„Fürsten sind Menschen, vom Weib geboren, und kehren um zu ihrem Staub; ihre Anschläge sind auch verloren, wenn nun das Grab nimmt seinen Raub. (Johann Daniel Herrnschmidt 1714 im Evangelischen Gesangbuch Nr. 303,2)“. Das ist schon ziemlich dreist: Der Minister, der für Grenzkontrollen und die Nachrichtendienste zuständig ist, Innenminister Thomas de Maizière, spielt sich wie so oft in der Vergangenheit als der Saubermann auf, der in Sachen G20-Gipfel alles richtig gemacht hat, und legt nach: Er verlangt im Verein mit der AfD Sachsen die Schließung von Einrichtungen in Leipzig wie Conne Island und Werk 2. Beweise, ob und was die beiden Häuser mit den Gewaltausbrüchen in Hamburg zu tun haben, konnte er nicht liefern.
Aber prophylaktisch wird schon einmal so getan, als trüge der Leipziger SPD-Oberbürgermeister eine Mitverantwortung für die Randale in Hamburg, weil der die Einrichtungen und damit angeblich linksradikale Umtriebe „duldet“.
Halten wir fest: Viele derer, die am vergangenen Wochenende in Hamburg Straftaten verübt haben, kamen aus dem europäischen Ausland, wurden durch die Bundespolizei nicht an der Reise nach Hamburg gehindert. Angeblich aber haben die Nachrichtendienste wie Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz alles gewusst, was die Polit-Hooligans in Hamburg vorhatten und dann auch tatsächlich durchführten.
Bleibt die Frage: Warum haben die Bundesbehörden nicht präventiv gehandelt? Warum hat man sich in Hamburg nicht auf die tatsächlichen und den Behörden bekannten Gewalttäter konzentriert? Stattdessen wurde im Vorfeld des G20-Gipfels und massiv am vergangenen Donnerstag versucht, alle Demonstranten unter den Generalverdacht der Gewaltausübung zu stellen. Stattdessen wurden, wie sich jetzt herausstellt, Pressevertreter/innen die Akkreditierung entzogen, weil sie angeblich ein Sicherheitsrisiko darstellten.
Und wer ist dafür zuständig und für die Nachrichtendienste verantwortlich?
Der Minister, der sich seit Tagen als Law-and-Order-Mann zelebriert und mit dem Finger auf andere zeigt: Thomas de Maizière. In seinem Windschatten führen CDU und CSU das Theater auf, was aus den 70er Jahren sattsam bekannt ist: da wurde auch von der Reform- und Ostpolitik Willy Brandts bis zu den Terrorakten der RAF eine direkte Linie gezogen – alle/s eine „linke Brut“, von Moskau gesteuert. Heute agieren CDU und CSU nach dem gleichen Strickmuster: Angela Merkel setzt einen im maßlosen Größenwahn inszenierten G20-Gipfel in ihrer Geburtsstadt an und hofft auf schöne Bilder.
In einer Art „open-air-Bunker“, das Gegenbild zur offenen, demokratischen Gesellschaft, bewegen sich in Hamburg Politiker/innen, die tatsächlich glauben, sie seien die Weltenlenker, sie hätten die Menschheit in der Hand (im normalen Leben würde aber niemand von einem Donald Trump einen Gebrauchtwagen kaufen) – sie sind aber wie jede/r andere auch am Schluss nur Staub. Hätten sie in der Elbphilharmonie doch nur einmal die wunderbare Choralstrophe gesungen!
Aber auch so stehen sie wie der Kaiser in Andersens Märchen mit weniger als „nackt“ da; reden in ihrer abgeschotteten, virtuellen Wirklichkeit über Armut, Hunger und Flüchtlinge so, als hätten sie ursächlich damit nichts zu tun. Kaum wieder zu Hause, machen Trump und Erdogan der Moderatorin des G20-Gipfels eine lange Nase: Wieso sich auch nur an ein Wort halten, das theatralisch in eine Erklärung zusammengestückelt wurde.
Und dann? Dann ist der durch einen beispiellosen Sicherheitsapparat eingebunkerte G20-Gipfel beendet und die Merkels, de Maizières, Scheuers, Spahns werfen der SPD die Trümmer und Scherben aus dem Schanzenviertel vor die Füße: Dafür seid ihr, die Linken, verantwortlich.
Das ist nicht nur dreist, es ist unverfroren
Zumal derzeit niemand fragt, wer denn die politische Verantwortung für die grandiose Vergeudung von Steuergeldern übernimmt. Bezeichnenderweise hüllt sich Angela Merkel, was die Kosten des G20-Gipfels angeht, in Schweigen. Doch kann man getrost von mindestens 200 Millionen Euro ausgehen. Auch fragt niemand, was solch teures Theater mit Regierungshandeln zu tun hat. Von ihm geht weder nach innen noch nach außen eine Befriedung aus.
Schon gar nicht trägt ein solcher Gipfel zu einer Stärkung der Demokratie bei. Auch ohne die zerstörerische Begleitmusik durch Polit-Hooligans in Hamburg geriet dieser G20-Gipfel zu einem monströsen Nichts. Wer für Gespräche zwischen denen ist, die zeitlich begrenzt Regierungsverantwortung tragen, der kann eigentlich nur dafür plädieren, diese Gespräche so oft wie möglich am Sitz der UNO in New York stattfinden zu lassen – in der Normalität, die auch Fürsten eigen sein kann.
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