Das Oberlandesgericht München hat NSU-Mitglied Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie sei der Mittäterschaft in zehn Mordfällen schuldig. Bereits weit vor der Urteilsverkündung hatten antirassistische Aktivisten zu Aktionen an jenem Tag aufgerufen. Diese fanden in mehreren Städten statt. In Leipzig gab es am Mittwochnachmittag eine Kundgebung auf dem Marktplatz. Bereits am Dienstag wurden Straßenschilder mit den Namen der Opfer überklebt. Am Mittwochabend folgt eine Demo in Halle.

Etwa 200 bis 300 Menschen haben sich anlässlich der Urteilsverkündung im NSU-Prozess am Mittwochnachmittag, den 11. Juli, auf dem Leipziger Marktplatz versammelt. Das Bündnis „Kein Schlussstrich“ hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Ähnliche Veranstaltungen fanden in anderen Städten statt.

Bereits vor der Urteilsverkündung am Mittwochvormittag hatte Bündnissprecherin Sarah Maric kritisiert: „Der Prozess hat gezeigt: Von Seiten des Staates ist kein Wille zu einer Aufklärung vorhanden, welche über die strafrechtliche Verfolgung einiger Weniger eines rechten Terror-Netzwerks hinausgeht. Es ist ein Prozess aus Leerstellen. Uns ist wichtig, dass eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Terror und dem dahinterstehendem völkischen und rassistischen Weltbild geführt wird, welches die Grundlage für die Entstehung von Rechtsterrorismus ist.“

Lebenslange Haft für Zschäpe

Nach einem mehr als fünfjährigen Prozess war NSU-Mitglied Beate Zschäpe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München kam zu dem Schluss, dass sie als Mittäterin zu betrachten ist. Mindestens zehn Morde gehen auf das Konto des NSU. Zschäpe hatte abgestritten, vorab von den Taten gewusst zu haben. Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben wurde wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren verurteilt. Die anderen Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen von drei beziehungsweise zweieinhalb Jahren.

Impressionen vom Leipziger Marktplatz am 11. Juli 2018. Video L-IZ.de, Luca Kunze

Die Veranstalter hielten auf dem Leipziger Marktplatz keine eigenen Reden, sondern übertrugen einen Livestream. Die Kritik richtete sich unter anderem gegen den Verfassungsschutz, die Polizei, das Oberlandesgericht, aber auch gegen einige antirassistische Akteure selbst. Diese hätten allesamt – zumindest teilweise – versagt. Am Abend wollen sie zu einer Demonstration nach Halle fahren.

Straßenschilder überklebt

Bereits am Dienstag hatten Aktivisten der Interventionistischen Linken in mehreren Städten Straßenschilder mit den Namen der Todesopfer überklebt, auch in Leipzig. „Wir wollen damit das Ausmaß rassistischer Gewalt sichtbar machen und den Opfern des NSU und ihren Angehörigen Respekt erweisen“, hieß es zur Begründung in einer Pressemitteilung.

Die Namen der NSU-Opfer lauten Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, Ismail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter.

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Wär die NSU-Geschichte ein Kinofilm, man würd sein Eintrittsgeld zurückfordern, so unglaubwürdig sind die Rollen von Polizei, Verfassungsschutz und Bundesanwaltschaft. Dass das alles in der Realität passiert ist und passiert – unfassbar. Zeugen sterben wie die Fliegen, V-Männer und Verfassungsschutzmitarbeiter stolpern fast über die Leichen, ohne was zu sehen, Zeugenaussagen werden ignoriert, wenn sie nicht passen, erfahrene Polizisten behandeln Tatorte wie ne schlechte RTL-Schauspieltruppe, Akten saufen ab, werden geschreddert und was noch übrig ist für 120 Jahre weggesperrt. Und da will uns unser Heimat-Vollhorst allen Ernstes erzählen, Flüchtlinge gefährden die Sicherheit im Land? Ich würd fast drüber lachen wenns da nicht so viele Tote geben würd. Mein Vertrauen in Polizei und Staat ist fast bei Null angelangt. Und daran ist kein einziger Flüchtling Schuld.

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