Wenn Sozialbürgermeister Thomas Fabian und Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst zur Infoveranstaltung über die Unterbringung von Geflüchteten laden, kann es schon mal hoch hergehen. In der Vergangenheit ließen Bürger ihren rassistischen Ansichten teils freien Lauf. Bei der Diskussion zum Bauvorhaben auf dem Barnet-Licht-Platz in Reudnitz-Thonberg ging es gemäßigter zu. Sorgen bereitete vor allem die Parkplatzsituation.
Direkt gegenüber der Thonberg-Klinik und dem Technischen Rathaus befindet sich der Barnet-Licht-Platz. Auf der in städtischem Eigentum befindlichen Fläche sollen innerhalb der kommenden Monate vier Wohnhäuser in Systembauweise entstehen. Bis zu 306 Geflüchtete sollen voraussichtlich ab dem 1. September dort wohnen können. Jeweils zwei Personen werden sich einen Schlafraum teilen.
Informationen wie diese verkündete Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst am Mittwochabend im Rahmen einer Infoveranstaltung in der Aula der Franz-Mehring-Grundschule in Stötteritz. Es war der routinierte Ablauf: Zunächst nannte Sozialbürgermeister Thomas Fabian die Rahmendaten: Mehr als 5.000 Geflüchtete leben derzeit in Leipzig, wo sie gemäß Unterbringungskonzept von 2012 möglichst dezentral wohnen sollen – in Anbetracht der rasant gestiegenen Zahlen sei dies zuletzt jedoch nur noch in geringerem Maße möglich gewesen. Im Moment lebt weniger als ein Drittel von ihnen in eigenen Wohnungen.
Anschließend ging Kador-Probst auf die spezifischen Bedingungen vor Ort ein. Dabei erwähnte sie auch, dass sechs Sozialarbeiter sowie rund um die Uhr ein Wachdienst zur Verfügung stehen sollen – sowohl für die Bewohner als auch für andere Menschen. Die Stadt werde die Systembauten erwerben und mindestens für drei Jahre als Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete nutzen. Der Träger der Einrichtung stehe noch nicht fest.
Die etwa 150 anwesenden Personen im Publikum bekamen im Anschluss mehr als eine Stunde lang Gelegenheit, sich zu äußern. Einige beklagten, dass ohne vorherige Ankündigung Bäume auf dem Gelände gefällt worden seien – andere hätten sich generell mehr Mitsprache bei der Standortwahl gewünscht. Zusammen mit den Unterkünften in der Riebeckstraße, auf der Alten Messe und an der Deutschen Nationalbibliothek gebe es eine hohe „Konzentration“ in dieser Gegend. Fabian und Kador-Probst entgegneten, dass eine möglichst zentrale Lage die Integration der Geflüchteten erleichtere und gute Objekte nur noch schwer zu finden seien.
Ein zentrales Anliegen vieler Anwesender war die Parkplatzproblematik. Schon jetzt sei es für Anwohner und Patienten der Notfallaufnahme schwierig, einen Parkplatz zu finden, da die zahlreichen Mitarbeiter des Technischen Rathauses diese blockierten. Die Bebauung des Barnet-Licht-Platzes würde diese Situation noch weiter verschärfen, so der Tenor. Auch der Stadtbezirksbeirat Südost hätte darauf bereits aufmerksam gemacht, äußerten anwesende Vertreter. Fabian erklärte, einen Vorschlag zu prüfen, wonach ein nahe gelegenes Parkhaus auf der Alten Messe eventuell stärker genutzt werden könnte.
Aber auch die von vielen anderen Infoveranstaltungen bekannten Äußerungen fehlten nicht. So beschwerte sich eine Frau, die in direkter Nachbarschaft zur Gemeinschaftsunterkunft in der Riebeckstraße wohnt, dass es dort häufig Schlägereien und Lärmbelästigungen gebe. Als Mitarbeiterin im Justizapparat wüsste sie zudem, dass Geflüchtete viele Straftaten begingen. Kador-Probst entgegnete, dass ihr von solch gewalttätigen Zwischenfällen dort nichts bekannt sei. Wer in einer Großstadt zentrumsnah wohne, müsse zudem mit einer erhöhten Lautstärke rechnen – das sei nicht nur im Umfeld von Asylheimen so. Andere Anwesende im Publikum, die ebenfalls nahe der Unterkunft wohnen, widersprachen der Frau ebenfalls: Sie hätten mit den Geflüchteten keine negativen Erfahrungen gemacht.
Eine andere Frau äußerte, dass sie sich kaum noch allein auf die Prager Straße traue. Ein anderer im Publikum erwiderte: „Wenn da so viele Rassisten wohnen, hätte ich auch Angst, allein unterwegs zu sein.“ Doch selbst diese beiden Äußerungen vermochten die Stimmung an diesem Abend nicht ernsthaft zum Kochen zu bringen. Die wütenden Zwischenrufe, abfälligen Gesten und wüsten Entgleisungen, die an anderen Abenden schon zu erleben waren, blieben diesmal aus.
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