Der Leipziger Schriftsteller Erich Loest ist am Donnerstagabend im Alter von 87 Jahren gestorben. Laut Polizeiangaben hat er Suizid begannen, stürzte sich aus einem Fenster im zweiten Stock der Leipziger Uni-Klinik, in die er vor kurzem wegen eines Erschöpfungszustandes eingeliefert worden war.
Mit Erich Loest stirbt ein glänzender Chronist der DDR und der Zeit während und nach der Wende. Aber auch ein immer unbequemer, streitbarer Schriftsteller, der einen ausprägten Gerechtigkeitssinn hatte. Das galt auch für sein Lebenswerk, dass sich nicht so recht in eine der literarischen Schubladen einpassen lassen wollte. Und das ist gut so, denn Loest bewegte sich schriftstellerisch jenseits jeglicher Literaturtrends, ganz davon abgesehen, dass er es stets ablehnte, mit der Literatur-Schickeria in Verbindung gebracht zu werden.
Mit Büchern wie “Es geht seinen Gang” oder dem verfilmten Werk “Nikolaikirche” hat er Zeitgeschichte ge- und beschrieben, auch dem Westen das Wesen der DDR näher gebracht. Vor allem das Wesen des “kleinen Mannes”, der sich gegen die Widerwärtigkeiten des sozialistischen Regimes stemmen musste. Für seine Aufrichtigkeit landete er für siebeneinhalb Jahren hinter den Gittern des gefürchteten Bautzener Zuchthaus. “Gemordete Zeit” nannte er diese für ihn wohl finsterste Periode seines Lebens. So erlebte er den “sozialistischen Realismus” sowie die “Partei des neuen Typus” auf ihre grausamste Art und Weise, die ihm nun ihr wahres Gesicht zeigte, das er in so vielen Romanen beschrieben hatte, wurde er doch 1957 wegen “konterrevolutionärer Gruppenbildung” verhaftet und verurteilt.
Von der Illusion, dass endlich Reformen eingeleitet und der Stalinismus bald der Vergangenheit angehören könnte, hatte er sich da endgültig verabschiedet. Ihm war klar, dass die Mächtigen alles andere als Reformen wollten, nur an der Beibehaltung ihrer Positionen und Pfründe interessiert waren. Das war dem bescheidenen, geradlinigen und durchaus knorrigen Loest zuwider. Dieser Linie ist er bis zum Ende seines Lebens treu geblieben.
Dabei war Loest nie den schönen Dingen des Lebens abgeneigt. Das aber mit aller Disziplin. Ab morgens saß er täglich an seinem Schreibtisch und schrieb bis kurz vor seinem Tod, obwohl er unlängst angekündigt hatte, mit dem Schreiben aufzuhören. Doch wäre Loest nicht Loest gewesen, wenn er wirklich davon hätte lassen können, auch wenn es ihm im hohen Alter immer schwerer gefallen war. “Einen großen Roman kann ich nicht mehr schreiben,” meinte er in Anspielung auf die zunehmenden gesundheitlichen Schwierigkeiten.
Und erst die Krankheit konnte ihn von seiner Leidenschaft, dem Schreiben abhalten. Loests Bücher behalten auch über die Jahrzehnte ihre Gültigkeit und werden auch in vielen Jahren noch lesenswert sein. Gelebter und niedergeschriebener Geschichtsunterricht, lebendig und schnörkellos erzählt, weil selbst erlebt. “Das haben andere auch erlebt, aber gesehen, was wirklich passiert habe ich,” meinte in einem seiner Interviews. Recht hatte er. Und so sollte er in Erinnerung bleiben. Als ein aufrechter Chronist und Schriftsteller seiner Zeit.
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