Menschen zu Wort kommen lassen, die von Abschiebung bedroht sind โ€“ das war das Anliegen des Leipziger Asyl-Rechtshilfefonds Peperoncini. Am Samstagnachmittag sprachen deshalb mehrere Geflรผchtete auf dem Augustusplatz รผber ihre persรถnliche Situation und allgemeine Missstรคnde. Dabei wurde deutlich, dass sowohl die Fluchtgrรผnde als auch die in Deutschland bestehenden Probleme vielfรคltig sind.

Asylpolitik und Migration gehรถren seit Jahren zu den Themen, die in Deutschland am hรคufigsten und heftigsten diskutiert werden. Auch im anstehenden Bundestagswahlkampf werden diese Politikfelder wohl eine groรŸe Rolle spielen โ€“ so wรผnscht es sich seit Kurzem auch SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz.

Migranten und Asylsuchende stehen in vielen Diskussionen zwar im Mittelpunkt, dรผrfen sich selbst aber hรคufig nicht daran beteiligen. Beispielhaft war eine Anne-Will-Sendung im Juni 2016, in der zur Frage โ€žWie rassistisch ist Deutschland?โ€œ keine Betroffenen zu Wort kamen, sondern unter anderem Alexander Gauland, ein Anheizer aus der AfD.

Selbst auf linken Demonstrationen reden meistens keine Geflรผchteten, sondern Personen, die selbst nicht von Rassismus oder einem unsicheren Aufenthaltsstatus betroffen sind. Viele Aktivsten sagen, dass es schwer sei, solche Personen zu finden, weil diese beispielsweise negative Auswirkungen auf ihr Asylverfahren fรผrchten wรผrden, wenn sie รถffentlich รผber ihre Situation reden. Vermutlich ist mangelhafte Vernetzung ein weiteres Problem.

Der Leipziger Rechtshilfefonds Peperoncini hat dieses Problem nicht. Er steht mit vielen Asylsuchenden in Kontakt, da er diese bei ihren Klagen gegen negative Asylbescheide unterstรผtzt. Peperoncini bittet seine Unterstรผtzer regelmรครŸig um Spenden, um damit Fachanwรคlte zu bezahlen. Am Samstagnachmittag veranstalteten die Studentinnen unter dem Motto โ€žTogether for Bleiberechtโ€œ eine Kundgebung auf dem Augustusplatz.

Menschen aus unterschiedlichen Lรคndern sprachen รผber ihre eigene Situation oder allgemeine Themen. Teilweise waren sie selbst vor Ort, teilweise wurden ihre Reden vom Band abgespielt. Nach jedem Beitrag folgte ein Musikstรผck, das sich die Personen selbst gewรผnscht hatten. Eine Poetry-Slammerin aus Berlin moderierte die Veranstaltung. Etwa 100 Menschen saรŸen auf dem Boden und hรถrten zu.

Eine Frau aus Venezuela, wo seit Monaten blutige Massenproteste gegen Prรคsident Maduro stattfinden, ist gemeinsam mit ihrem Mann und einer neunjรคhrigen Tochter nach Deutschland geflohen. โ€žWir werden verfolgt, weil wir friedlich gegen die Regierung demonstriert habenโ€œ, erklรคrt sie. So seien bei einer Geburtstagsfeier sieben bewaffnete Personen aufgetaucht. Diese hรคtten die Familie zwei Stunden lang festgehalten und den Vater mit dem Tod bedroht. Auch auf offener StraรŸe, zum Beispiel auf dem Weg zu Demonstrationen, seien sie schikaniert worden. Deutschland hรคtte ihren Asylantrag dennoch abgelehnt.

Eine andere Frau berichtet aus Tunesien, einem Land, das die Bundesregierung zu einem โ€žsicheren Herkunftsstaatโ€œ erklรคren wollte, jedoch im Bundesrat an den Stimmen von Grรผnen und Linken scheiterte. Sie lebte dort gemeinsam mit einem bisexuellen Ehemann und zwei Kindern. Als der Bruder ihres Mannes von dessen sexueller Orientierung erfuhr, hรคtte er ihn tรถten wollen. An die Polizei habe sie sich nicht wenden kรถnnen, da Homo- und Bisexualitรคt in Tunesien strafbar sind. Da die eigene Familie damit drohte, ihr die Kinder wegzunehmen, seien sie nach Deutschland geflรผchtet. Zahlreiche Berichte von Medien und Menschenrechtsorganisationen aus den vergangenen Monaten belegen, dass ihre Geschichte kein Einzelfall ist.

Andere Redner thematisierten die Diskriminierung von Roma in Serbien, die Unterdrรผckung von Frauen in Afghanistan, die noch immer unbefriedigenden Zustรคnde in deutschen Massenunterkรผnften und die hรคufig als รผberfordert und willkรผrlich handelnd wahrgenommenen Entscheider im Bundesamt fรผr Migration und Flรผchtlinge. Am Ende malten die Demoteilnehmer ihre politischen Forderungen und รœberzeugungen mit Kreide auf den Augustusplatz.

In eigener Sache: Abo-Sommerauktion & Spendenaktion โ€žZahl doch, was Du willstโ€œ

Abo-Sommerauktion & Spendenaktion โ€žZahl doch, was Du willstโ€œ

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Renรฉ Loch รผber einen freien Fรถrderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar