Gleich am ersten Montag des neuen Jahres plant Legida eine weitere Versammlung auf dem Richard-Wagner-Platz. In Leipzig wäre es von dieser Organisation bereits die 30. dieser Art. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ lädt zum Neujahrsempfang in Sicht- und Rufweite. Gemeinsam teilt man sich heute den Richard-Wagner-Platz.
+++ 22:05 Uhr: Zum Abschluss ein kleines Legida-Defilee +++
+++ 21:50 Uhr: Das Geschehen aus Sicht der Polizei +++
„Versammlungsgeschehen um LEGIDA am 4. Januar 2016: Auch im neuen Jahr sollte das Versammlungsgeschehen um „Legida“ in Leipzig weiter gehen. Am 4. Januar versammelten sich in der Innenstadt auf dem Richard-Wagner-Platz Sympathisanten der Gruppierung „Legida“ zu einer Kundgebung mit Anschließendem Marsch über den Westring bis zum neuen Rathaus und zurück. Zeitgleich sollten mehrere Versammlungen und Kundgebungen, unter anderem der Initiative „Leipzig nimmt Platz“, einem Friedensgebet in der Thomaskirche und Mahnwachen um Leipziger Stolpersteine stattfinden.
Drei der Gegenveranstaltungen fanden jedoch nicht statt, da sie entweder abgesagt wurden oder aber sich keine Teilnehmer einfanden. Stattdessen fand vor der Nikolaikirche eine Spontandemo für eine der abgesagten Gedenkveranstaltungen mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmern statt.
Ab 18:00 Uhr trafen sich Versammlungsteilnehmer von „Legida“ auf dem Leipziger Hauptbahnhof, um von dort gegen 18:45 Uhr gemeinsam – unter Polizeibegleitung – zum Richard-Wagner-Platz zu gelangen. Wie geplant begann dann auf dem Versammlungsplatz, den die Legida-Teilnehmer sich dieses Mal mit Teilnehmern der Gegenveranstaltung „No Legida“ teilen mussten, gegen 19:00 Uhr der Redebeitrag von Markus Johnke.
Gegen 19:35 Uhr begann der Aufzug von „Legida“ über den Westring ohne nennenswerte Vorkommnisse, um gegen 20:20 Uhr wieder zurückzukehren. Gegen 20:30 Uhr wurde die Veranstaltung um Legida für beendet erklärt, woraufhin sich die Teilnehmer zu Fuß entfernten und teilweise den Heimweg in Richtung Hauptbahnhof antraten.
Der Individual- und Personennahverkehr konnte ab 20:40 Uhr wieder freigegeben werden. Unterstützt wurde die Leipziger Polizei am heutigen Abend durch Kräfte der Bereitschaftspolizei und des Polizeiverwaltungsamtes.“
+++ 21:05 Uhr: Feierabend in Leipzig – nächste Woche auf dem Augustusplatz? +++
Es kam dann doch wie erwartet (s.u.): Legida, namentlich Kevin, macht die Gegenseite für die Terroranschläge in Paris mitverantwortlich. Und Leipzigs Oberbürgermeister Jung trage Mitschuld für die Ausschreitungen am 12. Dezember in der Südvorstadt.
Johnke und Kevin und ein paar Themen aus der Konserve – mehr hatte Legida seinem Anhang heute nicht zu bieten. In der nächsten Woche möchte man sein einjähriges Bestehen feiern und zu diesem Zweck auf den Augustusplatz wechseln. Morgen Vormittag werde ein entsprechendes Kooperationsgespräch stattfinden. Unabhängig vom Standort darf Legida mit Unterstützung aus Dresden rechnen, da Pegida eine Pause einlegen möchte. Gleichzeitig laufen jetzt schon die Planungen für zahlreiche Gegenkundgebungen, sodass am kommenden Montag mit mehr als 400 Legida-Gegnern zu rechnen ist.
+++ 20:45 Uhr: Bachmann im Vorschau- und Rechtfertigungsfieber & ein Besuch in Leipzig +++
Lutz Bachmann macht den Propheten. 3 bis 4 Millionen „Asylanten“, die 2016 ins deutsche Haus stehen, er möchte da gern wetten. Kann man einfach mal so stehenlassen – über Menschenschicksale wetten wir ungern. Den § 130 Strafgesetzbuch findet Bachmann auch nicht mehr so gut, der wäre bei der Entstehung mal einfacher gewesen. Seltsam – das ist genau der Paragraf, der auch den Neonazis schon immer schwer auf den Magen schlug. Da Lutz Bachmann „das Monstrum“ nicht verlesen wollte, verlinken wir ihn mal, das Gesetz über den Tatbestand der Volksverhetzung zum Nachlesen.
