Die Nachbarschaftsgärten sind eine grüne Insel in Lindenau. Nach vielen Jahren zivilgesellschaftlichen Engagements und der damit in Gang gesetzten Aufwertung der Leipziger Weststadt will ein Eigentümer sein Grundstück verkaufen, um auf dem Gelände Häuser zu errichten. Über die aktuellen Entwicklungen, die Probleme urbaner Pionierarbeit und Zukunftsperspektiven des Gemeinschaftsgartens hat 3Viertel mit der Presse AG des Vereins gesprochen.
Welche Teile des Areals sind vom Verlust bedroht?
Es handelt sich dabei um den gesamten Gartenbereich, der die größte Fläche des Areals einnimmt. Die erste Idee der Immobilienfirma war, das Gelände zu Parzellieren. Ein anders Vorhaben soll der Bau von Mehrfamilienhäusern sein. Verkauft ist das Grundstück allerdings noch nicht
Wem gehört das besagte Grundstück?
Die Fläche gehört einem Investor aus der Schweiz. An diesen ist ein Leipziger Makler herangetreten und hat den Investor darauf aufmerksam gemacht, dass die Fläche für Vermarktungsinteressen attraktiv sei. Es gab auch schon Interessenten, die sich auf dem Grundstück umgesehen haben. Denn erst nach der Finanzierung der Interessenten wird das Grundstück verkauft und die Häuser geplant.
Gibt es bereits Gespräche mit allen Beteiligten?
Anfänglich wurden, wie gesagt, die Interessenten über das Grundstück geführt, auch ein Vertreter des Maklerbüros war einmal zu Besuch und hat mit dem Vorstand gesprochen. Aber mittlerweile führt niemand mehr Leute mehr über das Areal. Mit den zwei privaten Eigentümern haben wir immer schon guten Kontakt. Einer hat ein Teil des Grundstücks erworben, um es dem Nachbarschaftsgarten dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Mit der Stadt sind wir natürlich auch in ständigem Kontakt.
Da es sich von Anfang an nur um ein Zwischennutzungskonzept gehandelt hat, sei die Frage erlaubt, ob es nicht möglich gewesen wäre, im Dialog mit den Eigentümern eine verstetigte Nutzung des Grundstücks auszuhandeln?
Die Frage haben wir uns auch immer wieder gestellt, haben aber beschlossen uns nicht an die Immobilienfirma zu wenden und abzuwarten. Auch eine gemeinsame Taktik in Bezug auf die Frage ist in diesem Kontext nicht immer leicht. Es sind nicht immer die gleichen Leute die sich engagieren und eine gewisse Fluktuation gibt es auch, so dass Zuständigkeiten einem gewissen Wechsel unterliegen.
Was ist das schlagende Argument für den Erhalt des Gartens?
Der Garten ist ein Ort an dem Menschen ohne Berücksichtigung ihrer Herkunft zusammenkommen können. Kinder könne hier ihre Freizeit verbringen und im Grünen wachsen. Der Garten ist als Treffpunkt auch etwas anderes als ein öffentlicher Spielplatz. Die Bedingungen im halböffentlichen Raum sind nochmal ganz andere. Der Raum ist geschützter, und eine Experimentierfläche für jung und Alt, gerade weil nicht alles vom TÜV abgenommen ist. Für Stadtkinder und -menschen ist er ein Ort Natur zu erleben. Und für das Viertel eine grüne Lunge. Dazu kommen noch die vielen auch europäisch geförderten Projekte, die im Garten stattgefunden haben. Der Garten muss als Plattform für bürgerschaftliches Engagement begriffen werden und hat sich als unverzichtbarer Standort etablieren können.
Wenn der Garten einen unverzichtbaren Standort im Leipziger Westen darstellt, ist dann nicht die Frage an städtische Seite berechtigt, wie urbane Projekte solcher Art rechtlich auf sichere Fundamente gestellt werden können?
Auf diese Frage können wir keine generelle Antwort geben. Anderes als bei einem Hausprojekt, bei dem es um den Lebensmittelpunkt geht, ist der Garten ein eher flüssiges Projekt, das sich in ständiger Bewegung befindet. Wir haben zusammen mit dem Vorstand entschlossen, anhand der Nachbarschaftsgärten dieses Thema zu diskutieren. Die Stadt Leipzig muss sich dazu positionieren. Der Zugzwang entsteht, weil auch bei anderen Projekten mittlerweile angezweifelt wird, ob die Zwischennutzung so positiv zu bewerten ist.
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Genau dieses Konzept hat Leipzig lange Jahre ausgezeichnet und jetzt muss geschaut werden, wie man daraus Konsequenzen ziehen kann. Wir können das jetzt an diesem Beispiel diskutieren und hoffen, dass wir eine Lösung für den Erhalt des Gartens finden können. Und gerade eine solche Lösung könnte auch für alle anderen Projekte dieser Art richtungsweisend sein.
Ist das Konzept der Zwischennutzungsverträge zukunftstauglich?
Es ist tatsächlich so, dass wir davon profitiert haben. Wenn es das Konzept der Zwischennutzungsverträge nicht gegeben hätte, wären die Flächen niemals für diese Idee nutzbar gewesen. Im Zuge der Nutzung ist aber etwas entstanden, von dem auch die Stadt profitiert hat. Wir waren nicht der Motor der Veränderungen, die stattgefunden haben, aber wir waren und sind ein wichtiger Standort. Und in diesem Zusammenhang liegt es auch an uns, der Stadt die Frage zu stellen, wie sie aufgrund unserer Aktivitäten eine zukunftsfähige Perspektive entwickeln kann. Die Notwendigkeit, ein Anschlusskonzept zu erarbeiten liegt auf der Hand.
Wir sind diesbezüglich in Kontakt mit dem Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung und haben den Eindruck, dass es von deren Seite eine klare Befürwortung unsere Sicht gibt. Es gibt den gemeinsamen Wunsch einer Einigung und auch die Bereitschaft über die Problemlage zu sprechen. Das ASW hat sich auch als Vermittler zwischen Eigentümer und den Nachbarschaftsgärten angeboten. Gespräche gab es bis jetzt allerdings noch nicht.
Warum wird das Grundstück nicht einfach vom Eigentümer käuflich erworben?
Ganz abgesehen vom hohen Kaufpreis möchte der Verein kein Eigentum erwerben. Selbst wenn man es im Nachhinein kollektivieren würde, würden Hierarchien entstehen, die wir nicht wollen. Es gibt hier ein Kommen und Gehen und diese Flüssigkeit wollen wir erhalten. Der Gedanke einer dynamischen Gemeinschaft ist in diesem Zusammenhang sehr stark ausgeprägt. Wir hätten allerdings nichts dagegen, die Fläche zu pachten und wären dazu auch ohne Probleme in der Lage.
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