Mit einem ökumenischen Gottesdienst startete am Sonntag die Festwoche zu 850 Jahren Nikolaikirche. Ein Zeitstrahl vom Eingang zum Altar erinnerte an die Geschichte des Gebäudes und der Gemeinde im Zentrum der Stadt. Propst Gregor Giele und der Pfarrer der Nikolaikirche Bernhard Stief schlugen einen Bogen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. In der Festwoche wird besonders noch mal an die friedliche Revolution angeknüpft.
Ein 25 Meter langes Band lag in der Nikolaikirche aus. Ein Zeitstrahl, der die Geschichte der Kirche und ihrer Gemeinde in Schlaglichtern aufleuchten lässt. Es ist die Kirche von Kaufleuten gewesen. Deshalb ist sie auch dem mittelalterlichen Schutzpatron der Kaufleute Nikolaus geweiht. Im Verlauf der Geschichte hat sich der Bau stark verändert. Der ursprünglich romanische Bau wurde im 16. Jahrhundert zu einer spätgotischen Hallenkirche erweitert. 1731 erhielten die drei Türme ihre jetzige barocke Gestalt. 1784 bis 1797 wurde der Innenraum durch den Baumeister Dauthe klassizistisch umgebaut. Die Säulen sind als Palmbäume gestaltet. Sie sind das markante Erkennungszeichen der Kirche. Am Nikolaikirchhof wurde eine dieser Säulen nachgebaut. Sie ist Zeichen einer Kirche, die in der friedlichen Revolution nach außen trat. Ein Ort, an dem Zeitgeschichte sich verdichtet. Auch wenn die Montagsgebete ja nicht nur hier, sondern an vielen Orten in der Stadt und in der damaligen DDR stattfanden.
“Generationen von Menschen haben an diesem Ort ihre eigene Glaubensgeschichte geschrieben”, betonte Pfarrer Stief in seiner Predigt. Er erinnerte an Menschen, die in der Geschichte die Kirche prägten: die Händler und Kaufleute, Musiker wie Johann Sebastian Bach und Pfarrer wie Christian Führer: “Sie und viele andere ungenannte Menschen haben sich um diese Kirche verdient gemacht und sie als ein Christuszeugnis erhalten.” Er erinnerte auch an dunkle Seiten, die mit dieser Kirche verbunden sind: “Die Geschichte der Kirche ist nicht ohne Schuld, auch nicht die Geschichte der Nikolaigemeinde und dieser Kirche.” Sein Blick ging auch noch einmal zum Neubau der katholischen Kirche am Ring: “Kirche wird gebraucht. So lässt sich im Neubau der Propsteikirche nicht die Trennung der Kirchen sehen, sondern die Sendung der Kirche hinein in Stadt und Welt. Nach 850 Jahren hat die Kirche in Stadt und Welt ihre Notwendigkeit nicht verloren.”
Propst Gregor Giele deutete in seiner Predigt Kirchengebäude als Orte, an denen man eine Ahnung davon bekommen soll, dass es Gott gibt: “Kirchen erfüllen ihren Zweck nur, wenn Menschen hier Kraft, Ruhe, Trost und Auferbauung finden in der Erfahrung Gottes in ihrem Leben und in ihrem Wirken in und für diese Stadt.” Giele ging auch auf die Ursachen der Reformation ein, die zum Zerbrechen der abendländischen Kircheneinheit führte: “Als das lebendige Gotteszeugnis in Ritualen und im Formalen zu erstarren begann, als das Menschliche allzu sehr die Oberhand gewann, da wurde es Zeit zur Erneuerung.” Die Reformation sei auch für die katholische Kirche ein notwendiger Neubeginn gewesen.
Heute steht die Nikolaikirche auch für das gute ökumenische Miteinander der Kirchen. Über viele Jahrzehnte feierten die Katholiken ihre Gottesdienste in dieser Kirche. Mit der Eröffnung des Neubaus am Ring wird nun voraussichtlich diese Tradition, die viele Fans hatte, enden. Ganz sicher ist das aber nicht, weil die Atmosphäre in Nikolai doch noch einmal anders ist als in der neuen Kirche.
Höhepunkte der Festwoche ist ein Konzert mit dem Vokalensemble Amarcord am Mittwoch sowie ein Gemeindefest unter dem Motto „… eine Zeitreise“ am Samstag. Unter dem Motto “Revolutionszeiten” soll die Geschichte lebendig gehalten und noch einmal der friedlichen Revolution gedacht werden, die das Gebäude über Leipzig hinaus bekannt machte.
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