LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus Ausgabe 37Wie kann man in heutigen Zeiten als Fan des Dritten Reiches Hitlers โMein Kampfโ neu herausbringen, Alfred Rosenbergs NS-Schriften vertreiben und weitere antisemitische Hetzschriften als Nachdrucke im Netz verkaufen? Offenbar, indem man in den Produktbeschreibungen Bรผcher wie โJudas der Weltfeindโ oder โDas Buch Isidorโ vom ehemaligen Reichspropagandaminister Joseph Goebbels mit schelmischen Worten begleitet und sich vor allem vom Inhalt distanziert.
So jedenfalls fรผhrt derzeit der Leipziger Verlag โDer Schelmโ noch die Strafverfolgungsbehรถrden neckig an der Nase herum, welche ihn angeblich seit Mitte dieses Jahres im Visier haben sollen. So heiรt es beim โSchelmโ im Netz unter quasi jedem antisemitischen Buchtitel: โDer Verlag macht sich die nur aus der damaligen Zeit zu verstehenden Sichtweisen nicht zu eigen und distanziert sich von jedweden verleumderischen, hetzerischen, beleidigenden und die menschliche Wรผrde angreifenden Passagen, insbesondere von jeglicher Schmรคhkritik am Judentum.โ
Da ist man doch beruhigt und kann bestellen, offenbar kennt sich der Schelm gut aus. Zumal es nahezu ausschlieรlich solche und รคhnliche Bรผcher im Onlineversand des Verlages gibt. Denn immer mehr der Hetzschriften aus dem 20. und 30. Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts sind nun gemeinfrei, also republizierbar geworden und so kann man nach dem 70. Todestag des jeweiligen Urhebers die ganze Schรถnheit der Gedanken wieder kaufen, mit welchen einst die spรคteren Fรผhrer und Gefolgsleute Grรคueltaten im dritten Reich vorzeichneten.
So preist man die โextrem seltene Broschรผre des Reichsleiters der NSDAP, Dr. Alfred Rosenberg (1893-1946), โDer staatsfeindliche Zionismusโ, zur kritischen Bewertungโ an, nicht ohne unerwรคhnt zu lassen, dass es sich hierbei um eine โantisemitische Schriftโ aus dem Jahr 1922 handelt. Von der man sich natรผrlich distanziert.
Zwei Schelme
Unangefochtener Bestseller des Vertriebs ist laut der Verlagsangaben natรผrlich Hitlers โMein Kampfโ in der unkommentierten Version. Denn, so der Verlag, besser schien hier statt eine kommentierte Fassung ins Programm zu nehmen offenbar, ein Vorwort des australischen โAdelaide-Institutsโ voranzustellen.
Um โdem mรผndigen Staatsbรผrger, der seit Jahrzehnten durch die Hohe Schule der Demokratie gegangen ist, im Rahmen seiner Nachdrucke vorkonstitutionellen Schrifttums Adolf Hitlers Buch โMein Kampfโ unkommentiert und unverรคndert zur kritischen Bewertung vorzulegen.โ
Bekannt sind das โAdelaide-Institutโ und sein Grรผnder Fredrick Toben dabei weniger fรผr wissenschaftliche Expertisen etwa zum Leben und Sterben von Kรคngurus oder gar vertiefende Geschichtsforschung, sondern eher als eine langjรคhrige Anlaufstelle fรผr interessierte Holocaust-Leugner aus der ganzen Welt bis etwa 2009.
Wer sich unterdessen von Leipzig aus auf das โvorkonstitutionelleโ Recht vor der Grรผndung der Bundesrepublik beruft und Klassiker wie โDas jรผdische Gaunertumโ oder โDie jรผdische Weltpestโ ebenso im Angebot hat, wie neuestes deutsches Schrifttum zum โVolkstodโ ist der Verlagsinhaber Adrian Preiรinger. Und der gesamte Onlinebuchhandel findet auf einer Netz-Domain statt, welche auf einen gewissen Henry Hafenmayer registriert ist.
