Erst nach sechs Wahlgรคngen wurde im vergangenen Sommer Carsten Rentzing zum Bischof der sรคchsischen Landeskirche gewรคhlt. Als Lieblingskandidat konservativer Gemeinden war er umstritten, besonders auch in Leipzig. Im Interview mit der L-IZ geht es um die Glaubwรผrdigkeit der Landeskirche, den gesellschaftlichen Auftrag von Kirche im Blick auf Flรผchtlinge und Pegida / Legida sowie um Erwartungen an Muslime.
Die Landesbischรถfin Ilse Junckermann hat erklรคrt, dass die Teilnahme an AfD-Demos unvereinbar sei mit dem Glauben. Wรผrden Sie das so unterschreiben โ vielleicht auch im Blick auf andere Veranstalter, etwa Pegida hier in Dresden?
Ich wรผrde es nicht so formulieren. Das muss ich sagen, obwohl ich zu verstehen glaube, was sie meint. Sie meint, dass auf bestimmten Demonstrationszรผgen menschenverachtende รuรerungen getรคtigt werden, eine gewalttรคtige Sprache herrscht vor, die Wรผrde des Menschen wird angetastet, durch Sprรผche und handgreiflich. All diese Dinge mรผssen und werden wir immer als Kirche geiรeln โ und zwar auf jeder Demonstration. Aber meines Erachtens wรคre es zu kurz gegriffen, das so pauschal zu formulieren. Wir leben in einem freien Land. Solange bestimmte Grundprinzipien des Miteinanders nicht verletzt werden, haben wir als Kirche nicht das Recht, pauschal zu verdammen. Allerdings รคndert das รผberhaupt nichts daran, dass wir jede menschenverachtende รuรerung, bei welcher Demonstration auch immer, massiv bekรคmpfen werden. Das teilen wir auch unseren Gemeindemitgliedern immer wieder mit.
Wir haben das, was bei Legida geschieht, sehr klar verurteilt. Und das trifft dann auch die, die solchen รuรerungen applaudieren. Und es trifft auch die, die solche รuรerungen unwidersprochen stehen lassen.
Mit der Lichterkette haben die Leipziger Kirchen eine deutliche Parteinahme gezeigt.
Ja, aber es ging da auch nicht um eine Demonstration einer politischen Partei, รผber die man geteilter Meinung sein kann, sondern es war eine Legida-Demonstration. Und dazu haben wir uns als sรคchsische Landeskirche sehr eindeutig geรคuรert, auch auf meinen ausdrรผcklichen Wunsch hin. Wir haben das, was bei Legida geschieht, sehr klar verurteilt. Und das trifft dann auch die, die solchen รuรerungen applaudieren. Und es trifft auch die, die solche รuรerungen unwidersprochen stehen lassen. Insofern herrscht da vรถllige Klarheit. Die Kirche muss รผberall wachsam sein und muss deutlich machen, was mit dem christlichen Glauben vereinbar ist und was nicht.
Sie konnten leider in der Nikolaikirche in Leipzig kein Gruรwort sprechen, weil Sie da erkrankt waren.
Das war eine schwierige Situation, weil ich ausdrรผcklich darum gebeten hatte, dass die Termine in Leipzig so gelegt werden, dass wir alle am Friedensgebet teilnehmen konnten. Ich hatte das fest vor und konnte auch die anderen davon รผberzeugen, dass das jetzt notwendig wรคre. Ich wollte auch sehr gerne an dieser Lichterkette teilnehmen. Das ist eine Sprache, die mir gefรคllt: Wir verdammen nicht. Wir halten stattdessen ein Friedensgebet. Wir bringen eine positive Botschaft in die Stadt hinein. Wir zeigen, was der Weg ist, den unser Herr Jesus Christus vorzeichnet.
Die CDU in Leipzig nahm nicht teil, unter anderem aus der Befรผrchtung heraus, dass damit Legida unnรถtig Beachtung bekรคme. Wie sehen Sie das?
Es war eine ernsthafte Frage fรผr uns, ob wir Legida durch diese Gegenbewegung unnรถtig aufwerten. Ich kann das nicht ganz einschรคtzen. Wir wollen keine Dinge groรreden. Aber mit der Lichterkette hatten wir ein positives Zeichen fรผr Leipzig gesetzt. Wir wollen Frieden fรผr diese Gesellschaft, denn die Probleme, um die es geht, kรถnnen wir nur gemeinsam lรถsen. Wir brauchen die ganze Gesellschaft, um eine Million Flรผchtlinge zu integrieren. รber die Details kรถnnen wir streiten. Die zentrale Frage ist fรผr uns als Kirche die Menschlichkeit: Hilfe denen geben, die unsere Hilfe brauchen. Wie man das dann lรถst, ist eine politische Frage.
Ich will nur sagen, es geschieht sehr viel von dem, was sich die Aktiven in Leipzig wรผnschen. Ich sehe es also nicht so pessimistisch.
Gerade in Leipzig sind viele Pfarrer und Christen insgesamt in der Flรผchtlingsarbeit engagiert. Dabei gibt es auch Anfragen, ob Sie nicht stรคrkere Unterstรผtzung geben kรถnnen.
Es kommt eigentlich stรคndig die Aufforderung, sich hier und da stรคrker einzubringen. Gerade deshalb aber war uns der Montag wichtig, um zu zeigen, dass wir auch als hohe Reprรคsentanten der Landeskirche aktiv dabei sind. Es ist ein รถffentliches Signal der Ermutigung, deshalb wรคre ich auch sehr gerne dabei gewesen. Ich empfinde es allerdings insgesamt nicht so, dass die Unterstรผtzung fehlt. Wir haben uns immer wieder sehr dezidiert dazu geรคuรert. Wir haben die Kanรคle, die sich uns bieten, genutzt. Aber was in Dresden wahrgenommen wird, wird in Leipzig nicht wahrgenommen. Gleiches gilt umgekehrt. Das sind unterschiedliche Wahrnehmungswelten. Ich will nur sagen, es geschieht sehr viel von dem, was sich die Aktiven in Leipzig wรผnschen. Ich sehe es also nicht so pessimistisch. Ich gebe aber zu, es ist nicht verkehrt, bedrรคngt zu werden. Ich weiร nicht, ob wir mit demselben Nachdruck unsere Termine umgelegt hรคtten, wenn wir nicht gehรถrt hรคtten, dass ein deutliches Zeichen der Unterstรผtzung von der Landeskirche gewรผnscht wird.
Im dritten Teil geht es um die Konflikte der Landeskirche, den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren und die Finanzen.
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