Während gegenüber die neue Propstei unter großem medialen Interesse eröffnet wird, steht der Stand der Kirchenkritiker etwas abseits. "Fürs Mittelalter keine Mittel, Alter!" Es geht nicht um das Kirchgebäude, sondern um die Finanzierung des Kirchentages. Dahinter steht aber auch die Kritik an einer Anspruchshaltung der Kirchen: "Die glauben wirklich, das steht ihnen zu!" Der Kirchentag nächstes Jahr in Leipzig soll kritisch begleitet werden.
Das ärgert die Leipziger Stadträtin der Piratenpartei Ute Elisabeth Gabelmann besonders: “Die Kirchen begreifen sich als Institutionen, die so etwas einfach abfordern können.” In Leipzig kamen im Vorjahr 18.441 Unterschriften zusammen, die sich gegen eine Finanzierung des Kirchentages aussprachen. Das war zu wenig. Leipzig unterstützt das Großereignis finanziell. Weil das Begehren sehr kurzfristig organisiert wurde, ist Gabelmann mit dem Ergebnis trotzdem zufrieden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken indes betont den Nutzen für die Stadt.
Den bestreitet die Leipziger Piratin nicht: “Ja, aber das Wave Gothic ist auch von großer Bedeutung, auch die Leipziger Tafel ist von großer Bedeutung. Das kommt ja immer auf den Blickwinkel an. Wieder andere würden sagen, RB ist von großer Bedeutung.” Bei der Frage der Finanzierung von kirchlichen Veranstaltungen geht es ihr aber um etwas Grundsätzliches: “Die anderen Sachen sind alle nicht weltanschaulich geprägt. Religionen dagegen haben ein gewisses Sendungsbewusstsein. Die möchten natürlich Leute haben, die an sie glauben. Da geht es dann in einen Bereich, aus dem sich der Staat möglichst raushalten sollte.”
Leipzig und Münster
Sich Gehör zu verschaffen, ist für die Gruppe nicht ganz so einfach. Mit Blick auf die personelle und finanzielle Ausstattung der Kirchen sagt sie: “Die sind alle hauptamtlich beschäftigt, wir machen das ehrenamtlich.” Trotzdem haben sich wohl schon einige Ideen bei Gesprächen am Stand ergeben, die nächstes Jahr am Rande des Katholikentages umgesetzt werden sollen. Daneben geht der Blick auf die Feiern zum Reformationsjubiläum 2017 sowie den Katholikentag 2018 in Münster. Ob der überhaupt nach dem Nein zur finanziellen Förderung durch die Stadt noch stattfindet, diskutierte die Vollversammlung des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken an diesem Wochenende in Würzburg. Doch, nach Recherchen des WDR war das Ergebnis am Samstag: “Der 101. Deutsche Katholikentag vom 9. bis zum 13. Mai 2018 findet definitiv in Münster statt.”
Im Mai 2014 wurde beim Katholikentag in Regensburg das 11. Gebot verkündet: “Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen.” Getragen wird die Aktion von der “Giordano-Bruno-Stiftung”. In Leipzig war sie im Vorfeld der Entscheidung über den städtischen Zuschuss auch dabei. Eigentlich ein Heimspiel, könnte man meinen. Schließlich ist hier die Mehrheit nicht kirchlich gebunden. Es sei offensichtlich, „dass das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Gleichbehandlung aller Menschen durch den Staat unabhängig von ihrer Religion (Art. 3 GG) in Deutschland regelmäßig durch Bund, Länder und Kommunen verletzt wird”. Das Bürgerbegehren “(K)Eine Million”, was sich mit der Finanzierung des Katholikentages 2016 durch die Stadt Leipzig befasst, konnte trotzdem nicht die erforderlichen Unterschriften einreichen.
Ebenso scheiterte die Aktion “Call your Stadtrat”: Stadtrat anrufen und ihm einen persönlichen Wählerauftrag mitgeben: “Viele Initiativen senden Massen-Mails oder schreiben Offene Briefe. Ein Anruf ist persönlicher und zeigt, dass den Wählern das Thema am Herzen liegt.” Der Stadtrat entschied sich, wie alle Städte zuvor in denen das Großereignis stattfand, für die Unterstützung.