Wรคhrend Preiรinger nach mehreren รผbereinstimmenden Medienberichten am 19. Dezember 2002 am Landgericht Dresden wegen Volksverhetzung zu drei Jahren Haft verurteilt wurde und sich lange Jahre mit dem Verkauf einschlรคgiger Szeneliedern beschรคftigte, gab Schelm und Domaininhaber Henry Hafenmayer einem Mann namens John de Nugent ein beeindruckendes Interview. Welches dieser Anfang 2016 ins Netz stellte, wo man sich den nรคrrischen Hintergrund der ganzen Sache bis heute anhรถren kann. (Hinweis vom 3. April 2018, das Video ist gelรถscht. Die Redaktion)
Drei Schelme
Der US-Amerikaner de Nugent, selbst Betreiber der rechtsextremen Webseite MZW โMut zum Widerstandโ im Vorwort zu seinem Interview mit Henry Hafenmayer: dieser habe โhunderte von Briefen mitsamt Belegvideos an wichtige Menschen in Deutschland im November und Dezember 2015 verschickt โฆ, wo die jรผdische Holocaustlรผge als Riesenschwindel entlarvt, die Asylantenflut als eine volkstรถdliche Invasion bloรgestellt und die Beamten und VIPs vor der gerechten Rache der Volksjustiz gewarnt werden.โ
Einer Darstellung, welcher Hafenmayer zustimmt, womit man sich in der Holocaust-Leugnung schon einmal einig ist. Jeder halbwegs denkende Mensch, der sich wirklich mit der Thematik beschรคftigt, mรผsse laut Hafenmayer ja zu einem anderen Schluss kommen: โDie Menschen verstehen nicht, dass durch diese Riesenlรผge die Vรถlker in Schach gehalten werden sollenโ, so Hafenmayer รผber den Holocaust. Besonders die Deutschen seien davon betroffen.
Wie auch vom drohenden Volkstod โ den โBlutsfrรผhlingโ, den Schelm Hafenmayer zu diesem Zeitpunkt fรผr 2016 kommen sieht โ wenn โdie einkasernierten Flรผchtlinge auf die Straรen strรถmenโ werden. Wenn also die (deutschen) Menschen nicht erwachen, werden sie sterben, so der bekennende Ostdeutsche, mit einem 10-Klassenabschluss und anschlieรender โEigenbildungโ.
Er, John de Nugent wiederum, gibt im Interview noch bekannt, dass hochrangige Offiziere in heutigen Armeen durch Kinderschรคndung, Satansanbetung und Blutrituale ihre Treue bewiesen haben mรผssen, bevor sie als treu gelten. Hafenmayer bestรคtigt dies auch fรผr alle Politiker, die derzeit in hรถheren Positionen sind. Wie alt die Bande so sind in Schelmenkreisen, zeigt das freimรผtige Bekenntnis Nugents, auch mit Manfred Roeder, mittlerweile verstorbenes ehemaliges NPD-Mitglied, verurteilter Holocaustleugner und Volksverhetzer, befreundet gewesen zu sein.
Da bleibt vielleicht nur noch zu sagen: Ein Schelm ist eine Bezeichnung fรผr einen Witzbold oder Spaรvogel, der auf scherzhafte Art das unmรถglich Scheinende zu vollbringen vorgibt und daraus seinen Vorteil zieht. Der Verkauf von Hitlers โMein Kampfโ jedenfalls scheint zu rollen.
Alle zwei Bรคnde gibt es hier in einem Band fรผr gerade einmal 30 Euro. Lieferfristen von acht Tagen deuten auf groรen Zuspruch hin. Vielleicht hat die Staatsanwaltschaft Leipzig aber auch schon was bestellt. Diese Schelme.
Update am 3. April 2018: Seit Ende 2016 verantwortet nunmehr Verlagsinhaber Adrian Preiรinger auch die Domain selbst.
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Ahja โ wenn ich diese โSchelmeโ also als Arschlรถcher bezeichnen will, muss ich nur dazusagen, dass es sich um eine Beleidigung handelt, die ich mir natรผrlich auf keinen Fall zu Eigen macheโฆna gut. Wenn das in deren Kreisen so รผblich ist โ ich bin ja anpassungsfรคhig (ein โSchelmโ, wer bรถses dabei denkt^^).
Den Rest denk ich mir, ein bisschen Erziehung ist noch รผbrig.