Nach dem, was teilweise so auf Pegida-Seiten gepostet wird, ist die Haltung durchaus klar. Das böse Gesetz soll vor allem Minderheiten vor Diskriminierungen schützen – das sieht man hier nicht so gern. Allerdings, wenn es um einen selbst geht …?
Als Beweis für mediale Hetze hingegen gegen Pegida, welche nun pauschal gegen den Osten gerichtet sei, spielt Bachmann einen wirklich üblen Mitschnitt des Anrufes eines offenkundig verwirrten Mannes ein, der über Pegida herzieht und im Gipfel die Erschießung von Ossis fordert, dafür gar 1.000 Euro pro Treffer anbietet und die Mauer wiederhaben will. Im Furor der Beschimpfungen steht er dabei zwar manchen Redebeiträgen bei Pegida selbst kaum nach, aber das Zeichen für eine zunehmende Verrohung des Umgangs ist für Bachmann wieder Schuld der Presse. Komisch, wir haben das neu erwachte Pöbeln in sozialen Netzwerken vor allem von rechtsradikaler Seite seit dem Aufkommen von Pegida erlebt?
Auf verbaler Ebene dennoch eher ein Beispiel dafür, dass sich manche Menschen ganz offenkundig nicht im Griff haben und ähnlich pauschal vorgehen, wie bei Pegida selbst gegen andere. Vielleicht eher einer aus der Klamottenkiste nimmermüder Dummheit allerorten.
Für Bachmann ein Grund mehr, mal wieder auf den Friedenswillen von Pegida hinzuweisen, dass man auch gegen TTIP und andere Freihandelsabkommen sei und natürlich auch gegen Waffenexporte – derzeit nach Saudi-Arabien. Und für Demokratie auch. Welcher Art die sein soll, wenn es (siehe vorher Tatjana Festerling) nach dem Beispiel Polens gelingen muss, lässt er heute offen, zählt aber die Waffenbrüder von Front National bis AfD (?) auf. Also wohl eine eher diktatorischere „Demokratie“ ABER mit Volksentscheiden.
Und deshalb bietet er heute mal wieder ein lustiges Entscheidthema an.
Eine Volksbefragung, ob man Pegida verbieten solle oder nicht. Da wir zumindest aus sehr guten Gründen sogar gegen ein Verbot der NPD sind, letztlich ein müder Vorschlag, welcher weniger das Pro und Contra zu Pegida, sondern wohl eher ein Bild zum Für oder Gegen von Verboten (was für eine undemokratische Idee letztlich) im öffentlichen Disput ergeben dürfte. Aber passend zum nimmermüden Opfermythos auf den Veranstaltungen von Pegida. Im Wissen, dass etwas Verbotenes nie weg ist.
Wichtig ist dem Vordenker der Massen heute aber besonders eine Umfrage, die er „vor ein paar Monaten“ gelesen hat. Die Umfrage habe ergeben, dass die meiste Zustimmung zu Pegida von AfD – Wählern kam. Im dritten Platz, nach CDU-Wählern, welchen die Wähler der Linken bei der Zustimmung stellten, sieht Bachmann vor allem eines. Dass man ja viele Menschen aus vielen Richtungen vereine. Man verstünde nun auch, warum Pegida bekämpft würde.
Man könnte es auch so formulieren, wie es schon vor Monaten auf der L-IZ zu lesen stand. Pegida ist eine Versammlung von Angsthasen, mit Zukunftshysterien und einem daraus resultierenden Abwehrverhalten gegen alles Neue. Verkürzt: Fahne raus, Grenze dicht, Augen zu und durch. Die bereits 2014 erfolgte Wählerwanderungsanalyse zur sächsischen Landtagswahl hatte ein ähnliches Bild ergeben.
Im letzten Teil wurde es nochmals spannend für die Leipziger. Am 11. Januar möchte man mal wieder die Messestadt bereisen. Gemeinsam und dafür nicht in Dresden laufen. Das Sicherheitskonzept stehe – ein Jahr Legida soll würdig begangen werden.
+++ 20:30 Uhr: Mal wieder Kevin am Mikro +++
Dass unser Fotograf aus dem Legida-Lager unter Beschuss genommen werden soll, ist nichts Neues. Passend zum Wetter wollte man es heute mal mit Schneebällen versuchen. Dies wurde jedoch von den eigenen Ordnern unterbunden.
Der Spaziergang der Rassisten ist nun beendet. Man erwartet die nächste Rede. Kevin darf mal wieder ran. Auf beiden Seiten stehen sich weiterhin jeweils ein paar hundert Demonstranten gegenüber – laut Durchgezählt sind es bei Legida etwa 300 und bei No-Legida circa hundert mehr. Das dürften jeweils Tiefstwerte für die Demos auf dem Richard-Wagner-Platz sein. Die ersten Personen begeben sich bereits Richtung Hauptbahnhof.
