Schlimm. Junge Menschen lesen immer weniger. Vor allem die auf Zigarettenschachteln aufgedruckten Warnhinweise werden von den Nikoteenagern zunehmend ignoriert. Vielen sagen diese enigmatischen Buchstabenkombinationen einfach nichts mehr. Höchste Zeit also, gesetzlich nachzubessern: Von nun heißt es, rote Gauloises und Co. nur noch im Verbund mit dem Bildchen von schlecht erhaltenen Körperteilen ausgehändigt zu kriegen, obwohl man es so genau nun auch wieder noch nicht weiß.
Fakt ist: Man will dem Raucher, der Wurzel allen gesellschaftlichen Übels, ein weiteres Raucherbein stellen. Früher hat man das Stellvertreter-Krieg genannt, heute nennt man es wohl Vorsorge. Man wünschte sich, die staatliche Besorgnis griffe auch auf TTIP-Ansinnen, Glyphosat-Genuss und absurde Milchpreise über. Aber das sind Petitessen.
Aber wir dürfen die Zigarette nicht am falschen Ende anbrennen, deshalb ein klares Wort: Es mag für den einen oder anderen nicht immer zur Steigerung des Wohlgefühls gereichen, wenn der quarzende Mitmensch in der Morgenstund nicht das übliche Gold im Munde führt, sondern die erste Kippe. Morgens ist die Nase immer noch ein bisschen empfindlich. Aber da kann man ja auch mal wegriechen. Oder einfach nach Hause gehen.
Mir jedenfalls geht diese seit Jahren grassierende Hysteriespirale, die man schubartig um die Raucher zu winden gewillt ist, nicht nur ihrer Fadheit wegen gehörig auf den Zünder, sondern auch aufgrund ihrer beispiellosen Absurdität: Denn dass die nun seit geraumer Zeit üblichen Warnhinweise auf Zigarettenschachteln zu nichts führen als zu ellenlangen Kolumnen kettenrauchender Kolumnisten über just jene Warnhinweisschildchen, ist mittlerweile hinlänglich bekannt.
Es ist jedoch nicht nur deren Nutzlosigkeit, die zu beklagen ist, sondern auch deren sprichwörtliche Kontraproduktivität: Selbst bei arglosesten Nichtrauchern wie mir rufen die tantigen Sprüche wie „Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit“ derartige Aggressionen hervor, dass ich fast darüber nachzusinnen beginne, mit dem Rauchen anzufangen.
Außerdem besitze ich seit frühester Jugend einen ausgeprägten Hang zu Männern, deren Stengel regelmäßig glüht, eine Konditionierung, die sich wohl auch durch Fotos auf Zigarettenschachteln kaum beseitigen ließe.
Genauso gut könnte man versuchen, seine Weihnachtsmarktsucht mit Bildern von Ottfried Fischer auf den Plätzchentüten in den Griff zu kriegen.
Sehen Sie: Es ist aussichtslos.
Jetzt ist aber noch nicht Weihnachten, sondern Frühsommer und die Sonne lacht verdächtig über Deutschland. Zeit für eine kleine Radwanderung. Als Frau kann ich mich dieser Art Ertüchtigung besonders unbesorgt hingeben. Für Männer ist es ja leider nur der halbe Spaß.
Denn Obacht: Fahrradfahren kann impotent machen.
Immerhin entfiele damit die Zigarette danach.
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