Wir saßen – wie so oft – in einem Zug. Guckten aus dem Fenster, beobachteten die vorbeifahrende Landschaft und sie beobachtete uns. Wir hatten einen Kaffee und einen Kakao vor uns auf dem Tischchen, die Weintrauben von gestern passten zwar nicht dazu, schmeckten aber trotzdem. Der Zug rauschte leise seinem Ziel entgegen, kein Zuginsasse zerschnitt die Luft mit Wortbeiträgen. Da sagte die Leibesfrucht: „Mami, uns geht’s gut, was?“ Da hatte der Tag doch für einen kleinen Moment ein wirkliches Muttertagskleid angezogen ...
Wenn ich mir zum Muttertag tatsächlich etwas wünschen dürfte, dann wäre dies – neben all den kleinen gebastelten Herzchen oder gekauften Blumensträußchen – eine Generation von Müttern, die von wachen und lebhaften Kindern beschenkt wird. Von Kindern, die als Erwachsene nicht ehrfürchtig solch unglaubliche Äußerungen wie „Das ist gut für die Region!“ oder „Das macht sich gut im Lebenslauf!“ abnicken.
Die nicht wie gut unterhaltenes Schlachtvieh in einer zunehmend hässlicheren Welt mit ihrem schnellen, lärmenden Wahnsinn ihrem Biographie-Ende entgegendumpfen.
Ich wünsche mir ernstlich, dass ein paar Persönlichkeiten heranwachsen mögen, die den Mut haben, die moralische Entwicklung von uns Menschen mit dem Stand unserer technischen-virtuellen Möglichkeiten einem ehrlichen Vergleich zu unterziehen. … und sich dann bei aller Begeisterung für das MÖGLICHE auch wieder ein bisschen mehr auf das NÖTIGE besinnen.
Vielleicht wünsche ich mir aber auch nur ganz banal, dass nicht mutwillig und sehenden Auges noch mehr Seelen zerstört werden.
In diesem Sinne: Alles Gute allen Einfach-, Zweifach- und Mehrfachmüttern und allen Menschen, die anderen mit mütterlichen Gefühlen ein bisschen auf den Weg helfen.
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