+++ 19:41 Uhr: Scrollen bis das Mausrad glüht +++
In Leipzig hat derweil wie gewohnt Legida-Chef Markus Johnke die Veranstaltung eröffnet. Er blickt auf ein seiner Ansicht nach erfolgreiches Jahr 2015 zurück. „Wir sind sehr unbequem. Unser Angriff ist stark und effektiv.“ Weniger Gefallen fand er an einem Facebookkommentar des CDU-Generalsekretärs Tauber, der einen völkischen Nutzer als „Arschloch“ bezeichnet hatte. Die Rede von Johnke bestand daher weitgehend aus dem Vorlesen weiterer Facebookkommentare. „Ich habe gescrollt, bis das Mausrad glüht“, so Johnke. Ansonsten Altbekanntes: Grenzen dicht und Gesetze einhalten.
Legida läuft nun los.
+++ 19:19 Uhr: Schauen wir halt Dresden TV +++
„Pegida ist das lebendige Mahnmal Deutschlands.“ Tatjana Festerling, vor dem Rundgang unangefochtenes Highlight beim Hysterieverbreiten, dreht mal wieder hoch. Wenn schon Legida das Senden einstellt, schauen wir halt „Dresden TV“ neben der Berichterstattung aus Leipzig. Der erste Redner verlangt Regierungsrücktritt, Grenzen dicht und die Beendigung der Islamisierung nebst Ende der „Diktatur“. Das kann man flott absingen, quasi der Grundbeat einer jeden Pegida/Legida – Demonstration.
Ein bisschen klingt es anschließend bei Festerling so, als ob Pegida ein Wellnessprogramm für „Völkerverständiger“ ist. Pegida macht froh und vereinigt die Völker. 19:14 Uhr macht man sich in Dresden abmarschbereit, mit dem wärmenden Herzen im Gefühl, dass man in der polnischen Regierung treue Verbündete gefunden hat. Die Empörung bei Festerlings Hinweis, dass die „EU Polen unter Aufsicht stellen will“ war unüberhörbar.
Verstehen wir auch nicht so richtig – ehrlich gesagt. Einfach weniger EU-Zuschüsse zahlen würde doch genügen, wenn die polnische Regierung der Meinung ist, es ginge sie nichts an, wenn sich Menschen auf die Flucht begeben? Aber dann klappts ja vielleicht nicht mit dem „Jahr 2016“, welches laut Tatjana Festerling den Umschwung bringen wird. Also in Richtung mehr Staatsdoktrin, Presseeinschränkungen und das Bundesverfassungsgericht an die Kette. Oder so. Manchmal fragt man sich schon nicht mehr, in was für einem Land diese Menschen leben wollen, die da in Dresden das neue Jahr mit „Abschieben“, „Widerstand“ und „Volksfahrräder“ – Rufen einläuten. In jedem Fall aber soll es ein Land mit straffer Hand sein, wo sich die Deutschen wieder als Herrschaftsvolk fühlen müssen.
+++ 18:59 Uhr: Bad News +++
Legida wird heute keinen Livestream anbieten. Das ist natürlich ärgerlich für alle, die sich über die neuesten Wahrheiten betreffs Ami-Fremdherrschaft, Asylwahnsinn und Merkel-Diktatur ins Bild setzen wollten. So erreicht Legida heute also nur die paar hundert Fans vor der eigenen Bühne.
+++ 18:36 Uhr: Mit Alkohol und Fastfood +++
Während sich etwa 20 bis 30 Legida-Anhänger bei McDonald’s im Hauptbahnhof versammelt haben, stoßen auf dem Richard-Wagner-Platz die Gegendemonstranten mit Sekt auf das neue Jahr an. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hatte diesen den ersten 100 Protestierenden in Aussicht gestellt. Besondere Vorkommnisse wie Zusammenstöße zwischen den beiden Lagern oder Versuche, die Aufzugsstrecke zu blockieren, wurden bislang nicht bekannt. Abgesehen vom Schnee und dem attraktiveren Kundgebungsort für den Gegenprotest scheint also alles beim Alten zu bleiben.
