Im April 2013 gab die CDU-Fraktion einen Antrag ins Verfahren, mit dem sie die Stadt zu einer Unterstützung der Wiederaufstellung de Luther-Melanchthon-Denkmals auf dem Johannisplatz bewegen wollte. Der Luther-Melanchthon-Denkmal e.V. kämpft darum nun schon seit Jahren. Ein Änderungsvorschlag des Dezernats für Stadtentwicklung und Bau schlägt nun vor, die Chance für einen modernen Denkmalentwurf zu nutzen.

Ein bisschen spät. Immerhin hatte die CDU-Fraktion beantragt: “Die Stadtverwaltung legt bis 30.09.2013 einen Umsetzungsvorschlag vor und leitet danach in Zusammenarbeit mit dem Verein Luther-Melanchthon-Denkmal e.V. die erforderlichen städtebaulichen Planungen und Verfahren ein. Im Falle der Realisierung auf dem Johannisplatz ist auch der Verein Johanniskirchturm e.V. einzubeziehen. Die Realisierung erfolgt bis zum Lutherjahr 2017.”

Das alte Luther-Melanchthon-Denkmal vor der damaligen Johanniskirche wurde vom bedeutenden sächsischen Bildhauer Johannes Schilling gestaltet, durch Spenden aus der Leipziger Bürgerschaft finanziert und 1883 als Reformationsdenkmal eingeweiht. Doch nicht nur die Johanniskirche ist aus dem Stadtbild verschwunden, auch das Denkmal. Die Nationalsozialisten schmolzen es 1943 ein, um daraus Munition für ihren Weltkrieg zu machen.

Auch die CDU-Fraktion sah nicht zwingend die Wiederherstellung des Denkmals in seiner alten Form. Schon 2009 äußerte ja das Sachverständigenforum “Kunst am Bau und im öffentlichen Raum” der Stadt Leipzig seine Kritik daran, dass immer neue Repliken alter Denkmäler wieder aufgestellt werden – das jüngste war das Mendelssohn-Denkmal an der Thomaskirche. Und so öffnete auch die CDU-Fraktion den Interpretationsraum: “In diesem Sinne ermöglicht die Stadt die Errichtung des Denkmals in geeigneter Form (Wiederaufbau oder Neuinterpretation) an einem geeigneten innerstädtischen Standort (historischer Standort Johannisplatz oder Alternativstandort).” Und betonte, das durchaus mit christlich motivierter Spendenbereitschaft für ein neues Denkmal zu rechen sei.

Am 7. Januar legte nun das Leipziger Planungsdezernat seinen Alternativvorschlag vor, der eindeutig ein neues Denkmal mit einem eigenen künstlerischen Wettbewerb und der “Schaffung eines zeitgenössischen Kunstwerkes favorisiert”. Das erinnert ein wenig an die Malaise mit dem Freiheits- und Einheitsdenkmal. Doch dort ging der Wettbewerb in die Hose, weil eindeutig kein künstlerischer Wettbewerb stattgefunden hat. Künstler waren sogar regelrecht ausgeschlossen. Und die Jury war vor allem eben politisch besetzt, nicht künstlerisch. Manchmal steckt ein verkorkstes Ergebnis eben schon in den Ausgangsbedingungen.
Für das Luther-Melanchthon-Denkmal schlägt das Planungsdezernat eine Federführung des Sachverständigenforums “Kunst am Bau und im öffentlichen Raum der Stadt Leipzig” unter Einbeziehung des Bundes bildender Künstler Leipzig und des Luther Melanchthon Denkmal e.V. und gegebenenfalls weiterer Sach- und Fachverständiger vor.

“Dem Luther-Melanchthon- Denkmal e. V. Leipzig obliegt es, mit Unterstützung durch die Stadt Leipzig, ein Kosten- und Finanzierungskonzept zu erstellen und für die Finanzierung des Vorhabens Sorge zu tragen. Die Stadt Leipzig unterstützt den Verein beim Einwerben von Drittmitteln”, heißt es weiter. “Die finanzielle Beteiligung der Stadt Leipzig soll sich analog des Verfahrens Richard-Wagner-Denkmal auf die Zurverfügungstellung eines Grundstückes und gegebenenfalls auf die Übernahme von Kosten der Aufstellung begrenzen.”

Aber dann beginnt die Verwaltung doch wieder, ihre eigene Meinung in das Vorhaben hineinzuinterpretieren. Nicht der ursprüngliche Platz des Denkmals an der Spitze des Johannisplatzes soll es sein, jetzt soll das Denkmal in der Grünfläche des Martin-Luther-Ringes stehen. Die Begründung geht dann auf die Leipziger Disputation 1519 zurück: “Melanchthon begleitete Luther zur Disputation mit Eck auf der damaligen Pleißenburg. Die Disputation fand im Juni/Juli 1519 auf Einladung der Universität Leipzig statt. Die Erinnerung an beide Wegbereiter der Reformation ist daher auch für Leipzig angemessen.”

Das Sachverständigenforum Kunst am Bau und im öffentlichen Raum hat sich mehrfach mit dem Thema “Wiedererrichtung des Luther-Melanchthon-Denkmals” befasst. Die Stellungnahme des Sachverständigenforums vom 7. Oktober 2008 sei für die Verwaltung weiterhin bindend. “Das historische Luther-Melanchthon-Denkmal – unstrittig eine hohe kunsthandwerkliche Leistung von Johannes Schilling – legte mit seiner Gestaltung auch Zeugnis von der Geisteshaltung seiner Entstehungszeit ab. Ein kopierend-rekonstruiertes Denkmal würde nur ein Bild wiederentstehen lassen und den Akt der Einschmelzung aus der Geschichte verdrängen. Damit wäre die Möglichkeit der Erinnerung an den Akt der Zerstörung und Aneignung dieser Verletzung durch nachfolgende Generationen verwischt. Die Erinnerung an Martin Luther und Philipp Melanchthon soll daher in einer zeitgenössischen Interpretation erfolgen. Ein zeitgenössischer Denkmalsentwurf ermöglicht zudem die Auseinandersetzung mit dem Wirken von Luther und Melanchthon sowie des Reformationsprozesses in all ihren historischen Facetten.”

Und dann kommt’s: “Die Errichtung eines Luther-Melanchthon-Denkmals am historischen Standort entbehrt heute durch die Zerstörung der Johanniskirche und die Neugestaltung des Johannisplatzes sowohl des inhaltlichen als auch des stadträumlichen Bezugs zur Umgebung. Auch würde dem Denkmal an der Spitze des Johannisplatzes der notwendige architektonische Hintergrund fehlen.”

Also schlägt die Stadt nun vor, das Denkmal gegenüber dem Standort der ehemaligen Pleißenburg (heute Neues Rathaus) in der Grünanlage westlich des Martin-Luther-Rings aufzustellen. Dafür spräche “seine Authentizität und der geschichtliche Kontext”.

Das Grundstück will die Stadt zur Verfügung stellen. “Es wird davon ausgegangen, dass das Denkmal mit Errichtung in das Eigentum der Stadt Leipzig übergehen wird. Damit ist die spätere Pflege durch die Stadt Leipzig zu finanzieren.”

Man will auch prüfen, ob das Vorhaben aus dem Programm “Reformationsjubiläum 2017” des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) unterstützt werden könnte. Der maximale Fördersatz beträgt 50 Prozent. Warum das überhaupt in den Verwaltungsvorschlag geschrieben wurde, ist natürlich rätselhaft. Denn: “Schließlich sind in den Vorplanungen des Bundes viele Mittel bereits gebunden bzw. ist der Titel für die Fülle der eingehenden Anträge deutlich überzeichnet. Aus diesen Gründen wird von Seiten des Freistaates Sachsen eingeschätzt, dass ein Förderantrag zur Errichtung eines Luther-Melanchton-Denkmals in Leipzig kaum aussichtsreich sein wird.”

Der Standort soll dann “im sogenannten Plastikgarten (Grünfläche vis-à-vis des Neuen Rathauses zwischen Martin-Luther-Ring, Rudolphstraße und Friedrich-Ebert-Straße)” sein. “Dabei wird beachtet, dass jene Flächen, die für eine mögliche Öffnung des Pleißemühlgrabens vorgehalten werden müssen, bei der Standortwahl auszuklammern sind.”

Zur Vorlage der Stadt:
http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/DDC142AF390D95F8C1257C6600499BD0/$FILE/V-a-412-vsp.pdf

www.luther-melanchthon-denkmal.de

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