Die Negativmeldungen aus Wurzen nehmen kein Ende: Nachdem es im Januar zu einer bundesweit beachteten Auseinandersetzung zwischen deutschen Einwohnern und Geflüchteten gekommen war, spricht das Netzwerk für Demokratische Kultur nun von erneuten Angriffen mit rassistischen Motiven. Dabei soll unter anderem eine Schwangere geschlagen worden sein.

In der sächsischen Kleinstadt Wurzen hat es offenbar erneut rassistische Übergriffe gegeben. Das berichtet das dort tätige Netzwerk für Demokratische Kultur (NDK). Der jüngste Angriff soll vom 23. Februar datieren. „Zwei vermummte Männer schlugen auf eine schwangere Frau vor ihrer Wohnungstür ein“, schreibt das NDK auf seiner Homepage.

Ein weiterer Vorfall ereignete sich in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar. Laut Polizei war es gegen 4 Uhr zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen einem Deutschen und einem Mann aus Eritrea gekommen: „Beide trugen erhebliche Verletzungen im Gesicht und an den Händen davon und mussten in Krankenhäuser gebracht und dort medizinisch versorgt werden.“ Die beiden Beteiligten hätten unterschiedliche Angaben zum Geschehen gemacht und sich gegenseitig wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt.

Das NDK wertet die Auseinandersetzung unter Berufung auf einen Betroffenen als erneuten Angriff auf die Bewohner beziehungsweise Gäste einer Wohnung, in der Geflüchtete leben. Bei der Schwangeren soll es sich ebenfalls um eine Geflüchtete handeln. Das NDK appelliert in Anbetracht dieser Ereignisse: „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, Weltanschauung oder Herkunft angegriffen werden.“

Immer wieder Gewalt

Landrat Henry Graichen. Foto: Landkreis Leipzig
Landrat Henry Graichen. Foto: Landkreis Leipzig

Genau das war in den vergangenen Monaten in Wurzen mehrmals geschehen. Im vergangenen Jahr kam es zu Angriffen auf die Wohnungen von Geflüchteten; zudem musste die Polizei einen rechtsradikalen Mob aufhalten, der sich auf dem Marktplatz versammelt hatte.

Im Januar dieses Jahres erhielt Wurzen bundesweite Aufmerksamkeit, nachdem sich deutsche Einwohner und Geflüchtete eine stundenlange Auseinandersetzung geliefert hatten. Am Ende gab es mehrere Schwerverletzte. Laut verschiedener Medienberichte kommt es vor allem am Bahnhof immer wieder zu Provokationen gegenüber Geflüchteten. Daraus resultierte möglicherweise auch die massive Gewalt im Januar.

Als Reaktion auf die immer wieder aufkommende Gewalt in der sächsischen KLeinstadt nahe Leipzig hatte der zuständige Landrat Henry Graichen die „Stärkung der Polizeidienststelle in der Stadt Wurzen” als unerlässlich bezeichnet. “Allein durch die Maßnahmen der Stadt Wurzen, des Landkreises Leipzig und vieler engagierter Bürger lässt sich der Situation nicht begegnen.“, so Graichen Mitte Februar 2018.

Denn etliche der gewaltbereiten „Jugendlichen“ in Wurzen sind längst ein fester Bestandteil der westsächsischen Rechtsextremenszene. Wo ihr aggressives Auftreten toleriert und nicht durch Polizeipräsenz eingeschränkt wird, trumpfen diese Netzwerke auf und sorgen in der ganzen Stadt für ein Klima der Bedrohung.

Blieb übrigens friedlich. "Die" Antifa war bereits am 2. September 2017 schon einmal in Wurzen. Foto: L-IZ.de
Blieb übrigens friedlich. “Die” Antifa war bereits am 2. September 2017 schon einmal in Wurzen. Foto: L-IZ.de

Unterdessen hat das sächsische Innenministerium die Antifa-Kundgebung des Bündnisses „Irgendwo in Deutschland“ vom 20. Januar ausgewertet. In der Nähe der Versammlung hatten sich Rechtsradikale vermummt und mit Waffen gedroht. Einen von vielen Anwesenden geschilderten „Angriff von Neonazis“ habe es jedoch nicht gegeben.

In einer Antwort auf die Landtagsanfrage von Juliane Nagel (Linke) heißt es lediglich, dass etwa 120 Versammlungsteilnehmer versucht hätten, zu den Rechtsradikalen zu gelangen. Diese hätten zeitgleich verbal provoziert. Die Polizei verhinderte ein direktes Aufeinandertreffen.

Gegen die vermummten Personen wurden Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Bedrohung und Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet. Zugleich laufen Strafverfahren gegen Personen, die das Innenministerium der antirassistischen Kundgebung zuordnet – unter anderem wegen Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und Nötigung.

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