Die Montagabende in Leipzig bleiben auch im Jahr 2016 ein Sammelpunkt verbaler Gewalt. Bereits zum 30. Mal möchte die rassistische Vereinigung Legida ihren Kampf für das „deutsche Volk“ und gegen Geflüchtete auf die Straße bringen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ (LNP) plant für die selbsternannten Abendlandretter hingegen einen „antirassistischen Neujahrsempfang“. Zu diesem Zweck hat es ab 18 Uhr eine Gegenkundgebung angemeldet, die ebenfalls auf dem Richard-Wagner-Platz stattfinden wird. Anders als im vergangenen Jahr teilen sich Legida und seine Gegner somit jenen Platz, von dem mindestens einen Teil mittlerweile schon mehr als 260 Onlinepetenten zukünftig gerne offiziell als Refugees-Welcome-Platz sehen würden.
In der Begründung der bei der Stadt Leipzig eingestellten Online – Petition heißt es unter Anderem mit Fingerzeig auf die Legida-Demonstrationen: “Wir Leipziger_innen sehen uns in einer langen Leipziger Tradition von Weltoffenheit, Toleranz und Humanismus. Es passt nicht in unsere Stadt, dass ein Platz in der innenstadt regelmäßig mit Hass und menschenfeindlicher Hetze überzogen wird. Der Ruf des Richard-Wagner-Platzes ist zerstört.” Ein Verwaltungsstandpunkt dazu würde erarbeitet, steht auf Leipzig.de zu lesen.
Auch die Gegner der Umbenennungsidee waren rührig und brachten es bis zum Ende der Zeichnungsfrist auf Openpetition.de auf 4.638 Unterstützer, davon 2.121 aus Leipzig. Auch Legida und der Richard-Wagner-Verein Leipzig hatten eifrig Unterschriften gesammelt.
Abseits dieser Bemühungen, erwartet heute die Gegner von Legida eine kleine Neujahrs-Überraschung. Den ersten 100 Teilnehmern, die heute Abend zur Gegendemo erscheinen, verspricht LNP gratis Sekt. Auch das Erich-Zeigner-Haus hat Veranstaltungen angemeldet: An den Stolpersteinen auf dem Nikolaikirchhof und am Dittrichring 13 sowie am Mahnmal für Sinti und Roma in der Goethestraße und am Synagogendenkmal in der Gottschedstraße soll es am Abend Mahnwachen geben. Die Versammlung am Dittrichring beginnt erst um 21 Uhr.
Bei Legida blieb es in den vergangenen Tagen weitgehend ruhig. Anfang Dezember hatte sich Orgachef Markus Johnke mitsamt seinem Team in die Weihnachtspause verabschiedet und die eigenen Anhänger dazu aufgerufen, Ideen für die Feier zum einjährigen Bestehen am 11. Januar einzureichen. Für jene Veranstaltung fand bislang jedoch noch keine weitere Mobilisierung statt.
Auch den heutigen Jahresauftakt bewarb Legida auf seiner Facebook-Seite erstmals am Morgen vor der Veranstaltung. In einer kurzen Videobotschaft kündigte Johnke ein neues „Sicherheitskonzept“ an, das fortan gelten solle: Um die Sicherheit der eigenen Anhänger zu gewährleisten, wolle man sich künftig vorab ab 18 Uhr im Hauptbahnhof bei McDonalds treffen, um dann gemeinsam zum eigentlichen Veranstaltungsort zu laufen.
Dass inhaltlich keine großen Veränderungen zu erwarten sind, zeigte sich kurz vor Silvester, als Legida auf Facebook einen Auszug aus einem Beitrag des verschwörungsfreundlichen Monatsmagazins „Compact“ veröffentlichte. Darin echauffiert sich der Autor Kai Homilius über die Tatsache, dass die Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel auch mit arabischen Untertiteln ausgestrahlt wurde. In seinem Artikel bezeichnet Homilius Geflüchtete als „Neusiedler“ und „Kolonisatoren“, die – im Gegensatz zu den „Einheimischen“ – alles sofort bekämen und denen das „eigene“ Land „auf dem Silbertablett serviert“ werde.
Zudem behauptet Homilius, dass Merkel mit einer seiner Ansicht nach flüchtlingsfreundlichen Politik die Terroranschläge am 13. November in Paris „erleichtert, wenn nicht gar ermöglicht“ habe. Ähnlich äußerte sich unmittelbar nach den Anschlägen bereits Legida, als es auf Facebook und Twitter Geflüchtete pauschal mit Terroristen gleichsetzte. Mit Formulierungen wie „RefugISIS“ schlug anlässlich der Terrorwarnungen in München zuletzt auch Pegida-Chef Lutz Bachmann in die gleiche Kerbe.
Die Themen für den Legida-Auftakt ins Jahr 2016 und die Einjahrfeier eine Woche später dürften also gesetzt sein. Wer die Reden halten wird, ist bislang nicht bekannt. Die L-IZ.de wird wie gewohnt den Livestream von Legida übertragen und neben den Betrachtungen vor Ort begleitende Worte finden.
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