Buchmesse 2018 diskutierte Kubitschek im vergangenen Jahr unter anderem mit Elsรคsser darรผber, wie das โRegimeโ gestรผrzt werden kรถnne. Wรคhrend Kubitschek eher fรผr eine zurรผckhaltende Rhetorik plรคdierte, machte Elsรคsser aus seinen Absichten kein Geheimnis.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Medien ist Elsรคsser mit seinem โCompactโ-Magazin auch dieses Mal wieder dabei. Diskussionsrunden mit prominenten Gรคsten, etwa von der โIdentitรคren Bewegungโ, sind aber nicht geplant. Stattdessen mรถchte โCompactโ zwei neue Verรถffentlichungen prรคsentieren.
Weil โAntaiosโ und andere rechte Verlage die Buchmesse in diesem Jahr offenbar meiden โ und sich stattdessen in der vergangenen Woche zu einer eigenen โBuchmesseโ im Haus der โIdentitรคrenโ in Halle trafen โ, kรถnnten diesmal antirassistische Verlage und Initiativen den Ton angeben.
Bereits am Mittwoch, den 20. Mรคrz, findet ab 18 Uhr auf dem Augustusplatz eine Kundgebung des Bรผndnisses โLeipzig liest weltoffenโ unter dem Motto โKeinen Regalmeter fรผr Faschismusโ statt. Zu den Organisatoren zรคhlen unter anderem โLeipzig nimmt Platzโ, die Jugendorganisationen von SPD, Linken und Grรผnen sowie Gewerkschafter und die โVerlage gegen rechtsโ.
In einem gemeinsamen Aufruf heiรt es: โIn Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung spielen rechte Verlage eine besondere Rolle dabei, rechtes Gedankengut theoretisch zu untermauern und es in alle Teile der Gesellschaft zu verbreiten. Sie liefern das geistige Futter fรผr rassistische Angriffe, die immer noch tรคglich verรผbt werden, und fรผr Anfeindungen Andersdenkender in jeglicher Form.โ Die Buchmesse spiele dabei fรผr Vernetzung und Verbreitung der Ideologien eine wichtige Rolle.
Wie schon im vergangenen Jahr soll es wรคhrend der Kundgebung ein โBรผchermeerโ geben. Um 18:30 Uhr sollen alle Interessierten fรผr eine Fotoaktion ein Buch in die Hรถhe halten, das โGeschichten von Solidaritรคt und Menschlichkeitโ erzรคhlt. Das Bรผndnis โLeipzig liest weltoffenโ, welchem sich auch L-IZ.de und die LEIPZIGER ZEITUNG angeschlossen haben, ist zudem in der Halle 2 mit dem eigenen Stand A304 auf der Buchmesse vertreten und wird mehrere Lesungen (fรผr groร und klein), Podiumsdebatten und Aktionen durchfรผhren.
Im Laufe der Tage werden so unter anderem der Leipziger Karikaturist Schwarwel, der Buchautor Andrรฉ Herrmann und unzรคhlige weitere Kรผnstler am Stand zu Gast sein. Tรคglich findet hier auch immer um 13 Uhr ein โOffenes Forumโ statt, wรคhrend am Sonntag, 14 Uhr, die LZ-Debatte โLehrer unter Druck โ Schule in Zeiten des AfD-Lehrerprangersโ in der Halle 5 auf der groรen Bรผhne zu Gaste sein wird.
Alle Veranstaltungen finden sich im Buchmesseprogramm รผber die Suchefunktion unter dem Stichwort โLeipzig liest weltoffenโ.
Ausgefallen?
Zumindest eine rechte Veranstaltung, bei der mit Gegenprotest zu rechnen war, sollte es aber auch in diesem Jahr geben. Die Neonazipartei โDie Rechteโ und der โSturmzeichenโ-Verlag wollten am Samstag, den 23. Mรคrz, ab 14 Uhr in der Nรคhe der Buchmesse demonstrieren. Anlass fรผr die Kundgebung sei eine von der Buchmesse abgelehnte Standanmeldung fรผr den Verlag (Ruhrnachrichten zu den Grรผnden). Dessen Inhaber Sascha Krolzig (hier ein Beitrag des WDR) ist zugleich Vorsitzender der Partei โDie Rechteโ.
Am heutigen Mittwoch jedoch hat nach ersten Informationen die Gruppierung ihre Anmeldung per Mail an die Stadt Leipzig zurรผckgezogen, die Grรผnde fรผr die hรถchstwahrscheinliche Absage sind noch unklar.
Das Aktionsnetzwerk โLeipzig nimmt Platzโ hatte bereits im Vorfeld dazu aufgerufen, am jetzigen Samstag ab 13:30 Uhr zum Protest gegen die Kundgebung der Rechtsradikalen zu kommen. โEs ist zu erwarten, dass zu dieser Kundgebung hauptsรคchlich Hardcore-Nazis kommen werdenโ, hieร es in einer Pressemitteilung.
Dass โAntaiosโ, โJunge Freiheitโ und andere bekannte Grรถรen diesmal fehlen werden, bedeutet รผbrigens nicht, dass generell nur wenige rechte Verlage angemeldet sind. Wie aus einer umfangreichen Dokumentation eines antifaschistischen Blogs hervorgeht, ist dennoch mit zahlreichen antisemitischen, nationalistischen und anderweitig problematischen Veranstaltern zu rechnen.
Rechte besprechen auf der Leipziger Buchmesse den Regimesturz + Video
Rechte besprechen auf der Leipziger Buchmesse den Regimesturz + Video
Kulturkampf von Rechts โ Eine Streitschrift (2018)
https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2018/04/Kulturkampf-von-Rechts-%e2%80%93-Eine-Streitschrift-212219
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher