In der letzten Wahlperiode war es der Leipziger Linke-Abgeordnete Dr. Dietmar Pellmann, der die Landesregierung mit ganzen Serien von Fragen zur sozialen Lage der Sachsen nervte (und vielleicht sogar der Erfinder des Titels "Armutshauptstadt" für Leipzig war). Im Sommer verlor er ja bekanntlich das Duell mit dem CDU-Bewerber in seinem Wahlkreis. Doch in seine Rolle ist jetzt Susanne Schaper als nervende Fragerin geschlüpft.

Und am Ende wird es wieder die Linksfraktion sein, die über die soziale Lage der Sachsen mehr weiß als die Landesregierung. Denn die aktuelle Situation wird gut sichtbar, wenn man zu Stromabschaltungen, Sozialleistungen oder Sozialbestattungen fragt. Dahinter stecken dann auch immer wieder Kosten, die die Budgets der sächsischen Kommunen belasten – allen voran Leipzig.

Aber vielleicht ist es tatsächlich schon eine gute Nachricht, dass zumindest bei Sozialbestattungen die Zahlen stagnieren in Leipzig. Und zwar nun schon seit drei Jahren. Die Zahl der Menschen, die in der einstmals reichen Bürgerstadt in Armut leben, steigt also nicht mehr. Vor allem die Entwicklung am Arbeitsmarkt verhindert zumindest bei den jüngeren Generationen ein Wachstum der Armut.

Im vergangenen Jahr mussten die sächsischen Sozialämter in 2.034 Fällen ganz oder teilweise für Bestattungen aufkommen, weil die Verstorbenen so bettelarm waren, dass sie nichts für den letzten Gang zurücklegen konnten.

“Dieser traurige Befund hält seit Jahren an und dürfte sich in Zukunft eher noch verstärken, da Altersarmut immer mehr zunimmt”, kommentiert das die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Susanne Schaper, die die Frage an die Landesregierung gestellt hatte.

Doch die Statistik macht auch sichtbar, dass die Bestattungskosten in Sachsen steigen. Schaper: “Gegenüber 2013 stiegen auch die von den Landkreisen und kreisfreien Städten aufzubringenden Kosten für Sozialbestattungen um zirka 100.000 auf 2,9 Millionen Euro an. Nicht überraschend nimmt die Stadt Leipzig bei dieser wohl drastischsten Armutslage mit allein 454 Sozialbestattungen die traurige Spitzenposition ein. Noch deutlicher wird dies bei den Kosten, wo allein mehr als ein Drittel des sächsischen Gesamtbetrages auf die Messestadt entfiel.”

Das ist tatsächlich noch so. Aber das heftigste Jahr in dieser jüngeren Statistik war tatsächlich das Jahr 2010, als es in Leipzig 658 Sozialbestattungen gab. Und Sozialbestattung heißt eben nicht nur, dass die Verstorbenen arm waren, sondern auch ihre Angehörigen. Die Zahl der armen Alten ist ja nicht wirklich gesunken. Doch ab 2011 machte sich auch in Leipzig der Aufschwung am Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Zahl der Sozialbestattungen sank auf 450 Fälle, eine Zahl, die dann auch 2012 konstant blieb und – wie Susanne Schaper nun erfuhr – auch 2014 mit 454 Fällen.

Die Frage ist durchaus offen, ob der in über 20 Jahren aufgebaute Armutssockel in Leipzig im Lauf der Zeit abgebaut werden kann oder auch in den nächsten Jahrzehnten manifest bleibt. Für die zweite Annahme spricht die Tatsache, dass sich das komplette “Hartz IV”-Paket im Jahr zehn seiner Anwendung gerade da als zahnloser Papiertiger erwiesen hat, wo es eigentlich (so hatten es auch Schröder und Genossen versprochen) Lösungen bieten sollte: bei der Integration der Menschen mit Vermittlungs-Handicap in den ersten Arbeitsmarkt. Zehn Jahre lang konnte das durch diverse “Arbeitsmarktinstrumente” kaschiert werden. Doch gerade die Jubelmeldungen aus Landesministerien und Arbeitsagenturen können nicht mehr darüber hinweg täuschen: Gerade das Versprochene konnte “Hartz IV” nie einlösen. Das in der “Agenda 2010” verankerte Instrumentarium ist dafür völlig ungeeignet.

Am Ende bezahlen Kommunen wie Leipzig dafür mit ihren eh schon knappen Haushalten, weil die Bedürftigenzahlen Jahr um Jahr hoch bleiben und eben nicht parallel zur Arbeitslosigkeit zurückgehen.

2013 überstiegen dann die Kosten für Sozialbestattungen in Leipzig wieder mal die Millionengrenze. Eine Million Euro, das waren pro Fall 2.209,93 Euro. Was schon verblüfft, wenn man diesen Wert mit Dresden oder Chemnitz vergleicht, wo pro Bestattung 1.646,51 Euro (Dresden) bzw. sogar nur 741,87 Euro (Chemnitz) erfasst wurden. Da scheint der von Dutzenden Bestattungsunternehmen bearbeitete Markt in Leipzig nicht wirklich dazu zu führen, dass die Kosten sinken. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

Aber das Thema Altersarmut, das zumindest die Linken schon seit einer Weile auf der Tagesordnung haben, scheint die Landesregierung noch nicht so recht zu interessieren, findet Schaper: “Diese aktuellen Daten zu Sozialbestattungen untermauern unsere seit Jahren erhobene Forderung an die Staatsregierung, endlich bei der Bekämpfung der Ursachen von Altersarmut mit eigenen Initiativen aktiv zu werden, anstatt lediglich auf Signale der Bundesregierung zu warten oder die Verantwortung weiterhin auf die Kommunen abzuwälzen.”

Susanne Schapers Anfrage zu Sozialbestattungen in Sachsen.

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