Herr F., Sie schreiben uns dieser Tage: "Seltsam ist es schon in Leipzig keiner geht auf die Strasse um Gewalt zu stoppen . Aber die Meinungsfreiheit gilt nicht fรผr pegida oder legida sie gilt nur fรผr die anderen und wenn sie dies mit Gewalt tun dann stรถrt sich kein Bรผrger." Normalerweise falten wir aus solchen Wortmeldungen Papierflieger und lassen sie fliegen. Aber manchmal fรผhle ich mich doch geneigt, zu so einem Gejammer meine Meinung zu sagen.

Denn sie behaupten ja auch noch mit kรผhner Brust: โ€œVerlogen wรคre untertriebenโ€. Natรผrlich gibt es mehrere Mรถglichkeiten: Entweder sind Sie echt und denken tatsรคchlich so. Wofรผr ja die unglaubliche Grammatik spricht: Falsche Satzstellungen, lauter Komma-Fehler (vier Stรผck plus fehlendes Satzzeichen am Ende), vรถlliges Durcheinander bei GroรŸ- und Kleinschreibung.

Es kann auch sein, Sie sind unecht und machen sich einen SpaรŸ, die Welt mit so einem Unfug zu beglรผcken. Aber es lรคuft auf Dasselbe hinaus. Und das ist sichtlich eine Kunst. Nรคmlich dann, wenn es Ihnen gelingt, in diesen zweieinhalb Sรคtzen nicht nur ein rundes Dutzend Rechtschreibfehler unterzubringen, sondern auch noch genau fรผnf Falschbehauptungen. Alle Achtung.

Wenn wir nicht wรผssten, dass das in Ihren Kreisen der Normalzustand ist, wรผrden wir natรผrlich gewaltig erschrecken.

Das hier sind die fรผnf falschen Erkenntnisse Ihrerseits:

1. Keiner geht auf die StraรŸe, um Gewalt zu stoppen.

2. Meinungsfreiheit gilt nicht fรผr PEGIDA und LEGIDA.

3. Sie gilt nur fรผr die anderen.

4. Wenn sie das mit Gewalt tun, stรถrt sich kein Bรผrger.

5. Verlogen.

Nun ist es durchaus mรถglich, dass Sie tatsรคchlich nichts anderes wissen, was dann mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Meinungsblase liegt, in der sie leben und von der sie glauben, dass diese Meinungen in irgendeiner Form die Wirklichkeit abbilden, wie sie ist. Ihr Problem ist โ€“ und da sie PEGIDA und LEGIDA erwรคhnen, wird es wohl zutreffen โ€“ dass sie in den Informationsblasen dieser in sich geschlossenen Welt zu Hause sind und nur (wie andere ihrer Meinungskollegen auch) ab und zu erschrecken, dass andere Leute, seriรถse Medien zum Beispiel, etwas vรถllig anderes erzรคhlen, als eben dies, was Sie sich in Ihrer Meinungswolke jeden Tag erzรคhlen. Ihr Problem ist die Informationsblase, in der Sie leben. Das fรผhrt leider nicht nur dazu, dass Sie mit der Wirklichkeit und den dort zu beobachtenden Vorgรคngen heillos รผberfordert sind und nun glauben, uns erklรคren zu mรผssen, dass die Welt so ist, wie Sie und ihre traurigen Mitstreiter sie sehen.

Das fรผhrt wohl auch genau zu dieser โ€“ geben Sie es doch zu โ€“ jรคmmerlichen AuรŸenseiterhaltung, die Sie einnehmen, dieser wehleidigen Anklage, dass augenscheinlich ausgerechnet Ihre Meinungsfreiheit beschnitten ist, obwohl Sie im letzten Jahr praktisch Woche fรผr Woche mit ihren komischen Sprรผchen durch die Stadt latschen durften (und wenn Sie in der Lage sind, die Suchfunktion der L-IZ zu benutzen, werden Sie sehen, wie oft wir darรผber berichtet haben). Meinungsfreiheit gilt also auch fรผr Sie. Aber Ihr Irrtum ist, dass Sie glauben, alle anderen mรผssten auch Ihrer Meinung sein oder sich Ihre Meinung einfach gefallen lassen. Wir zum Beispiel (und ich spreche da fรผr mich und meine Kollegen bei dieser Zeitung) teilen keine einzige Ihrer Meinungen. Nicht weil wir denken, Sie wรผrden verboten gehรถren, sondern weil wir sicher sind, dass sie falsch sind, auf falschen Daten und auf falschen Behauptungen beruhen.