Wichtige Impulse kamen aus Leipzig
In Münster war das anders: Eine drei Meter hohe Moses-Skulptur nebst einer Steintafel, auf der das 11. Gebot „Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!“ verkündet wird, fand Zuspruch in der westfälischen Stadt. “An die Bürger wurden Postkarten mit dem 11. Gebot verteilt, um die damals noch schwankenden Fraktionen von SPD und Grünen an die Trennung von Staat und Kirche zu erinnern”, berichtet der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA), der die Kunstaktion in Münster unterstützte. Gabelmann sieht allerdings in der Leipziger Aktivität einen wichtigen Impuls für den Münsteraner Erfolg: Ich denke aus Leipzig kam der Schub, den es gebraucht hat. Die Münsteraner Aktivisten waren nicht gerade in der Offensive.”
Sieben Stunden waren die Organisatoren von “Keine Million” am Stand. Dass sie dann gegangen sind, hängt wohl nicht am mangelnden Interesse: “Der schlichte Grund: Flyer und Sprühfarbe waren einfach eher als geplant alle. Das hatten wir so nicht erwartet.”
Es gibt 3 Kommentare
Sehr geehrter JG,
in der Sache mag ich derzeit (aufgrund meiner Berichterstattung zum Katholikentag, den Finanzierungen usw.) gar nicht antworten. Denn hierbei ist in der Tat kritische Auseinandersetzung mit der Haltung der Stadt Leipzig, eine Million Euro ohne Nachverhandlungen oder ähnlichem im Widerspruch zu den Entscheidungen in Münster und dem Ergebnis (es findet eben dennoch statt) zu führen. Und diese wird geführt – auch im Beitrag unseres derzeit berichtenden Kollegen Kneitschel.
Die weiteren Themen (Rückgang der Kirchenmitglieder usw.) oder gar die Frage „Was glauben die denn“ (eine bereits länger laufende Reihe auf der L-IZ.de über alle religiösen Strömungen in Leipzig), werden ebenfalls geführt und sollen Verständnis bis Verstehen auf allen Seiten mit sich bringen. Oder eben auch Widersprüche und Probleme aufzeigen. Auch dies leistet die L-IZ und einen aktuellen Teil unser Kollege.
Doch dass Sie nunmehr diesen wie hier geschehen attackieren, werde ich und die anderen Kollegen der L-IZ nicht unwidersprochen stehenlassen.
Es erinnert leider fatal an die Angriffe, welche ich einst aushalten musste, als ich über die Versuche, die Million an den Katholikentag zu stoppen, berichtete. Da noch von der „anderen Seite“, als „Feind des christlichen Glaubens“ usw. tituliert – ebenfalls zu Unrecht und natürlich nicht ganz ohne Absichten. Es hat also aus meiner Sicht immer etwas „eiferndes“, wenn man sich auf den Journalisten einschießt, statt die Sachlagen zu betrachten.
Hier sind aus meiner Sicht bei dem Katholikentag derzeit zwei Dinge zu sehen: Es ist eine weitreichende Entscheidung für Leipzig gewesen, der Million zuzustimmen – auch vor dem Hintergrund der sonstigen Haushaltsplanungen, welche so oft von Verzicht sprechen. Und vor dem Hintergrund, dass nunmehr auch andere Glaubensgemeinden durchaus auf gleiche Rechte pochen könnten (und aus meiner Sicht auch dürften – Gleichbehandlung).
Und es ist eine ebenso weitreichende Entscheidung in Münster gewesen, den Katholikentag mit Sach-, aber nicht mit Geldmitteln zu stützen – hier für die zukünftigen Katholikentage und die entsprechende Glaubensrichtung(en).
Interessant ist abschließend auch, dass es zu den Zeilen rings um die Aktion „Fürs Mittelalter keine Mittel, Alter“ von Seiten der Organisatoren der Initiative, welche eine kritische Begleitung des Katholikentages anstreben, keine solche harsche Kritik hagelt. Dort sieht man sich nicht falsch dargestellt oder gar ihre Bemühungen diskreditiert.
