Du spinnst doch! Wenn der Tanner diesen Satz einem Menschen entgegen schleudert, ist dies selten charmant gemeint. Bei Freeda Breitenbach ist dies anders, die spinnt nämlich wirklich. Mit Spindel. Und mit anderen Menschen. Tanner fragte nach.
Hallo Freeda, was für ein fantastischer Vorname. Wir trafen uns einst auf der Flower-Power-Bühne und jetzt unter anderen Umständen im Felsenkeller, wobei Du eine Spindel in der Hand hälst. Was ist denn mit Deiner Band geschehen?
Hallo Volly, ach herrjeh… Unsere Begegnung im Flowerpower ist über fünf Jahre her! Die Band gibt es schon lange nicht mehr. Erst zog der Schlagzeuger aus Leipzig weg, später folgte der Gitarrist. Das war dann einfach nicht mehr machbar. Danach folgten noch ein oder zwei Bandprojekte, aber es lief nie glatt, da hat mich dann die Muse verlassen. Momentan mache ich höchstens privat Musik und andere Dinge stehen im Vordergrund.
Du spinnst doch, Freeda. Sogar in echt und mit Spindel. Wie bist Du denn dazu gekommen?
Ach, ich spinne eigentlich schon immer! Ich habe die Sache dann irgendwann nur wortwörtlich genommen. Es fing vor ungefähr drei Jahren an, als mir eine gute Freundin das Stricken beigebracht hat. Das hat mir auf Anhieb gefallen und so lernte ich auch noch häkeln. Nach einiger Zeit wurde ich anspruchsvoller und die kommerziellen Garne gefielen mir nicht mehr. Fast überall ist Polyamid oder -acryl drin und reine Garne aus tierischen Fasern gehen schnell ins Geld.
Da ich außerdem sehr wählerisch sein kann, was Farben anbetrifft, wurde ich oft nicht fündig. Naja – und da habe ich halt recherchiert ob man seinen Wollbedarf selber spinnen kann. Ungefähr 10 Minuten später hatte ich meine erste Handspindel bestellt. Es war zunächst sozusagen eine pragmatische Entscheidung, wurde aber schnell zum eigentlichen Hobby. Vor allem, weil es sehr entspannend ist und den Alltag entschleunigt.
Viele Menschen kennen Spinnräder aus Märchen. Du hast aber die Handspindel am Drehen. Welches der beiden Fadenspinnaggregate ist denn warum und wie zu benutzen?
Im Prinzip machen beide Gerätschaften genau das gleiche: durch Drehung wird Drall in die Fasern geleitet und so zu einem Faden verdreht. Die Frage nach dem “warum” klärt sich vielleicht besser, wenn ich kurz auf das “wann” eingehe. Die Handspindel ist das historisch viel ältere Hilfsmittel zum Spinnen. Bereits in der Steinzeit wurde so Faden hergestellt. Handspindeln sind einfach aufgebaut. Sie bestehen aus einem Stab (auf dem der Faden aufgewickelt wird) und einen Wirtel. Dieser verleiht der Spindel “Schwungmasse”.
Beim Spinnen hängt die Spindel an dem gesponnenen Faden und endet oben in den Fasern, die man verspinnt. Durch einen Impuls mit der Hand dreht sich die Spindel. Wie bei einem Kreisel. Im Idealfall steht man hierbei, da der Faden beim Spinnen ja länger wird. Erreicht die Spindel den Boden wird der Faden aufgewickelt und so weiter. Klingt bestimmt verwirrend, ist auch ungewohnt, es ohne Vorführung zu beschreiben.
Und das Spinnrad?
Das Spinnrad hingegen wurde erst im Laufe des Mittelalters “erfunden”. Das Positive ist, dass der Spinnende mit dem Fußpedal den Drall erzeugt und dass der Faden von selbst auf die Spule gewickelt wird. Dadurch kann man viel flüssiger und somit auch schneller spinnen – technischer Fortschritt eben. Außerdem kann man sitzen – auch ein Argument, da es sich um eine zeitintensive Tätigkeit handelt. Heutzutage ist das ganze eine Preisfrage. Neue Spinnräder sind sehr teuer, während man Handspindeln sehr erschwinglich bekommt. Ich benutze inzwischen beides und beides hat seinen eigenen Reiz für mich.