Wir glauben sogar, dass Ihre Meinungen im gesellschaftlichen Diskurs keinen Sinn machen, sondern nur fรผr heillose Verwirrung sorgen und ร„ngste schรผren. Ich halte es sogar fรผr wahrscheinlich, dass Sie und Ihre Meinungsgenossen sich in Ihrer kleinen, engen Kapsel gegenseitig aufschaukeln in Frust und Zorn und Angst โ€“ und das รผber Dinge, von denen Sie in der Regel keine Ahnung haben, aber jede Menge Meinung. Und wenn Sie sich dann so richtig in Zornesrรถte hineingedacht haben, dann kommt Ihnen die ganze Welt sehr ungerecht vor, weil die โ€œanderenโ€ (Welche anderen Sie meinen, verraten Sie ja nicht โ€“ vielleicht die Philatelisten? Oder noch schlimmer: die Onkologen!) augenscheinlich dรผrfen, was Sie nicht dรผrfen (obwohl Sie und ihre Freunde ja unรผbersehbar mit ihren freien Meinungen derzeit omniprรคsent sind auf allen Kanรคlen) โ€“ nรคmlich eine Meinung รคuรŸern zu dรผrfen.

Dรผrfen Sie doch aber. Niemand beschneidet Ihnen das Recht.

Aber in einer freien Gesellschaft (die wir noch haben) gilt nun einmal auch, dass man die Meinung der anderen (das berรผhmte Luxemburg-Zitat sollten Sie vielleicht kennen) nicht nur akzeptieren, sondern auch aushalten muss. Und wenn man eine so verquere Meinung hat wie Sie, dann mรผssen Sie auch aushalten, dass Sie dazu eine Menge Gegenwind bekommen.

Denn es gibt eben in dieser etwas grรถรŸeren und etwas komplexeren Welt eine Menge Leute, denen geht Ihr Geschwurbel, Gebarme und Gejammer einfach schrecklich auf den Keks, weil es nichts, aber auch reineweg gar nichts zur Lรถsung der heutigen Probleme beitrรคgt. Sie leiden also sichtlich unter eingeschrรคnkter Wirklichkeitswahrnehmung und unter heftiger Konfliktunvertrรคglichkeit.

Was vielleicht daran liegt, dass Sie gerade zum ersten Mal ihre heimelige Wohnstube mit dem rรถhrenden Hirsch und dem geliebten Mokka-Service in der Vitrine verlassen haben und sich wundern, dass Ihre Meinung, die an Ihrem Stubentisch alles gilt, hier drauรŸen in der raueren Wirklichkeit auf heftigste Ablehnung stรถรŸt. Sicher kommen Sie mit ihrem Stubentisch besser zurecht als mit uns, die wir es durchaus bevorzugen, die Dinge von mรถglichst allen Seiten zu betrachten. Und vor allem nicht Woche fรผr Woche und Monat herumzujammern, weil niemand mit uns spielen will.

Brauchen Sie jetzt ein Taschentuch? Wir lassen gerade welche drucken mit der hรผbschen Botschaft: โ€œGrรคm dich nicht. Du kannst ja nichts dafรผr.โ€

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

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Den hab ich glatt zweimal gelesen, wahrscheinlich muss ich selbst beim dritten mal genauso breit grinsen wie beim ersten. Danke. :0)))))
P.s.: Ich hรคtt noch ein paar gebrauchte Taschentรผcher da. Falls ihr sammelt โ€“ ich bin dabei. ;0)

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