Der ehemalige Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, Christian Führer, ist am Montag, 30. Juni, nach langer Krankheit gestorben. Die Stadt Leipzig verliert mit Christian Führer einen kritischen Geist, dessen Leben und Wirken untrennbar mit dem Herbst 1989 und dem Niedergang der DDR verbunden ist, teilt die Stadt Leipzig mit.

1943 in Leipzig geboren, studierte Christian Führer an der Karl-Marx-Universität in den 1960er Jahren evangelische Theologie. 1980 wurde er als Pfarrer an die Nikolaikirche berufen. Großes Aufsehen erregte er 1986 mit einem simplen Schild, dessen Botschaft aber bereits eine erste Herausforderung für die SED in der DDR war: “Nikolaikirche – offen für alle”. In den Folgejahren wurden die seit 1982 stattfindenden Friedensgebete immer mehr zu einem Treffpunkt all jener, die in und mit der DDR unzufrieden waren; Führer nahm sich der Ausreisewilligen ebenso an wie er auch jenen eine Plattform gab, die nicht ohne Trotz ausriefen: “Wir bleiben hier!” Die Montagsdemonstrationen im Anschluss an die Friedensgebete gipfelten schließlich in jener Demonstration von rund 70.000 Menschen, die am 9. Oktober 1989 das SED-Regime friedlich zum Einsturz brachte und den Weg zum Fall der Mauer einen Monat später in Berlin ebnete.

Nach der Wiedervereinigung engagierte sich Christian Führer unter anderem für Arbeitslose und sparte auch mit grundsätzlicher Kritik am Wirtschafts- und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland nicht.

“Sein Mut war und ist beispielhaft. Ich habe ihn als einen Menschen erlebt, der im festen Vertrauen auf seinen Glauben das Unmögliche nicht nur zu denken wagte. Leipzig hat ihm für sein Wirken und ich persönlich habe ihm als Ratgeber sehr viel zu verdanken”, erinnerte Oberbürgermeister Burkhard Jung an Führer.

In der vergangenen Woche war Christian Führer mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet worden, stellvertretend für die Tausenden, die im Herbst vor 25 Jahren die SED herausforderten – und gewannen.

Wir trauern um Christian Führer. Mit großer Bestürzung haben wir vom Tod Christian Führers erfahren. Die friedliche Revolution ist mit dem Namen des früheren Nikolaikirchen-Pfarrers eng verbunden, erklärt Martin Dulig. Vor 25 Jahren hat es viel Mut gebraucht, um aufzustehen, um zu widersprechen, um Türen zu öffnen. Mut hieß damals auch nicht zu wissen, welche Konsequenzen man am nächsten Tag für solches Handeln zu tragen hatte. Christian Führer hatte diesen Mut.

Ich bin froh, dass Christian Führer in der vergangenen Woche mit dem Deutschen Nationalpreis gewürdigt wurde – das war ein wichtiges politisches Signal. Die Bürgerbewegung und die Sozialdemokratie sind eng mit Leipzig verbunden. Wir trauern um Christian Führer.Ohne Menschen wie Christian Führer wäre die Welt heute eine andere, wäre Deutschland noch immer geteilt, es gäbe die DDR noch und die Mauer stünde noch immer unüberwindbar zwischen Menschen in Ost und West. Mit Christian Führer stirbt der Mann, der wie kein zweiter das Gesicht der Friedensgebete und der Friedlichen Revolution vom Herbst ’89 war. Zusammen mit anderen Streitern hat er aus einer tiefen Verwurzelung im Glauben heraus die entscheidenden Impulse für die Friedliche Revolution gegeben.

Er stand dafür, dass wir uns in unsere Angelegenheiten einmischen müssen, dass wir uns nicht abfinden können und sollen mit der Welt, wie sie ist. Er hat – auch über den Herbst ’89 hinaus – den Geist der Nikolaikirche verkörpert, in der er so treu, charismatisch und ausdauernd den Menschen und seinem Glauben gedient hat. Christian Führer hat uns gezeigt, dass Mut und Anständigkeit stärker sind als Mauern und Panzer, dass Kerzen und Gebete mehr ausrichten als Gewalt und Unterdrückung, dass die Stimme des Einzelnen gewichtiger sein kann als die Propagandamaschinerie eines diktatorischen Staates.

Ich habe heute einen Freund verloren, unser Leipzig eine wache und kritische Stimme. Christian Führer hat sich nie auf dem ausgeruht, was er und die 70.000 erkämpft haben. Er wird uns fehlen. Seine Stimme, die er immer und immer wieder für mehr Menschlichkeit erhoben hat, ist unersetzbar.

