Die Kampagne „Rassismus tötet!“ wollte am Dienstagabend mit einer Kundgebung in Gaschwitz an das Schicksal des von acht Jugendlichen getöteten Nuno Lourenço erinnern – doch die Resonanz blieb überschaubar. Nur 20 Personen hörten den Redebeiträgen zu. Dabei droht gerade dieser Fall in Vergessenheit zu geraten. In den kommenden Monaten sind weitere Veranstaltungen geplant.

Für viele antirassistische Akteure gehört es zum Selbstverständnis, an jene zu erinnern, die Opfer einer menschenverachtenden Ideologie geworden sind – sowohl Taten als auch Menschen sollen nicht in Vergessenheit geraten. Dem vor exakt 19 Jahren von Rassisten getöteten Nuno Lourenço könnte dieses Schicksal jedoch drohen.

Der Portugiese war 1998 wegen seiner Arbeit vorübergehend nach Deutschland gekommen. Am Abend des 4. Juli traf er in Gaschwitz, zehn Kilometer südlich von Leipzig, auf acht Jugendliche, die aus Frust über das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft beschlossen, Ausländer „zu hacken“. So formulierten es die Angeklagten später vor Gericht. Ihre Menschenjagd hatten sie mit Sätzen wie „Heute ist Ausländerklatschen angesagt“ eröffnet. Mit Eisenketten bewaffnet verletzten sie den am selben Tag 49 Jahre alt gewordenen Mann so schwer, dass er einige Monate später den Spätfolgen erlag.

Diese Informationen findet man in einigen Online-Chroniken und auf der Homepage der Kampagne „Rassismus tötet!“. Darüber hinaus läuft eine Suche nach Nuno Lourenço weitgehend ins Leere. Kein Gedenkstein erinnert am Tatort an ihn. Eine am Dienstagabend von „Rassismus tötet!“ veranstaltete Kundgebung erreichte ebenfalls nur wenige Menschen. Etwa 20 Personen, darunter die Stadträtin Juliane Nagel (Linke), nahmen daran teil. Einigen Passanten konnten die Aktivisten immerhin einen Infozettel in die Hand drücken. Doch fast niemand blieb stehen, um zuzuhören und sich zu erinnern.

Die Veranstalter hatten drei Banner an einem Bauzaun vor dem Bahnhof befestigt und mehrere Infotafeln aufgestellt, die im Rahmen der Wanderausstellung „Die verschwiegenen Toten“ entstanden waren. Über einen Lautsprecherwagen verlasen sie Details zu dem Fall und spielten die Audiospuren zweier TV-Beiträge ab. Dabei wurde deutlich, dass es sich nicht nur um einen rassistisch motivierten Angriff, sondern in der Folge auch um einen Justizskandal handelte.

Der zuständige Richter am Landgericht Leipzig hatte es versäumt, eine Entschädigung der Witwe für deren Reise- und Unterbringungskosten festzuhalten, so dass diese auf umgerechnet rund 17.500 Euro sitzen blieb. Die Verurteilten wiederum mussten nicht für die Kosten des Verfahrens aufkommen. Zudem entschied das Gericht, dass kein versuchter Totschlag, sondern lediglich eine Körperverletzung mit Todesfolge vorlag. Nur der Haupttäter musste ins Gefängnis.

Für die kommenden Monate plant „Rassismus tötet!“ weitere Veranstaltungen dieser Art. Neben einer Reihe zum Pogrom in Rostock-Lichtenhagen soll am 23. August, 23. Oktober und 24. Oktober mit Demonstrationen an Karl-Heinz Teichmann, Achmed Bachir und Kamal Kilade erinnert werden. Teichmann war obdachlos und schlief auf einer Bank, als er von einem Teilnehmer einer kurz zuvor durchgeführten Neonazidemo mehrmals brutal verprügelt wurde. Er ist bis heute nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.

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