Ein warmer, farblich einwandfreier Frühsommer-Samstagabend gestern da draußen. So einer von der Sorte, wo man keinen hellen Strickpullover mitzuführen genötigt ist, den einem die Tante früher immer geschenkt hat - "falls es mal kühl wird am Abend auf der Terrasse." In Leipzig jedenfalls hatte alle Welt Platz genommen. Mit und ohne Pullover. Meist aber im schwarzen T-Shirt. Draußen vor der Tür.

Auf irgendeinem Freisitz. In der Jahnallee. Vor und auf der Festwiese. Trank sommerliche Getränke, argwöhnte nicht allzu viel Böses am Nachbartisch, rief Schnell-Getränke-Holern, die im Späti verschwinden, freundlich zu: „Wir passen auf eure Räder auf!“.

Schön gemachte Nachtschwärmer schritten noch leicht angestrengten Gesichts an denen vorbei, die noch im karierten Kurzarmhemd und der Mutti vom Shoppen kamen. Zwei Studentenpärchen auf Fahrrädern (vier Fahrräder, ein funktionierendes Licht) kurvten fröhlich – einander etwas zurufend – vor einem, einer davon wirft seiner Liebsten irgendeine Textilie zu, weil diese ausschließlich in Shorts und Bikini-Oberteil dann doch etwas zu frösteln beginnt.

Während sie das Ding freihändig fahrend kichernd überzieht, weiß sie nicht mal, wie sehr sie gerade den Begriff der Leichtigkeit des Lebens verkörpert.

Aus der Zusammenschau dieses städtischen, räubertöchterlichen Sommerkuchens erwächst mein Vorschlag – der zur gemäßigten Revolution: Wir erklären uns bereit, im Winter dieses wahnsinnige erwachsene “Wir steigern das Bruttosozialprodukt-Arbeitnehmerleben” weiterzuführen. Erklären uns willig mitzumachen beim Projekt „global village“. Was bekanntlich erst erreicht ist, wenn auch der letzte Rentierzüchter in der Tundra sich hinterm Ofen zusammenrollt und über den Rollkragenpullover Helene Fischers beim DFB-Finale nachzudenken beginnt. Im Winter machen wir das mit – ohne allzu viel offizielles Herumnörgeln.

Versprochen!

Im Gegenzug aber kriegen wir von Mai bis September bedingungsloses Grundeinkommen. Damit Balkone bepflanzt und beguckt werden können, damit man Dienstagvormittag mal in den Wald kann oder donnerstags um zwei zum Schlagzeugüben fürs Konzert auf Burg Sowieso am nächsten Montagmorgen.

Andersgepolte können gerne umgekehrt agieren. Im Sommer ran und im Winter grillen. Oder Snowboarden. Oder alte Folgen von „Der Preis ist heiß“ gucken. Oder ausschließlich Counterstrike spielen. Je nach Veranlagung und Talent.

Supernebeneffekt dabei: Ganzjährig schwerbenötigte Berufszweige würden eine ganz natürliche Aufwertung erfahren. Schließlich weiß man längst, dass „an apple a day keeps the doctor away“ doch ein bisschen geschwindelt ist. Und die pflegebedürftige Oma kommt auch nicht wie die Schildkröte im Kühlfach über den Winter.

Keine Frage. Da müssen Feinheiten noch ausgehandelt werden. Aber richtungsweisend wäre das doch mehr als ein faires Angebot, oder? Vielleicht sängen die Leute in diesem Falle die Nationalhymne mal von ganz alleine. Oder was anderes. Einfach so. Locker und lässig, easy come and easy go: Schönen Sommer uns allen.

Mehr zum bedingungslosen Grundeinkommen lesen? Lokaler Jounalismus in Leipzig sucht 1.500 Unterstützer

In eigener Sache (Stand Mai 2017): 450 Freikäufer und weiter gehts

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar