Wie viel der neue Eigentümer KSW GmbH im Jahr 2013 für das bewohnte Industriegebäude in der Holbeinstraße 28a bezahlt hatte, wollte Jörg Zochert nicht mitteilen. Dafür schildert der Mitarbeiter des neuen Eigentümers des Objektes, wie aus seiner Sicht die Abläufe bis zu den aktuell begonnenen Arbeiten im nach wie vor bewohnten Haus in Schleußig waren. In den letzten Wochen hatte das Vorgehen der Sanierer für eine Welle der Empörung gesorgt.
Nach dem Erwerb haben Sie die bisherigen Bewohner über den Eigentümerwechsel in Kenntnis gesetzt?
Ja – im März 2013
Mit welchen Informationen über die anstehenden Sanierungsvorhaben?
Es wurde eine detaillierte Modernisierungs-Instandsetzungsmitteilung verschickt. Nach vollständiger baulicher Begutachtung stellten sich folgende Tatsachen heraus:
Das Objekt wurde bis zur Wende als Karosseriewerk für Wartburg-Karossen genutzt. Der Voreigentümer vermietete das Objekt vollständig gewerblich. Einige Mieter der Gewerbeeinheiten haben mit finanzieller Unterstützung des damaligen Eigentümers die Gewerbeeinheiten notdürftig in Wohnnutzung umgebaut. Es wurden Gewerbemietverträge später teilweise in Wohnungsmietverträge umgewandelt.
Es fehlen bauliche Rettungswege. Das Gebäude erfüllt keinerlei energetische und wohnungs-technische Mindeststandards. Es existieren die alten Bleileitungen aus dem Jahre 1887, es fehlen notwendige Sanitäranlagen, die Mieter nutzen Gemeinschaftsbäder und Gemeinschaftstoiletten aus der Zeit des VEB Betriebes. Die hygienischen Verhältnisse sind als katastrophal einzustufen. Es bestehen erhebliche Sicherheitsbedenken, da beispielsweise im Brandfalle keine vollständige Rettung der Bewohner gewährleistet werden kann. Eine bauliche Nutzungsänderung lag zu keinem Zeitpunkt vor.
Eine Wohnnutzung des Gebäudes und eine fachgerechte Sanierung sind nur im Wege der Kernsanierung möglich, da die baulichen Auflagen sonst nicht eingehalten werden können. Eine Kernsanierung kann aus verständlichen Gründen nur im unbewohnten Zustand erfolgen.
Welche Lösungen wurden den Mietern angeboten?
Wir haben deshalb entschieden, mit den Wohnungsmietern Aufhebungsverträge zu verhandeln. Viele Mieter haben zwischenzeitlich diese Aufhebungsverträge unterschrieben und sind gegen Zahlung von Entschädigungsbeträgen von 5.000,00 – 9.000,00 EUR aus dem Objekt ausgezogen.
Nach unseren Informationen gab es im September 2013 erste Schritte zur Sanierung, hier der Abbau von Heizkörpern im Treppenhaus und den leerstehenden Wohnungen, Türen wurden demontiert, Toiletten ausgebaut und Waschbecken zerstört.
Nach dem Auszug der ersten Mieter im September 2013 wurden die Wohnungen „zurückgebaut“, um sie vor einer illegalen Besetzung durch Dritte zu schützen.
Laut unseren Informationen soll es in dieser Zeit auch zu ungesicherten Kabelenden von Stromleitungen im Hausflurbereich gekommen sein?
Von ungesicherten Kabelenden im Hausflurbereich ist uns nichts bekannt.
Ist es richtig, dass im Dezember 2013 die fristlose Kündigung zum 31. Dezember 2013 gegenüber den im Haus wohnenden Personen erfolgte?
Wenn keine Einigungsbereitschaft der Mieter zum Abschluss von Mietaufhebungsverträgen besteht oder die finanziellen Forderungen der Mieter unrealistisch sind, gibt es die Möglichkeit sogenannte Sanierungskündigungen auszusprechen. Bei Weigerung der Mieter muss ein Gericht die Interessen der Mieter gegen die Eigentümerinteressen abwägen und ein Urteil zum Fortbestand der Wohnungsmietverträge fällen.
Wir haben zur Wahrung der Eigentümerinteressen deshalb im Dezember Kündigungen in den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen (je nach bisheriger Mietdauer zwischen 3–6 Monaten) ausgesprochen – eine fristlose Kündigung wurden lediglich gegen einen Mietschuldner ausgesprochen.
Ist es richtig, dass derzeit ein durch die Mieter gezahlter Anteil für Heizöl gegenüber dem Lieferanten durch die KSW GmbH nicht weitergereicht, also nicht bezahlt wurde?
Heizöl wird durch die Verwaltung (Kleemann Immobilien) bestellt. Die letzte Heizöllieferung erfolgte vor ca. 2 Wochen.
Welchen rechtlichen Zustand sehen Sie derzeit bei den Mietverhältnissen in der Holbeinstraße 28a für gegeben?
Alle Gewerbemietverträge wurden gekündigt bzw. aufgehoben. Zu den Wohnungsmietverträgen siehe Punkt 6.
Welche derzeitigen Sanierungsmaßnahmen finden derzeit in genanntem Objekt in Ihrem Auftrag statt?
Derzeit findet lediglich ein nichtstatischer Rückbau statt – eine tatsächliche Sanierung kann wie dargestellt nur im mietfreien Zustand erfolgen.
Wie soll das Objekt nach Fertigstellung Ihrer Sanierungsmaßnahmen am Markt und zu welchen Quadratmeterpreisen angeboten werden?
Miethai oder Fischstäbchen? Streit um Sanierung des Industriegebäudes Holbeinstraße 28a
Seit spätestens Dezember 2013 ist der alte Industriebau …
Das Objekt wird für den Eigenbestand saniert – die Miethöhe orientiert sich am Markt (sanierte Objekte, Erstbezug bzw. Neubau der letzten beiden Jahre in unmittelbarer Umgebung). Die Miethöhe wird in der Regel kurz vor Fertigstellung eines Objektes kalkuliert.
Wurde den derzeitigen und ehemaligen Mietern ein diesbezügliches Angebot zur weiteren Anmietung der Räume unterbreitet?
Ja – es wurde jedem Mieter im Gebäude Wohnungen nach Fertigstellung angeboten. Diese Angebote wurden durch die Mieter abgelehnt.
Wurden den bisherigen Mietern sogenannte Freilenkungsmaßnahmen angeboten?
Es wurden lediglich Entschädigungszahlungen gem. Punkt 3 angeboten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass bei 30.000 leerstehenden Wohnungen und zahlreichen Projektangeboten wie Haushalten e. V., Wächterhäuser und geförderten Wohneigentumsprojekten die Mieter im kreativen Schleußig, Lindenau oder Plagwitz die besseren Netzwerke haben als wir. Wenn es im Einzelfall dennoch notwendig sein sollte, geben wir selbstverständlich Hilfestellungen.
Der Blog der Hausgemeinschaft Elsterwerk in der Holbeinstraße
www.holbeinstrasse28a.de
Zum Eigentümer KSW GmbH im Netz
www.ksw-leipzig.de
Keine Kommentare bisher