Mit Christian Führer verliert das politische Leben in Sachsen und nicht zuletzt in Leipzig eine streitbare und herausragende Persönlichkeit. Führer gelang es auch weit nach der Friedlichen Revolution tagespolitische Reizthemen in öffentlichen Foren zu diskutieren und sich damit in gesellschaftliche Debatten über die Stadt Leipzig hinaus einzumischen.

Christian Führer hat klar Stellung bezogen, wenn es darum ging Hass und Gewalt entgegenzutreten und sich für Toleranz zu engagieren. Wir trauern mit seinen Angehörigen. Wir verneigen uns vor einem großen unabhängigen Geist. Christian Führer steht mit seiner umstürzlerischen Offenheit, die friedfertig und freundlich mit entschiedener Beharrlichkeit verkrustete Verhältnisse ins Wanken bringt, für den humanistischen Kern der friedlichen Revolution von 1989. Er setzte sein Engagement für Frieden und Gerechtigkeit auch unter neuen gesellschaftspolitischen Vorzeichen fort und wurde damit auch zum Zeugen eines von Mächtigen unabhängigen Christentums.

Wir trauern um eine herausragende und einzigartige Persönlichkeit, die zu Recht viele Preise und Anerkennungen erhalten hat. Diese Welt braucht mehr Plätze “offen für alle”, wie es Pfarrer Führer für seine Kirche schon zu DDR-Zeiten mutig postulierte. Krieg und Unrecht sind leider noch nicht Geschichte auf der Erde, und so hinterlässt Christian Führer uns allen – egal, welcher Weltanschauung wir angehören – ein verpflichtendes moralisches Erbe. Auch meine Partei durfte viel von ihm lernen – dafür sage ich im Namen von Landtagsfraktion und Landespartei der Linken in Sachsen ebenso herzlich wie aufrichtig Dank.

Mit großer Bestürzung haben wir heute die Nachricht vom viel zu frühen Tod des ehemaligen Pfarrers der Nikolakirche Christian Führer vernommen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, der wir unser tief empfundenes Beileid und Mitgefühl anlässlich dieses überaus schmerzlichen Verlustes aussprechen.

Sein Tod hinterlässt eine nicht zu schließende Lücke – nicht nur in Leipzig. Wir trauern um einen aufrechten und aufrichtigen Menschen, der im revolutionären Herbst 1989 eine zentrale Rolle spielte und sich große Verdienste für den friedlichen Verlauf der dramatischen Ereignisse erwarb. Im Unterschied zu vielen anderen Akteuren des damaligen Geschehens blieb er auch nach 1989 seinen christlichen Idealen treu. Unerschrocken engagierte er sich weiterhin gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen neue Kriege. Das machte ihn auch für die Leipziger Linke zu einem wichtigen Gesprächspartner. Meine zahlreichen persönlichen Begegnungen mit ihm werde ich nie vergessen.

Sein bis zum Schluss gelebtes Credo “Wir wollen die Friedliche Revolution nicht ins Museum stellen, sondern wir wollen weiter gehen und auch heute zum Handeln anstiften” bleibt mit der 2009 von ihm gegründeten Stiftung Friedliche Revolution dankenswerterweise über seinen Tod hinaus lebendig. Christian Führers langjähriges Eintreten für Gewaltlosigkeit, Frieden, Demokratie und kulturelle Vielfalt bildet auch für die Leipziger Linke eine wichtige Orientierung in ihrem weiteren Wirken.

Mit großer Betroffenheit hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich auf die Nachricht vom Tod von Christian Führer reagiert. “Christian Führer war ein herausragender Wegbereiter der Friedlichen Revolution in Sachsen. Als Pfarrer der Nikolaikirche in Leipzig hat er mit Friedensgebeten und Öffnung der Kirche für Oppositionskreise entscheidend zur Stärkung des Engagements für Freiheit und Demokratie beigetragen. Erst vor wenigen Tagen sind sein Mut und Einsatz vor 25 Jahren mit der Verleihung des Deutschen Nationalpreises gewürdigt worden. Es erfüllt mich mit Trauer, dass Christian Führer das Gedenken an die erfolgreiche Friedliche Revolution vor 25 Jahren nicht mehr persönlich erleben kann. Seine Verdienste bleiben unvergessen.”

Der DGB Sachsen hat tief betroffen auf die Nachricht vom Tod des ehemaligen Pfarrers der Leipziger Nikolaikirche, Christian Führer, reagiert. Die Vorsitzende des DGB Sachsen, Iris Kloppich, sagte: Pfarrer Christian Führer hat einen herausragenden Beitrag zur Friedlichen Revolution geleistet. Darüber hinaus blieb er ein Mensch, der sich für eine sozial gerechte Gesellschaft eingesetzt hat. Er kritisierte scharf die Ausbeutung von Menschen und hat immer wieder deutliche Worte gegen das ungebremste Profitstreben gefunden.

Nicht abgefunden hat er sich mit Arbeitslosigkeit und Armut. Durch sein Bestreben wurde in Leipzig eine Arbeitsloseninitiative gegründet. Dieses beharrliche soziale Engagement von Pfarrer Christian Führer wurde vom DGB mit seiner höchsten Auszeichnung, der Hans-Böckler-Medaille, geehrt. Das herausragende Engagement dieses besonderen Menschen wird der DGB Sachsen nicht vergessen.

Der Tod von Christian Führer hat bei den Stadträtinnen und Stadträte der Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig tiefe Trauer und Anteilnahme ausgelöst. Durch Mut und Umsicht hat sich der ehemalige Pfarrer der Nikolaikirche vor allem während der dramatischen Ereignisse vom Herbst 1989 bleibende Verdienste um seine Heimatstadt Leipzig und darüber hinaus erworben. Den friedlichen Verlauf jener Umbruchsprozesse hat er entscheidend durch die vom ihm initierten Friedensgebete mitgeprägt.

Unsere Wertschäftzung und Achtung gilt zugleich der streitbaren Toleranz, mit der Christian Führer auch in den vergangenen Jahren seine Botschaft von Frieden und Nächstenliebe vertrat. Sein Handeln war stets von Gerechtigkeit im Großen wie im Kleinen geprägt. Daher engagierte er sich unter anderem für Arbeitslosen- und Wohnungslosenprojekte und hielt sich auch mit grundsätzlicher Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen in der Bundesrepublik nicht zurück.

Mit Christian Führer verliert Leipzig einen kritisch-konstruktiven Geist!

Am 30. Juni 2014 verstarb mit Christian Führer, dem ehemaligen Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche ein wichtiger Vertreter für Freiheit, Demokratie und Gewaltlosigkeit. Ohne ihn und die mit ihm wesentlich verbunden Friedensgebete hätte der Drang der Leipziger Bürger nach Mitgestaltung der Gesellschaft und der Protest gegen die Unterdrückung durch den Partei- und Staatsapparat nicht den Erfolg gehabt, der wesentlich zur Beseitigung des DDR-Unrechtsregimes beigetragen hat.

Für viele Ostdeutsche – so auch für mich – stellten die von der Nikolaikirche in Leipzig ausgehenden Montagsdemonstrationen und schließlich die Friedliche Revolution den entscheidenden Wendepunkt in ihrem Leben dar. Neben der politischen Freiheit ist das Vermächtnis von Christian Führer vor allem auch die biblische Grundierung seiner offen und unerschrocken vorgetragenen Botschaft: nicht durch Gewalt überwindet man Mauern, sondern durch Gebete, Kerzen, das Eintreten für den Nächsten. Ausgehend davon bezeichnete der Gottesmann Christian Führer den Erfolg der Friedlichen Revolution konsequent als ein Wunder biblischen Ausmaßes.

Als in der DDR politisch Verfolgter gilt ihm mein persönlicher Dank, da ohne seine Initiative, seinen Mut und seine bedingungslose Haltung zur Gewaltfreiheit mein Leben und das meiner Familie und Freunde einen deutlich anderen Verlauf genommen hätte. Wir alle – die damals dabei waren und die mittelbar Betroffenen – werden ihn in unserem ehrenden Gedenken halten.

Der Kreisverband Leipzig der Alternative für Deutschland trauert um Christian Führer. Der langjährige Pfarrer der Kirchgemeinde St. Nikolai, der am 30. Juni 2014 einem Lungenleiden erlag, wird den Leipziger Mitgliedern der AfD im ehrenden Gedenken bleiben.

War er es doch, der gemeinsam mit anderen die Friedensgebete Anfang der 80er Jahre ins Leben rief und somit dabei half, das Ende des SED-Regimes einzuläuten. Auch das die Revolution im Jahr 1989, vor 25 Jahren, eine friedliche Revolution wurde, ist unter anderem seiner Leistung in den Herbsttagen 89 zu verdanken.

Mit seinem Handeln für Freiheit und Demokratie aus christlicher Verantwortung war Pfarrer Führer Beispiel gebend. Dies nehmen die gewählten Stadträte der AfD-Leipzig zum Anlass, die Stadt Leipzig zu bitten, einen Platz oder eine Straße nach diesem großartigen Sohn Leipzigs zu benennen. Auch sollte Pfarrer Führer posthum die Leipziger Ehrenbürgerwürde verliehen bekommen.

Wir verneigen uns vor seiner großartigen Lebensleistung!

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