Hundetretminen - ein uraltes Problem in Leipzig. In Connewitz hat es schon zu Kleinkriegen geführt, in Lindenau auch. Nun scheint es in Reudnitz für Verstimmung zu sorgen. Ein Reudnitzer Bürger machte sich deshalb in einer Petition Luft und forderte den Aufbau einer DNA-Datenbank für Hunde in Leipzig. Wär doch gelacht, wenn man die stinkefaulen Herrchen nicht erwischen könnte.

“Mittlerweile stellt die Verschmutzung der Leipziger Parkanlagen und Gehwege mit Hundekot ein ernst zu nehmendes Problem dar. Insbesondere im Stadtteil Reudnitz sind die Gehwege mit Tretminen nur so übersät”, schrieb er in seiner Petition. “Mein täglicher Weg zur Bahn gleicht einem Slalomlauf um Hundeexkremente. Nach einem Ausflug mit den Gästen der Geburtstagsfeier meines 4-jährigen Sohnes in den nahe gelegenen Park musste bei 3 von 10 Gästen das Schuhwerk von Fäkalien befreit werden.”

Eine DNA-Datenbank, in der jeder registrierte Hund zu finden wäre – das wär’s doch!

Aber nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch finanzierbar. Der Aufwand wäre höher als der Nutzen, stellt nun das Leipziger Ordnungsdezernat in einer sehr ausführlichen Stellungnahme fest.

Aber vom Herzen her ist Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) ganz auf der Seite des Bürgers aus Reudnitz: “Dem Petent muss zugestimmt werden, dass es im gesamten Stadtgebiet von Leipzig Probleme mit liegengelassenen Hundehaufen gibt. Auch in den letzten Sicherheitsumfragen 2007 und 2011 wurde liegengelassener Hundekot als das häufigste im Wohngebiet wahrgenommene Ärgernis benannt. Leider gibt es gegen diese in der Petition beschriebenen Verhaltensweisen einiger Hundehalter bundesweit noch kein wirksames Rezept. Zum Anlegen einer DNA-Datenbank für Hunde müsste ein Zwang zur Registrierung der Hunde bestehen. In Sachsen besteht aber nicht mal eine Chippflicht.”

Die rechtlichen Barrieren einer solchen Datenbank scheinen einfach zu hoch, wie das Umweltdezernat ausführt: “Es gab und gibt zwar Bestrebungen, in einigen Städten Deutschlands den Aufbau einer solchen Datenbank durchzuführen oder zumindest zu prüfen. Bis heute liegen dazu aber noch keine gesicherten Erkenntnisse zu einer tatsächlich eingerichteten und funktionierenden DNA-Datenbank für Hunde vor. – Die bisherigen Recherchen haben ergeben, dass ein solches Verfahren in deutschen Städten als rechtlich bedenklich eingeschätzt wird. Es gibt derzeit für die Kommunen keine Rechtsgrundlage bzw. keine Ermächtigung, um den Hundehaltern die DNA-Probe pflichthalber aufzuerlegen und eine entsprechende Datenbank zu installieren. Unabhängig davon könnte ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen. Zum Beispiel, wenn ein nicht in Leipzig wohnhafter und damit auch nicht in der Datenbank registrierter Hundehalter einen Verstoß begeht bzw. wenn der Hundeführer nicht identisch mit dem Hundehalter ist.”

Aber nicht nur die Rechtslage erschwert das Ganze. Viel wesentlicher ist die Sache mit dem Geld.

Die entstehenden Kosten für die Datenerhebung, Datenverwaltung und Datenauswertung sind aus Leipziger Perspektive unverhältnismäßig hoch. Das Umweltdezernat hat auch mal herumgefragt, welche Kostenkalkulationen aus anderen Kommunen schon vorliegen.

“Die Stadt Ilmenau im Freistaat Thüringen kalkulierte die Kosten für die DNA-Analyse im Jahre 2010 mit ca. 200 Euro pro Hund. Die Stadt Riesa hat ebenfalls im Jahr 2010 für den Datenbankeintrag eines Hundes 200 Euro und 75 Euro für jeden DNA-Test errechnet. Nach einschlägiger, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgender, sächsischer Rechtsprechung liegt die Geldbuße für liegengelassenen Hundekot zwischen 20 und 50 Euro. Im Gegensatz zur Aussage in der Petition wäre eine Kostendeckung damit nicht zu erreichen.”

Aber auch in Städten, die schon eine Datenbank aufzubauen versuchen, scheint das Projekt noch in der Anlaufphase zu stecken, wie das Umweltdezernat einschätzt: “Aus dem Ausland liegen derzeit  Informationen über eine freiwillige Genanalyse in einem Vorort von Tel-Aviv und über den Beginn des Aufbaus einer DNA-Datenbank für Hunde in einem Vorort von Neapel vor, auf den sich der Petent bezieht. Zeitgleich mit dem Aufbau dieser Datenbank haben Streifengänge durch Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und Umweltpolizisten begonnen. Dabei wurden die Hundehalter gezielt angesprochen und über die im Entstehen befindliche Datenbank aufgeklärt. Dies scheint bereits zu einer Verbesserung der Situation geführt zu haben. Eine Ahndung von Verstößen soll erst nach Abschluss der Erstellung der Datenbank erfolgen. Aktuellere Informationen liegen dazu aber noch nicht vor.”

Aber das Fazit ist jetzt schon klar: Wirklich bezahlen könnte Leipzig so eine Datenbank nicht.

“Eine Registrierung der DNA aller Hunde (derzeit sind ca. 18.000 Hunde in Leipzig steuerlich erfasst) würde – wenn es zur Registrierung eine Rechtsgrundlage gäbe – in der Stadt Leipzig einen unvertretbar hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand erfordern, der derzeit in keinem vertretbaren Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen steht”, stellt das Ordnungsdezernat fest. “Auch nach Auffassung des SMI liegen Aufwand, Nutzen, Kosten und Einnahmen unverhältnismäßig weit auseinander.”

Ganz schließt Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal das Thema aber nicht aus: “Es wäre denkbar, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine solche DNA-Datenbank effizient aufgebaut werden kann, sofern der Gesetzgeber dafür alle erforderlichen Rechtsgrundlagen und Ermächtigungen schafft. Voraussetzung für deren Wirksamkeit wäre, dass alle Hunde der Stadt darin registriert werden können.”

Und was macht die Stadt bis dahin?

Das Ordnungsdezernat dazu: “Gegenwärtig führt der Stadtordnungsdienst im Rahmen seiner täglichen Streifentätigkeit sogenannte ‘Hundekontrollen’ durch. Jedes Jahr werden dabei über 3.000 Hundehalter kontrolliert, manche natürlich mehrfach. Wie in der Petition selbst festgestellt wird, gestaltet sich aufgrund der sehr geringen Tatzeit von nur wenigen Sekunden die Ermittlung von Verantwortlichen auf ‘frischer Tat’ sehr schwierig.”

Denn es sind ja nicht die Hunde, die hier tricksen, sondern die Menschen.

In der Antwort an den besorgten Reudnitzer heißt es dazu: “Wenn sich die Hundehalter beobachtet fühlen, werden die Hinterlassenschaften zumeist aufgesammelt. Fast alle Hundebesitzer kommen in Anwesenheit städtischer Uniformierter ihrer Beseitigungspflicht nach. In aller Regel ist bei den Kontrollen festzustellen, dass zwischen 80 und 90 % der Hundehalter entsprechende Kotbeutel mit sich führen. Bei festgestellten Pflichtverletzungen werden die Hundehalter angezeigt und es wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.”

Und ein Versprechen gibt es trotzdem: “Die Stadt Leipzig ist für jeden Hinweis dieser Art dankbar und wird jetzt auch verstärkt Kontrollen im Stadtteil Reudnitz durchführen.”

Denn Reudnitz taucht ja nun in der Problemzone nicht deshalb auf, weil sich die Hunde dort schlechter benehmen als anderswo, sondern weil mit dem Bevölkerungswachstum auch vermehrt Hundehalter in den wachsenden Stadtteil im Osten gezogen sind. So macht sich Leipzigs Wachstum auch beim Thema Hundehaufen bemerkbar.

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Es gibt 6 Kommentare

Werte Monika, ich empfehle sich bei diesem Thema mal nicht von den eigenen Emotionen leiten zu lassen, sondern einfach mal ganz nüchtern auf einem Stück Weg nachzuzählen. Dann kommt man mit ziemlicher Sicherheit zu einem anderen Ergebnis. 😉
Ich kam just auf einem Stück Weg von schätzungsweise nicht ganz 100 m auf 23 Stück Müll (darunter 4 zerbrochene Glasflaschen) gegenüber einem Hundehaufen. Klar, das Verhältnis wird sich in Grünanlagen sicherlich verschieben, aber die Gesamttendenz wird ungefähr gleich bleiben. Über das Gefährdungspotential von Glasscherben gegenüber dem ganzen anderen Müll (einschl. Hundekot) brauchen wir hoffentlich gar nicht erst anfangen zu diskutieren.

Es bleibt aus meiner Sicht dabei, das Leipziger Müllproblem nur auf Hundekot zu reduzieren, ist grob fahrlässiger Unfug.
Alle Hundehalter Leipzigs mit einer DNA-Datenbank pauschal zu Tätern zu erklären, ist nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern widerspricht auch unserem rechtsstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung und grenzt somit schon nahezu an Diskriminierung einer ganzen Bevölkerungsgruppe.
Solange solche Debatten nur emotional und nicht mit entsprechendem Sachverstand geführt werden, wird man zu keinem Ergebnis und erst recht zu keiner Verbesserung kommen.

