Mit ihrer Kunstaktion mit dem mahnenden Moses weist die Giordano-Bruno-Stiftung seit 2014 bei Katholiken- bzw. (evangelischen) Kirchentagen auf die Millionen-Subventionen der öffentlichen Hand für die Veranstaltungen hin. Auch zum 100. Deutschen Katholikentag hatten sich die Akteure mit ihrem Moses angemeldet. Aber dann wollten die Veranstalter des Katholikentages die Skulptur nicht in ihrem Gelände sehen und sprachen ein „Hausverbot“ aus.

Als die Aktiven am Freitag, 26. Mai, in der Nähe des Veranstaltungsgeländes demonstrierten, erteilte der Veranstaltungsleiter des Katholikentags den Aktiven ein „Hausverbot“. Wörtlich sagte er: “Die katholische Kirche möchte das auf ihrem Grund und Boden nicht haben!“ Dies drohte er auch mit Polizeigewalt durchzusetzen, teilen die Kunst-Akteure mit.

Maximilian Steinhaus, Sprecher der Aktionsgruppe „11. Gebot“ merkt an: “Die Wortwahl ist interessant, denn sonst wird die Kirche nicht müde zu betonen, dass es sich bei den Katholikentagen ja angeblich um Laienveranstaltungen handle, die von der Kirche unabhängig seien.”

David Farago, Initiator der Kunstaktion, ergänzt: „Dies zeigt einmal mehr, dass es sich bei dem Versprechen des Katholikentags, den Dialog mit Andersdenkenden zu suchen, nur um eine leere Worthülse handelt.“

Die von den Aktivisten zuvor eingeholte Versammlungsgenehmigung stellte die Stadt unter den Vorbehalt, dass dem Katholikentag für die von ihm genutzten Plätze ein „Hausrecht“ übertragen worden sei und man sich daher dessen Einverständnis einholen müsse. Das sei nicht wirklich mit dem Recht vereinbar, stellte nun des sächsische Oberverwaltungsgericht fest. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht in Leipzig den Antrag von „Das 11. Gebot“ abschlägig beschieden – aber vor allem aus Sicherheitsbedenken heraus.

„Das 11. Gebot“ hatte noch am Freitag Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Leipzig mit der Begründung eingereicht, dass dem Veranstalter des Katholikentags kein umfassendes “Hausrecht“, sondern lediglich ein Sondernutzungsrecht für die Innenstadt erteilt werden könne.

Auf diese Argumentation ging das Verwaltungsgericht nur bedingt ein. Stattdessen verwies es darauf, dass der Katholikentag bereits langfristig geplant habe und sich daher auf ein „vorrangiges Nutzungsrecht“ berufen könne. Damit unterstellt das Gericht fälschlicherweise, dass die Aktiven das unmittelbare (teilweise abgesperrte) Veranstaltungsgelände betreten wollten.

„Tatsächlich wollen wir aber lediglich auf dem öffentlichen und für jedermann zugänglichen Bereich der angrenzenden Straßen und Plätze protestieren“, erklärt David Farago.

Symptomatisch für die Privilegierung der christlichen Kirchen in Deutschland sei die Überlegung des Verwaltungsgerichts, dass dem Katholikentagsveranstalter die Religionsfreiheit aus Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetzes zur Seite stehe. Dies erlaube eine Beschränkung der ihrerseits den Aktiven vom 11. Gebot zustehenden Versammlungsfreiheit. Dabei sei jedoch vollkommen ignoriert worden, dass auch die Aktiven ein zweites Grundrecht in die Waagschale werfen können – die Kunstfreiheit, so die Akteure von „Das 11. Gebot“. Die sich natürlich mit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zufrieden gaben. Sie zogen also vors OVG.

Denn das Gericht habe ja auch übersehen, dass mit der Aktion auch die Besucher des Katholikentags erreicht werden sollen. Dies gelinge aber nur unzureichend, wenn man die Aktiven nicht einmal am öffentlichen Rand der Veranstaltungsplätze demonstrieren lasse.

In der Sache hat nun das OVG den Kunstmachern von „Das 11. Gebot“ Recht gegeben. Einziges Problem sei just der Auflagenbescheid der Stadt Leipzig, die den Machern von das „11. Gebot“ auferlegt hatten, sich mit dem Erstanmelder für die Sondernutzungsflächen, dem Katholikentag, ins Einvernehmen zu setzen und sich dessen Genehmigung einzuholen.

Was eigentlich schon zeigt, dass das Problem eher im Leipziger Ordnungsamt zu suchen ist, das so (indirekt) den Katholikentag tatsächlich zum „Hausherren“ gemacht hat. Beim „11. Gebot“ ist man sich sicher, dass das so rechtlich überhaupt nicht haltbar ist. Notfalls werde man auch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, um die Durchführung der Kunstaktion wieder zu ermöglichen, versichert David Farago.

Die Kunstaktion wird getragen von der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs).

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