Terror ist ein Geschäft. Es waren keine politischen Visionäre, die 2001 die Kriegsmaschine gegen Afghanistan und wenig später den Irak in Gang setzten, sondern knallharte Vertreter des Big Business. Wer die Bush-Regierung vor dem 9. September 2001 erlebte, der sah sie hektisch nach einem Grund suchen, gegen einen der Staaten aus der „Achse des Bösen“ einen Krieg vom Zaun zu brechen. Da kam der Terroranschlag auf das World Trade Center wie gerufen.

Und die Maschine lief an. Und das Geld floss in Strömen. Das wird selten bis nie erzählt, wie Kriege als große Bereicherungsmaschine funktionieren. Wer eine Aktie an einem Unternehmen hat, das kriegswichtige Güter produziert, scheffelt sich die Taschen voll. Wirklich belastbare Zahlen, was die beiden Kriege in Afghanistan und im Irak tatsächlich gekostet haben – und zwar vor allem den us-amerikanischen Steuerzahler – gibt es nicht. 2008 hatten die beiden amerikanischen Ökonomen Joseph Stiglitz und Linda Bilmes die Zahl von 3 Billionen US-Dollar genannt. Allein für den Irak-Krieg.

Und da ist die Zerstörung der irakischen Infrastrukturen und staatlichen Unternehmen noch nicht drin. Von der Zerstörung seiner wirtschaftlichen Strukturen hat sich der Irak bis heute nicht erholt. Dafür wurde er für die Fanatiker innerhalb der radikalen islamischen Strömungen zum Fanal. Selbsternannte Führer der verschiedensten paramilitärischen Gruppen riefen zum Dschihad auf und die Zahl der Männer, die sich nun als Helden in einem Heiligen Krieg ein Plätzchen im Himmel verdienen wollten, stieg damals schon auf geschätzte 100.000. Das hat sich mit dem Aufkommen des IS noch verstärkt.

Man führt nicht eben mal Krieg gegen ein unliebsames Land und seinen ungeliebten Herrscher, ohne dass man dabei ein labiles Kräftegleichgewicht zerstört. Und das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten ist seit Jahrzehnten labil. Die Vorgänger von George W. Bush wussten das – selbst sein Vater, der Anfang der 1990er Jahre den 1. Irakkrieg führte und die Truppen schleunigst wieder abzog, nachdem das wichtigste Ziel – die Befreiung Kuwaits – erreicht war. Jeder amerikanische Präsident wusste, dass er hier mit dem Feuer spielte.

Schon 2001 prangerte die indische Schriftstellerin Arundhati Roy („Der Gott der kleinen Dinge“) die scheinheilige Politik des amerikanischen Präsidenten und seiner obskuren „Allianz der Willigen“ an. Für Aufsehen sorgte sie, als sie Bush selbst zum Terroristen erklärte. Weder die Afghanen noch die Iraker hatten die USA angegriffen. Die USA machten einfach, was ihnen seit den Zeiten von Theodore Roosevelt immer wieder vorgeworfen wurde: Sie spielten den selbsternannten Weltgendarmen. Roosevelt hatte das damals die Politik des großen Knüppels genannt: Big Stick.

Arundhati Roy zählte all die Länder auf, wo die USA im 20. Jahrhundert militärisch eingegriffen hatten, um ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Und sie merkte etwas an, was heute aus der Berichterstattung vollkommen verschwunden ist: wie diese Eingriffe nicht nur wirtschaftliche Grundlagen dauerhaft zerstörten und Staaten zu demolierten Gebilden machten. Sie sorgten auch dafür, dass die Wut wuchs in den betroffenen Ländern – und zwar gerade dort, wo dem „chirurgischen Eingriff“ keine Stabilisierung und kein demokratisches Blütenfest folgten, sondern blanke Armut: „Die Anschläge vom 11. September waren die monströse Visitenkarte einer aus den Fugen geratenen Welt. Die Botschaft könnte, wer weiß, von Osama bin Laden stammen und von seinen Kurieren übermittelt worden sein, aber sie könnte durchaus unterzeichnet sein von den Geistern der Opfer von Amerikas alten Kriegen.“

Könnte man fragen: Ist nun diesen neuen Kriegen irgendeine Art Stabilisierungspolitik für die zerstörten Regionen gefolgt? Irgendeine Art Plan, zerstörtes Vertrauen wieder aufzubauen, wirklich ehrliche Handelsbeziehungen herzustellen und dem Niedergebombten wieder auf die Füße zu helfen?

Was könnte man eigentlich mit 3 Billionen Dollar alles anfangen, wenn man sie nicht für Kriegsgerät, sondern für Straßen, Schulen und Krankenhäuser ausgeben würde? Das wäre das Gegenteil von Terrorismus.

Doch es passiert nicht. Wenn es um humanitäre Hilfe und echte Aufbauunterstützung geht, versagen die westlichen Regierungen. Auch weil die Kriege und dann die selbstverschuldete Finanzkrise die finanziellen Spielräume aufgebraucht haben.

Die Zwischenfrage: Haben eigentlich die Länder der westlichen Welt die moralische Pflicht, wieder zu reparieren, was sie in den Krisenregionen zerstört haben? Und auch die politische Pflicht, weil sie damit erst Regionen erzeugt haben, in denen kriminelle und terroristische Banden sich tummeln können?

Das lassen wir hier einfach mal als Frage stehen.

Denn Terrorismus ist auch völlig fehlende Empathie für den anderen.

Und das hat – wie Arundhati Roy schon 2001 betonte – immer zwei Seiten.

Buchtipp: Arundhati Roy „Die Politik der Macht“, btb, 2002

Gedanken über Terror und Angst, Teil 3
Die modernen Medien machen den Terror erst zur Droge der Angefixten

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