Der unschlagbare Vorteil einer Handspindel ist natürlich, dass sie in jede Handtasche passt und unterwegs immer einsatzbereit ist. “Hobby-to-go” sozusagen.
Du gibst auch Kurse. Wo denn? Wann denn? Und warum denn das?
Meine Kurse finden im Makerspace Leipzig in unregelmäßigen Abständen statt. Der Makerspace ist eine inhaltlich breit gefächerte Mitmachwerkstatt. Es gibt einen Bereich für Holz- und Metallbearbeitung, Elektronik, Fotografie und Textilien. Als das Team Anfang des Jahres Verstärkung im Workshopbereich gesucht hat, nahm ich diese Chance freudig wahr. Für mich sind die Workshops aus vielen Gründen spannend. Zum einen natürlich, um Kontakte zu knüpfen und um sich auszutauschen. Außerdem sehe ich einen großen Reiz darin, Menschen etwas beizubringen. Einmal hatte ich ein sechsjähriges Mädchen, die wollte gar nicht mehr aufhören und sie hat das wirklich gut gemacht!
Ich muss dazu sagen, dass ich mir mein Wissen autodidaktisch mit Hilfe von Foren angeeignet habe. Dabei ist man natürlich auch oft in Sackgassen geraten, die mit einem Ansprechpartner vielleicht nicht nötig gewesen wären. Deshalb wäre ich gerne so ein Ansprechpartner für Interessierte. Es gehört ja noch mehr dazu, als nur das Spinnen selbst. Wo bekommt man seine Fasern her? Wie wasche ich ein Schafvlies, welches direkt vom Tier kommt? Wie verzwirnt man? Wie und womit färbe ich die Wolle? Wie plant man sein Projekt? – quasi vom Schaf zum Schal, oder so ähnlich.
Konkrete Termine gibt es momentan noch nicht wieder, aber ich verspreche, da lasse ich nicht lange auf mich warten. Wer den Kalender vom Makerspace im Auge behält, wird es nicht verpassen.
Wie ist denn die Zusammenarbeit im Makerspace so? Ich könnte das ja nicht, ich bin ja immer so schnell genervt. Aber ich bin ja auch älter als Du.
Genervt? Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin zwar kein festes Mitglied, aber das, was ich bisher so mitbekommen hab, fand ich toll! Die Leute sind sehr nett und verbringen viel Zeit zusammen, es ist ein sehr familiäres Gefühl, man unternimmt auch in der Freizeit Dinge zusammen. Das Schöne ist außerdem, dass man eben auch – ich sage mal – “materialübergreifend” zusammenarbeitet und eben nicht nur in seiner Nische unterwegs ist. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten und “Kreuzungen” und man bekommt Lust, auch mal in die anderen Bereiche zu schnuppern.
Und demnächst? Gibt es Dich auch wieder auf Märkten? Oder wo gibt es Dich mit Deiner Spindel zu bewundern?
Also demnächst werden wohl nur meine Kommilitonen die Möglichkeit haben, eine Spinnerin bei der Arbeit zu beobachten, denn natürlich läuft meine Spindel auch zwischen Seminaren und Vorlesungen heiß. Ein Projekt, wie die Workshops im Felsenkeller, ist zunächst nicht geplant, aber die Betonung setze ich auf “zunächst”! Ansonsten kann man mich aber in den Weiten des Internets beobachten, wo ich in einem Blog meine Projekte zeige.
Danke, Freeda – achja, und zum Abschluss: wie können Interessierte mit Dir in Kontakt kommen?
Die einfachste Variante wäre über Facebook (https://www.facebook.com/handgesponnen) oder direkt per Email (seidenraupenwolle@web.de). Meinen Blog findet ihr unter http://www.handgesponnen.blogspot.de
Achja! Und vergesst nicht mal beim Makerspace (http://makerspace-leipzig.de/) reinzuschauen!
Und ich danke Dir, Volly! Es war mir eine Freude!
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