Am Dienstagabend diskutierten geladene Gäste und 50 Interessierte über den geplanten Moscheebau in Gohlis. Nach den Rückschlägen und rassistischen Protesten der vergangenen beiden Jahre geht das Projekt nun in die entscheidende Phase.

Kaum ein anderes Bauprojekt in Leipzig hat in den vergangenen zwei Jahren so viele kontroverse Reaktionen hervorgerufen wie die geplante Moschee der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde in Gohlis. Während der 17 Millionen Euro teure Kirchenneubau gegenüber dem Neuen Rathaus allenfalls die Gemüter einiger Hardcore-Atheisten und stadtarchitektonisch-besorgter Bürger erhitzte, schlug der Protest gegen das muslimische Gebetshaus früh in rassistischen Hass um.

Eine CDU-Lokalpolitikerin startete kurz nach Bekanntwerden der Pläne eine Petition gegen den Moscheebau, die sogenannte Bürgerinitiative „Gohlis sagt Nein“ hetzte auf Facebook und schließlich demonstrierte auch noch die zuvor im Verborgenen agierende NPD auf der Straße. Bundesweite Aufmerksamkeit erlangten fünf auf dem Gelände aufgespießte Schweineköpfe.

Seitdem ist viel Zeit vergangen. Die Widersprüche dreier Anwohner gegen das Projekt wurden im Juni von der Landesdirektion Sachsen als unbegründet zurückgewiesen, so dass die letzten möglichen Hindernisse aus dem Weg geräumt scheinen. Mittlerweile liegen die Ergebnisse eines Architekturwettbewerbes vor. Ein kleines Gebäude mit Kuppel und Tiefgarage sowie ein etwa 16 Meter hohes Minarett sollen im kommenden Jahr für 700.000 Euro auf dem Gelände der Ahmadiyya-Gemeinde entstehen.

So in etwa soll es aussehen, wenn es in ein bis zwei Jahren fertig ist. Foto: René Loch
So in etwa soll es aussehen, wenn es in ein bis zwei Jahren fertig ist. Foto: René Loch

Seit Dienstagabend können Interessierte die Pläne im Gohliser Infozentrum in der Georg-Schumann-Straße 126 unter die Lupe nehmen. Einführend fand bereits eine Diskussionsveranstaltung mit Vertretern der Stadt, des Bürgervereins, des Magistralenrats und der Ahmadiyya-Gemeinde statt. Die Polizei war vorab über die Ausstellungseröffnung informiert worden und hatte zwei Beamte vorbeigeschickt. Diese verbrachten jedoch einen ruhigen Abend.

Überhaupt dominierten Zuspruch und ehrliches Interesse die Veranstaltung. Jene, die vielleicht Fragen wie „Wer schützt unsere Kinder?“ hätten stellen wollen, traten schon frühzeitig den Heimweg an. Stattdessen erkundigten sich einige der etwa 50 Zuhörer zu Details des Planungsverfahrens oder stellten ganz praktische Fragen, etwa zur Barrierefreiheit und gelebten Gleichberechtigung innerhalb der Räumlichkeiten. Der lokale Ahmadiyya-Vorsitzende Rashid Nawaz konnte die Anwesenden umgehend beruhigen. Für einen behindertengerechten Zugang sei gesorgt. Männer und Frauen besäßen jeweils einen eigenen Gebetsraum. Dass die eine Gruppe den Raum der anderen nicht betreten dürfe, gelte für beide Geschlechter gleichermaßen.

Andere Fragen kreisten um die Themen Lärm- und Lichtbelästigung. Der Schall soll aus dem Inneren nicht nach außen dringen. Falls sich die Nachbarn vom Leuchten der Kuppel gestört fühlten, „dann können wir das Licht ausmachen“, so Nawaz. Gleichwohl gibt es auch Anwohner, die sich schon jetzt über die neue Lichtquelle freuen. „Dann muss ich nicht mehr im Dunkeln nach Hause gehen“, sagte beispielsweise eine anwesende Frau.

Insgesamt zeigten sich die Anwesenden zufrieden und optimistisch. „Nicht jeder Stadtteil kann behaupten, eine Moschee zu haben“, äußerte etwa Peter Niemann, der Vorsitzende des Bürgervereins Gohlis. Mathias Baudenbacher vom Magistralenrat konnte ihm da nur beipflichten: „Dieses zeitgenössische, moderne Gebäude wird den Charakter der Georg-Schumann-Straße bereichern.“

Die Initiative „Weltoffenes Gohlis“ organisiert in den kommenden Wochen zwei ganztägige Veranstaltungen zu den Themen „Interreligiöser Dialog“ und „Perspektiven auf Einwanderung“. Mehr Infos auf: www.weltoffenesgohlis.de

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