Bis 2038 soll das letzte Braunkohlekraftwerk abgeschaltet werden. Das hat die von der Bundesregierung beauftragte „Kohlekommission“ entschieden. Doch zahlreiche Klimaforscher und -schützer verlangen einen sofortigen Ausstieg, mindestens aber ein höheres Tempo beim Strukturwandel in der Energiewirtschaft. Um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen, besetzten Aktivisten von „Ende Gelände“ am Montag, den 4. Februar 2019, mehrere Kohlebagger in Ostdeutschland. Die Polizei reagierte mit Verhaftungen.
Aktivisten des Anti-Kohle-Bündnisses „Ende Gelände“ haben am Montag, den 4. Februar, einen Bagger im Tagebau Vereinigtes Schleenhain südlich von Leipzig besetzt. Sie protestierten damit gegen den „Kohle-Kompromiss“ und für einen sofortigen Ausstieg aus der Braunkohle. Zudem forderten sie den Erhalt des von Abbau und Umsiedlung bedrohten Dorfes Pödelwitz.
Die Besetzung begann rund 20 Kilometer vor Leipzig in den frühen Morgenstunden gegen 5 Uhr. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich 17 Personen daran. In der Nähe fand gleichzeitig eine Kundgebung unter dem Motto „Kein Konsens“ mit etwa 20 Menschen statt. Dort waren unter anderem Holzkreuze mit den Namen abgebaggerter Ortschaften zu sehen.
Gegen 12 Uhr wurde die Besetzung beendet. „Zwei Personen leisteten passiven Widerstand und mussten vom Bagger heruntergetragen werden“, teilte die Polizei mit. Der Bagger konnte nach Behördenangaben eine halbe Stunde später wieder in Betrieb gehen.
Den Aktivisten drohen Anzeigen wegen der „Störung öffentlicher Betriebe“, ein Vorwurf, der sehr teuer werden kann, wenn Gerichte ihn stattgeben. Die Polizei brachte sie im Anschluss an die Besetzung in die Polizeidirektion in Leipzig. Dort veranstalteten Unterstützer der Aktivisten eine Solidaritätskundgebung und warteten auf diejenigen, welche in der PD Leipzig an der Dimitroffstraße Fingerabdrücke abgeben und Personalien vorlegen mussten.
Vor Ort waren sich alle einig: „Wir gehen erst, wenn alle wieder da sind“, hieß es. Und das zog sich hin.
Widersprüchliche Angaben gab es zur Dauer der Maßnahmen. Während die Polizei bereits gegen 16 Uhr mitteilte, dass alle Aktivisten entlassen worden seien, kam von diesen erst gegen 19:30 Uhr eine entsprechende Meldung. Die L-IZ.de war bis zirka 18:30 Uhr selbst vor Ort. Zu diesem Zeitpunkt waren erst 11 der 17 Verhafteten wieder bei der wartenden Gruppe auf dem Leuschnerplatz, welche konzentriert Strichlisten über die führten, welche die Polizeidirektion verließen und zu ihnen kamen.
Linke, Grüne und Pödelwitzer unterstützen die Aktion
Marco Böhme, der energie- und klimaschutzpolitische Sprecher der Linksfraktion im sächsischen Landtag, war während der Besetzung vor Ort und erklärte: „Der sogenannte Kompromiss der Kohlekommission ist ein schlechter Scherz. Es bedarf deutlich stärkerer Anstrengungen im Klimaschutz und daher auch eines baldigen Ausstiegsdatums.“ Er unterstützte daher die Forderungen der Aktivisten.
„Über die heutige Besetzung der Bagger sollte sich niemand wundern“, erklärte Gerd Lippold, der klima- und energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. „Der Widerstand gegen Tagebauerweiterungen und gegen die Abbaggerung der bedrohten Dörfer wird sich jetzt, da der Kohleausstieg beschlossen wurde, noch verstärken.“
„Ende Gelände“ hatte für diese Woche zu Protestaktionen gegen den „Kohlekompromiss“ aufgerufen. Auch in der Lausitz wurden heute mehrere Bagger besetzt. In Bremen blockierten Aktivisten den Zugang zum Kundencenter eines Energieunternehmens.
Bei einer Klima-Demonstration am Samstag, 2. Februar 2019 in Leipzig hatten Mitglieder der Ortsgruppe von „Ende Gelände“ angekündigt, gegen den Kohleabbau auch zivilen Ungehorsam leisten zu wollen. Bereits vor Ort und auf Twitter bedankten sich Pödelwitzer für die Besetzung. Ihr Ort soll nach Angaben von „Pro Pödelwitz“-Sprecher Jens Hausner trotz fehlender Notwendigkeit noch immer abgebaggert werden.
Alle Bilder der Aktion bei Flickr
Jens Hausner (Pro Pödelwitz) am 2. Februar 2019 in Leipzig zur drohenden Abbagerung seines Dorfes
Video: L-IZ.de
Klimademo: Kein Konsens in Leipzig + Bildergalerie
Videos zur Klimademo: Kein Konsens in Leipzig
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