Meine Bitte also: In der Sache gern harte Debatten, dass Persönliche jedoch führt klar in die Irre. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Ihr M.F.
„Während gegenüber die neue Propstei unter großem medialen Interesse eröffnet wird, steht der Stand der Kirchenkritiker etwas abseits.“
Zu SED Zeiten hieß derlei: „Während die Sportler der BRD nur Erster wurden, belegten die heldenhaften Athleten der DDR einen hervorragenden zweiten Platz.
Welch durchschaubare Rhetorik, Herr Ernst-Ulrich Kneitschel.
Dort der kleine Verteidiger – hier der erhabene Angreifer.
Es würde helfen belastbare Zahlen und Fakten sprechen zu lassen, statt ihrer persönlichen Gesinnung.
„Der Kirchentag nächstes Jahr in Leipzig soll kritisch begleitet werden.“
Falsch! Der soll gern andernorts stattfinden. Bleiben sie fort.
„Ebenso scheiterte die Aktion “Call your Stadtrat”: Stadtrat anrufen und ihm einen persönlichen Wählerauftrag mitgeben: “Viele Initiativen senden Massen-Mails oder schreiben Offene Briefe. Ein Anruf ist persönlicher und zeigt, dass den Wählern das Thema am Herzen liegt.” Der Stadtrat entschied sich, wie alle Städte zuvor in denen das Großereignis stattfand, für die Unterstützung.“
Halten Sie die Kritiker für dumm? Sie wissen, dass „der Stadtrat“ keine Person mit Telefonanschluss ist?
Und es ist schlicht gelogen von Ihnen, wenn Sie ausführen; „Der Stadtrat entschied sich, wie alle Städte zuvor in denen das Großereignis stattfand, für die Unterstützung.“
Wie eingangs schon dargelegt, hat sich z.B. der Stadtrat von Würzburg bislang nicht für eine Unterstützung entschieden in seiner Stadt entschieden. Nur hier in Leipzig haben wir einen Bürgermeister mit vorauseilendem Gehorsam.
Werter Verfasser des Artikels,
„Ebenso scheiterte die Aktion…“ beinhaltet vielfaches weiteres Scheitern.
Sie bedienen sich durchweg einer suggestiven und manipulativen Wortwahl, die mit keinem einzigen Wort belastbares Fundament erhält.
Sie schleudern Worthülsen und Nebelbomben auf die Menschen und wundern sich (ignorieren), dass nachweißlich die Abkehr vom kath. Glauben größer ist als die Zuwendung. Und würde die kath. Kirche ihre konfessionsfreien Mitarbeiter nicht spätestens nach 2 Jahren zum Kircheneintritt zwingen, wäre diese Abkehr schon jetzt ein vielfaches größer.
SIE sind ein Relikt früherer Jahrhunderte, mit ebensolch versteinerten Ansichten – nicht mehr lebensfähig und alles andere als erhaltenswürdig.
„Mitgliederschwund der Kirchen kaum aufzuhalten“ so ist es in den kath. Nachrichten zu lesen.
http://kath.net/news/43544
http://www.welt.de/politik/deutschland/article136926407/Deutsche-verlassen-in-Scharen-die-Kirchen.html
http://www.tz.de/welt/mitgliederschwund-katholischer-kirche-473288.html
http://www.kirchenaustritt.de/statistik
“Katholikentag 2018 in Münster. Ob der überhaupt nach dem Nein zur finanziellen Förderung durch die Stadt noch stattfindet, diskutierte die Vollversammlung des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken an diesem Wochenende in Würzburg.”
Man bedenke, die bayerische Stadt Würzburg sagt Nein – und die sächsische Stadt Leipzig (Hr. Jung in Person) sagt Ja.
Ja sind wir den bescheuert???
Sozial ausgerichtete Vereine von Bürgern für Bürger wissen nicht wie sie sich erhalten sollen und Jung verschleudert die wenigen Mittel der Stadt wie ein Fürst aus alten Zeiten. Hat der denn wahrlich einen Gartenschlauch als Rückrat?
Jung!!! Wir Leipziger willen weder diese Kirche noch den Kirchentag.