Und bevor wir uns jetzt die Hosen mit der Kneifzange anziehen, noch ein kleiner Lernvorschlag für die Herren mit der kraftmeierischen Pose. Ich habe Ihren Aufruf zum Struggle ein klein wenig abgeändert – was ja leicht möglich ist. War ja eh kein Inhalt drin. Und ich habe Ihnen eine kleine Wahrheit draus gemacht, die nicht nur Sie allein immer wieder vergessen.

Sicher: Politik neigt immer zur Selbstüberhöhung. Bloß weil Leute Pöstchen, Positionen und ein paar Büromitarbeiter bekommen, glauben sie oft mit erstaunlicher Verbissenheit, sie seien etwas Besseres als die Muggles, die sie gewählt haben. Denen sie das Blaue vom Himmel versprochen haben. Kraft ihrer Genialität oder magischen Begabung.

Was weiß ich?

Klar, Straßenkloppereien sind noch keine große Politik.

Die wenigsten Straßenklopper werden große Politiker.

Aber die, die es werden, benehmen sich dann meist genauso wie viele andere in diesem Milieu: Sie verändern sich. Glauben, dass sie auf einmal besondere Fähigkeiten haben. Sie fragen nicht mehr, sie belehren nur noch. Sie hören nicht zu, sagen aber ungefragt, „wo es langgeht“.

Das Wort Muggles kommt auch aus diesem Zusammenhang.

Wikipedia dazu: „Das englische Wort Muggle kam durchaus schon vor den Harry-Potter-Romanen vor, wurde durch sie aber erst richtig populär. J. K. Rowling erklärte, ihre Verwendung sei von dem Wort mug abgeleitet, ein Begriff, der jemanden bezeichnet, der sich leicht ‚übers Ohr hauen‘ lässt. Sie fügte die Endung ‚le‘ als Verniedlichung an, um das Wort weniger erniedrigend erscheinen zu lassen.“

Aber ohne diese „kleinen Leute“, die sich so leicht übers Ohr hauen lasen, lässt sich kein Fortschritt erreichen.

Ich weiß auch nicht, welchen Fortschritt Sie speziell mit Ihrem Spruch „There is no progress without struggle!“ meinen. Unsere Großkopferten meinen ja meist nur den technischen Fortschritt, die Erfindung immer neuer technischer Spielereien, die die Muggles vom Denken und Arbeiten befreien. Den menschlichen Fortschritt vergessen sie meist.

Progress kann auch etwas sehr Fürchterliches sein. Erst recht, wenn dahinter eine technokratische Menschenverachtung steckt – oder reine Gefühl- und Verständnislosigkeit, was auf dasselbe hinausläuft.

Und was dazu geführt hat, dass wir von Politikern regiert werden, die tatsächlich nur reine Technokraten sind. Sich aber gern mal als Populisten tarnen (worauf dann auch noch etliche Kollegen der schreibenden Zunft hereinfallen). Denn wenn jemand so tut, als würde er für „das Volk“ sprechen, schwindelt er schon, haut er die Gutgläubigen schon wieder übers Ohr. Es funktioniert immer wieder. Das ist der Grundcharakter der Muggles: Sie sind vertrauensselig und glauben, was man ihnen verspricht.

Und immer wieder löst sich so ein Versprechen in Luft auch.

Es ist geduldig, „das Volk, der große Lümmel“ (Heine).

Aber es wird gebraucht. Ohne die Muggles geht nichts. Man braucht sie – für alle Heldentaten, Wirtschaftswunder, Wenden, Revolutionen und Krisenbewältigungen. Sie sind es, die ihre Steuergroschen beibringen, die in die Hände spucken, um das Bruttosozialprodukt zu steigern, brav Schlange stehen und brav verzichten, wenn ihnen ein überbezahlter Staatsdiener amtlich versichert, dass ihnen das Lebensnotwendige nicht zusteht, weil sie in Antrag IV, Spalte 67, einen Fehler gemacht haben.

Wir haben noch gar nicht gelernt, wie eine wirklich gute Politik für Muggles aussehen könnte. Die sähe ganz bestimmt ein ganzes Stück weit anders aus. Da bin ich mir sicher. Nun ist das tatsächlich ein kleines Plädoyer für die Muggles geworden. Aber mal ehrlich: Für wen denn sonst?

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