Wenn alle Hundebesitzer die Haufen ihrer Hunde wegmachen würden, käme niemand auf die Idee mit der Datenbank. Man kann nicht alles überwachen, aber manche Menschen reagieren nur, wenn es an den eigenen Geldbeutel geht. Was wäre, wenn man denen ins Wohnzimmer sch….. würde? Auch wenn man höflich darauf aufmerksam macht, dass der Haufen doch bitte entfernt werden muss, dann bekommt man noch freche Antworten. Ich habe selbst in Reudnitz erlebt, wie in Reudnitz eine Familie mit 2 kleinen Kindern und 2 Hunden, die Hinterlassenschaft ihrer Hunde rotzfrech liegenließ, und das waren dem Anschein nach keine Assis, sondern normale Leute, aber die verhielten sich asozial. Wenn alle etwas mehr Ordnung halten würden, wäre es in Leipzig nicht so schmutzig. Die Hundesch…. auf den Gehwegen kotzt mich schon lange an. Sogar vor Kinderspielplätzen machen diese Leute nicht Halt, was ist nur aus unserer Welt geworden??

@Steffen
Man sollte nicht den Überbringer der schlechten Botschaft köpfen! Auch wenn ich beim Autor des Beitrags eine gewisse Sympathie für dieses Vorhaben zu spüren glaube.

Ich halte das Ganze keineswegs für eine Nichtigkeit, sondern beispielhaft für die gesamte Datensammel- und Reglementierungswut, die über uns hereingebrochen ist!
Dabei geht es weniger um die Person des Petenten, als viel mehr um die selbst für mich erstaunliche Tatsache, wie intensiv über solch eine Maßnahme bereits nachgedacht wurde – und dass letztlich nur die immensen Kosten deren Verwirklichung entgegen stehen!

Big Brother für Hunde also – bravo! – was kommt als nächstes?

Ja, wirklich sehr schade, dass aus dem Artikel kein wirklich kritischer Artikel geworden ist, in dem man sich mal dem Leipziger Müllproblem in Gänze angenommen hätte. Mit einer Stadtreinigung, die schon derart heruntergespart zu sein scheint, dass sie mancherorts nicht einmal den Müll eines gut laufenden Grill-Sommertag bewältigen kann, geschweige denn den anfallenden Müll von einem der vielen Großevents oder den in manchen Bereichen des öffentlichen Raumes und insbesondere in manchen Grünanlagen generell fehlenen Möglichkeiten, seinen Müll überhaupt erst entsorgen zu können. Stattdessen wird (aus meiner Sicht unnötigerweise) den abstrusen und hochgradig rechtswidrigen Ideen eines Menschen, der scheinbar keine echten Problem zu kennen scheint, ein Plattform gegeben.
Zumal gerade im Stadtteil Reudnitz und insbesondere im Umfeld der Brauerei, wo man erst einmal die Scherben mehrerer zerbrochener Flaschen umkurven muss, bevor man überhaupt die Chance bekommt, in einen Hundehaufen zu treten, derartige Gebahren lediglich davon zeugen, wie subkjektiv verzerrt Mensch die Welt doch sehen kann.
Erfassen wir dann demnächst auch die Fingerabdrücke aller Bürger in einer Datenbank, weil es ja genug Deppen gibt, die ihre Flaschen einfach irgendwo hinwerfen? Und Speichelproben könnten wir ja auch gleich von allen einsammeln, es könnte ja sein, dass sich Sexualstraftäter oder gar potentielle Mörder unter uns befinden (die enorme Überspitzung habe ich bewusst gewählt, um aufzuzeigen, wo es hinführen kann, wenn man einmal mit einem derartigen Blödsinn anfängt), oder nicht?
Auch wenn man dem Autor des Beitrages zu Gute halten muss, dass er hier nur die rechtlich problematische Situation und die finanzielle Unsinnigkeit sachlich darlegt, so muss man doch nicht jeder Nichtigkeit eine Plattform bieten, nur damit sich in des Bürgers Kopf daraus ein Problem bilden kann.
Sorry, aber so ist es eher ein Beitrag (ja, jetzt kommt wieder der böse Sarkasmus) auf einem Niveau, wie man es sonst häufig von der LVZ kennt.

Eine echte Freude, hier lesen zu dürfen, mit welcher Vehemenz sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal im Kampf gegen die Hundesch* ins Zeug legt!
In Bezug auf Floßgraben,Eisvogel, Motorboote etc. hält er sich da doch deutlich mehr bedeckt.
Naja. Jeder setzt halt seine eigenen Prioritäten.

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