Der sächsische AfD-Landesvorsitzende Jörg Urban ist am Montag, den 5. März, bei Pegida in Dresden aufgetreten. Noch vor wenigen Tagen wäre das kaum denkbar gewesen. Doch der Bundeskonvent der AfD hat am Wochenende einen Unvereinbarkeitsbeschluss aufgehoben. Schon vorher war die „Unvereinbarkeit“ allerdings mehr Schein als Sein. Bereits seit Jahren arbeiten AfD, Pegida, die „Identitären“ und neurechte Medien gemeinsam an ihrem völkischen Projekt.

Pegida und die AfD arbeiten seit diesem Wochenende stärker zusammen. Bislang galt zumindest offiziell, dass Parteimitglieder nicht in Dresden auf der Bühne auftreten dürfen. Der Bundeskonvent, ein aus Mitgliedern von Bundesvorstand und Landesvorständen bestehendes Gremium, hat einen entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschluss am Wochenende aufgehoben.

Bereits auf der folgenden Pegida-Kundgebung am Montag, den 5. März, zeigten sich erstmals die konkreten Auswirkungen des Beschlusses: Als letzter Redner des Abends trat der sächsische AfD-Landesvorsitzende Jörg Urban auf. Er sagte auf der Bühne: „Von Anfang an vertreten wir fast dieselben Standpunkte. Pegida und die AfD sind dieselbe Bewegung.“

Im Vergleich zu anderen Pegida-Rednern äußerte sich Urban moderat. Er thematisierte unter anderem die Diskussionen über einen neuen Text für die Nationalhymne, den Diesel-Skandal und eine angebliche „Frühsexualisierung“ an Berliner Schulen. Wenn Urban vom „Verrat an den eigenen Bürgern“ sprach, fanden die Zuhörer die passende Übersetzung und skandierten „Volksverräter“. Neben den Pegida-Gründern Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz war zudem Christoph Berndt auf der Bühne. Er initiierte die Pegida-ähnlichen Demonstrationen in Cottbus.

Seit Jahren arbeiten sie zusammen

Wenngleich dieser Montag als offizieller Beginn der Zusammenarbeit von AfD und Pegida gilt, gibt es tatsächlich schon seit Jahren diverse Überschneidungen. So trat Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der ultrarechten „Patriotischen Plattform“, bereits in Dresden auf. Schon im vergangenen Jahr arbeiteten Pegida und AfD-Mitglieder bei den Montagsdemonstrationen intensiv zusammen.

Bereits zu Beginn des Jahres 2015 bezeichnete der heutige AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland die Pegida-Bewegung als einen „natürlichen Verbündeten“. Die ehemalige Bundesvorsitzende Frauke Petry hingegen kritisierte nun die Aufhebung des Unvereinbarkeitsbeschlusses. Sie hatte eine Zusammenarbeit mit Pegida stets abgelehnt.

Das Leipziger AfD-Mitglied Roland Ulbrich trat zwar nicht bei Pegida auf, dafür aber beim Leipziger Ableger Legida. An seiner Person zeigt sich auch, dass Diskussionen über Abgrenzungen zwischen AfD und Pegida längst überholt sind. Ulbrich geht bereits einen Schritt weiter und teilte sich am vergangenen Wochenende in Berlin eine Bühne mit dem Leipziger Neonazi Alexander Kurth.

Lutz Bachmann bei einer Ansprache 2015 bei Legida in Leipzig. Foto: L-IZ.de
Pegida-Chef Lutz Bachmann. Foto: L-IZ.de

Positiv zur Zusammenarbeit mit Pegida äußerte sich nun auch der Leipziger AfD-Kreisvorsitzende Siegbert Droese. Er bezeichnete beide Organisationen im MDR als „Partner in Sachsen“. Eine besondere Radikalität sei ihm bei Pegida nicht aufgefallen. Das von Bachmann am Montag formulierte Ziel dürfte ihm gefallen: „ein AfD-regiertes Sachsen im Sommer 2019“. Dann stehen im Freistaat Landtagswahlen an. Die AfD kann sich Hoffnungen machen, stärkste Kraft zu werden. Bei der Bundestagswahl war sie in Sachsen bereits erfolgreicher als die CDU.

Wie die künftige Zusammenarbeit zwischen AfD und Pegida konkret aussehen soll, wurde am Montagabend ebenfalls schon erläutert. Demnächst sollen mit André Poggenburg, Björn Höcke und Andreas Kalbitz auch wichtige Funktionäre aus anderen ostdeutschen Bundesländern auftreten.

Genau jene vier AfD-Politiker – Urban, Poggenburg, Kalbitz und Höcke – waren es auch, die gemeinsam mit Lutz Bachmann und „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer den „Politischen Aschermitterwoch“ in Sachsen feierten. Bei der „Compact“-Konferenz im vergangenen November in Leipzig gab es ebenfalls Überschneidungen zwischen Partei, Bewegung und Medium.

Völkische Vernetzung

Sollte die AfD den eingeschlagenen Weg fortsetzen, dürfte eine offizielle Zusammenarbeit mit der „Identitären Bewegung“ (IB) der nächste Schritt sein. Bislang ging man meistens auf Distanz, wohl vor allem weil die „Identitären“ vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Doch insbesondere „Patriotische Plattform“ und „Junge Alternative“ suchen immer wieder die Nähe. Poggenburg hat sogar ein Bürgerbüro in Halle in einem Haus eröffnet, in dem Mitglieder des dortigen IB-Ablegers „Kontrakultur“ wohnen.

Ob AfD, Pegida, die „Identitären“ oder diverse neurechte Medien – auf unzähligen Veranstaltungen haben sich diese Akteure bereits vernetzt. Ideologisch gibt es keine nennenswerten Unterschiede mehr. Die gemeinsamen Nenner heißen „Rassismus“, „Nationalismus“ und „Revisionismus“. Nur mit einem hat das alles längst nichts mehr zu tun: dem sogenannten Rechtspopulismus.

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