Am späten Mittwochnachmittag versammelten sich 200 Leipziger am Richard-Wagner-Platz, um für die Abschaffung des §219a und für die Möglichkeit von freien, sicheren und legalen Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruch zu demonstrieren.
Der Fall der Ärztin Kristina Hänel erregte bundesweit Aufsehen. Die Allgemeinmedizinerin wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Praxiswebsite über ihre Tätigkeitsfelder informierte, dazu zählen auch Schwangerschaftsabbrüche.
Das Amtsgericht Gießen sah hierin einen Verstoß gegen den §219a, der die bloße Bekanntgabe von Schwangerschaftsabbrüchen zu einem Vermögensvorteil unter Strafe stellt. Das Landgericht Gießen bestätigte im Oktober das Urteil. Somit bewegen sich Ärzte zurzeit in einer gefährlichen Zone, wenn sie über ihre Tätigkeit lediglich informieren.
Im Bundestag sollte am 13. Dezember über den Paragraphen abgestimmt werden. Die Linke will den Paragraphen streichen, Grüne und FDP das Verbot nur noch auf lobende bzw. grob anstößige Werbung beschränken.
Mit der Mehrheit der großen Koalition kam es jedoch zu keiner Gesetzesänderung, da die Sozialdemokraten sich an den Koalitionsvertrag mit der Union gebunden sahen. Stattdessen existiert derzeit ein Papier der Bundesregierung, das verschiedene Verbesserungsvorschläge für Januar 2019 ankündigt.
Neben dem Lob für die bisher etablierten Strukturen wird im Papier moniert, dass „die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor hoch“ sei. „Deshalb wollen wir die konkreten Maßnahmen zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften und zur Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten sowie zum Schutz des ungeborenen Lebens auf der Grundlage des bestehenden Rechts weiter ausbauen“, so die Bundesregierung.
Kontaktinformationen und mögliche Anlaufstellen für Schwangerschaftsabbrüche sollen gesetzlich geregelt werden. „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, stellt das Papier klar.
Am Stillstand wächst Kritik
Eine Solidaritätsgruppe aus Gießen hatte dazu aufgerufen, bundesweit Versammlungen durchzuführen, um Kritik an dem Papier der Bundesregierung zu üben. „Dieses Papier gibt Positionen radikaler Abtreibungsgegner wieder und führt die Entmündigung von ungewollt Schwangeren, Ärzt*innen und Beratungsstellen fort“, so die Gruppe in ihrem Aufruf.
Diesem Aufruf folgten am Mittwochabend circa 200 Leipziger/innen auf dem Richard-Wagner-Platz. „Leipzig hat eine starke feministische Mobilisierung“, erfreute sich Carolina Dalibor vom Frauen*streikbündnis über die große Teilnahme trotz einer kurzfristigen Mobilisierung. „Die Hälfte der Beiträge kam nicht von uns“, zeigte sich Dalibor begeistert über rege inhaltliche Beteiligung.
Neben Wortmeldungen von einzelnen Frauen aus Leipzig gab es Beiträge von verschiedenen Initiativen, darunter eine aus Polen. Die polnischen Gesetze zählen mit zu den restriktivsten in Europa und erlauben nur in Ausnahmefällen einen Schwangerschaftsabbruch.
„Frauengesundheit ist ein wichtiges Thema“, hob Dalibor hervor und verwies unter anderem auf den bundesweiten Aktionstag „Wir Streiken“ am 8. März 2019, für den das Frauen*streikbündnis wirbt.
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