Die an einen indischen Studenten verfassten E-Mails von Professorin Annette Beck-Sickinger sind doch nicht gelรถscht. Die Rektorin der Universitรคt Leipzig Beate Schรผcking hat sie eingesehen und bestรคtigt die Aussagen der Professorin des biochemischen Instituts. โEs ist eine offensichtlich gefรคlschte E-Mail publiziert worden.โ
Die Pressestelle der Universitรคt Leipzig hat zurzeit schwer zu tun. Eine Frist fรผr eine Anfrage von L-IZ.de bezรผglich des Falls einer angeblichen rassistisch begrรผndeten Absage-E-Mail fรผr eine Praktikumsstelle gegenรผber einem indischen Studenten musste herausgeschoben werden. โWir beantworten momentan die Anfragen nach Zeitzonenโ, entschuldigte sich der Leiter der Pressestelle Carsten Heckmann am Telefon. Bei den internationalen Medien ist die Geschichte gerade gefragt und verursacht den Antwortstau.
Mit Verspรคtung kam doch die angekรผndigte Antwort. Die Frage stand im Raum, ob die E-Mails irgendwo in den Tiefen der Hochschul-IT noch vorhanden seien.
Sie sind es.
Die Konversation wurde juristisch geprรผft und aus datenschutzrechtlichen Grรผnden gegen eine Verรถffentlichung entschieden. Rektorin Beate Schรผcking konnte sich jedoch selbst Gewissheit verschaffen: โDie angebliche Absage-E-Mail, die im Internet kursiert, hat es in dieser Form nicht gegebenโ, entlastet sie die Biochemikerin. โFrau Beck-Sickinger sagt die Wahrheit.โ
Mit den neuen Aussagen verschiebt sich der Fall von einem Wort gegen Wort hin zu einem Studenten, der eine Praktikumsabsage nicht billigen wollte. Professionell hat sich die Akademikerin in ihrem Umgang mit dem indischen Studenten jedoch nicht verhalten. โIhre รuรerungen zum Thema Gewalt gegen Frauen in Indien erfolgten dann im Verlauf des Mailwechselsโ, schildert die Hochschulleiterin den Hergang und ergรคnzt: โals Folge einer Provokation.โ Verstรคndnis fรผr die Entgleisung ihrer Kollegin hat sie keinesfalls. โIch toleriere diese รuรerungen nichtโ, betont sie, aber akzeptiert die Entschuldigung der Professorin, die am Montag durch die Universitรคt verรถffentlicht wurde.
Zu den unmittelbaren Auswirkungen kann Schรผcking nach dem Eklat, der sich auf internationaler Ebene ausgebreitet hat, noch nichts sagen. Die Angelegenheit wird diese und nรคchste Woche Thema in verschiedenen Universitรคtsgremien sein.
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 4 Kommentare
Lieber Stefan,
ich finde es problematisch, wenn von โangepasstenโ Journalisten die Rede ist. Es gibt viele Grรผnde warum viele Medien รคhnlich klingen. Hier sei nur auf die Wirkung von Nachrichtenagenturen im Zuge von knapper werdenden Budgets hingewiesen.
Das Stichwort der โPolitical Correctnessโ kann ich in diesem Zusammenhang auch nicht ganz verstehen. Die verรถffentlichten Screenshots legten die Vermutung einer rassistisch begrรผndeten Ablehnung nahe. Frau Beck-Sickinger hat diese laut Universitรคtsleitung nicht getรคtigt, hat sich aber zu รuรerungen in diese Richtung hinreisen lassen, weswegen sie sich รถffentlich entschuldigt hat.
Der Ablauf ist leider der Natur von Anschuldigungen geschuldet, die mit den immer schneller werdenden Kommunikationswegen sich besser verbreiten kรถnnen. Darauf konnte zum Glรผck die Pressestelle der Universitรคt entsprechend antworten. Wie die Antworten dann von den Medien, die eben auch ihre Zielgruppen widerspiegeln, verarbeiten werden, lรคuft entlang der รผblichen Problematiken in der Berichterstattung (Zeit-, Personal-, Budget- oder schlicht Prioritรคtenmangel).
Diesmal finde ich ihren Kommentar angemessen bzw. sehr gut. Vielleicht sind sie doch nicht so verbohrt, wie es leider ihre anderen Kommentare vermuten lassen. Aber kein Mensch ist vollkommen. Auch ich nicht.
Lieber Klaus,
da teile ich Ihre Beobachtungen.
Noch vor kurzem lautete das Stichwort โPolitical Correctnessโ.
Seit der Wulff-Affรคre haben sich die groรen Medien komplett diskreditiert. Das war deutlich an der โBerichtserstattungโ zum Maidan zu erkennen. Am Schluss wussten die pflichtbewussten Journalisten nicht mehr, wer in Kiew/auf dem Maidan die โGutenโ und die โBรถsenโ waren.
Wie gut, dass die meisten dieser Journalisten sich durch den Sprachstil verraten, wenn sie โangepasstโ schreiben wollen. Das wird auch gelernten DDR-Bรผrgern bekannt sein.
Bei tagesschau.de lese ich mittlerweile nur noch die Leserkommentare, diese sind oft sehr aufschlussreich, wie jetzt gerade zum Stichwort Ukraine.
Das war doch auch nicht anders zu erwarten. Jeder Aasgeier stรผrzt sich gegenwรคrtig auf jedes noch so winzige Stรผck Fleisch, selbst wenn das nur eine Attrappe ist. Auch einige (lokale) Medien sind davon nicht ausgenommen.
Gegenwรคrtig habe ich oftmals den Eindruck, dass die Hexenverfolgung, die auch in Deutschland tief verwurzelt war (Bamberg, Harz), in einer neuen, aber nicht weniger hรคsslichen Art Anhรคngerinnen und Anhรคnger findet bzw. bereits gefunden hat.