Zuerst war's das Elster-Hochwasser am 5. Juni, das den symbolträchtigen Termin auf der Umwallung des Völkerschlachtdenkmals verhinderte. Oberbürgermeister Burkhard Jung war mit der Organisation der Maßnahmen rund ums Hochwasser beschäftigt. Da musste auch die von ihm gestiftete Krim-Linde warten. Der Termin der pressewirksamen Begutachtung des Baumes wurde verschoben auf den 25. Juni. Aber auch da musste sich Jung vertreten lassen.

Er schickte Kulturbürgermeister Michael Faber zum Gießen. Am Völkerschlachtdenkmal hat der Bürgermeister am Donnerstag gemeinsam mit Steffen Poser, Leiter des Völkerschlachtdenkmals, und Christina Heinrichsmeier, Abteilungsleiterin Verwaltung im Amt für Stadtgrün und Gewässer, symbolisch dann die Krim-Linde (Tilia x euchlora) beschaufelt und begossen. Insgesamt sollen rund um das Völkerschlachtdenkmal sowie an authentischen Schauplätzen der verlustreichen Kämpfe anlässlich des 200. Jahrestages der Völkerschlacht mindestens “100 Friedensbäume” neu gepflanzt werden.

Darüber hinaus können Bäume in Parks und an Straßen im gesamten Stadtgebiet im Rahmen der Aktion “Baumstarke Stadt” ab einer Spende von mindestens 250 Euro als “Friedensbaum” gewidmet werden, betont das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Leipzig braucht Bäume – seit dem schwarzgelben Baum-ab-Gesetz erst recht. Die Bäume symbolisieren nicht nur den Wert von Frieden und Freiheit, sondern sorgen darüber hinaus natürlich auch für ein attraktiveres Stadtbild und nutzen der Natur. Und der Luftqualität.

Pate eines “Friedensbaumes” können nicht nur Leipziger werden. Auch nationale und internationale Gäste haben die Möglichkeit, ihre Verbundenheit mit der Stadt und der gemeinsamen europäischen Geschichte auf diese ganz besondere Weise mit einem “Friedensbaum” zu zeigen. Die Bäume werden mit einer Eichenstele, einer Plakette als “Friedensbaum” und – wenn vom Paten bzw. der Patin gewünscht – mit einer persönlichen Widmung gekennzeichnet. Alle Paten erhalten ein Zertifikat mit einem Lageplan sowie einer Beschreibung des gepflanzten “Friedensbaumes”.Standorte für “Friedensbäume” finden sich in der Umgebung des Völkerschlachtdenkmals, entlang der Straße des 18. Oktober und an den Alleen im Wilhelm-Külz-Park. Gepflanzt werden hier Linden, Ahorn und Eichen. Im Hain der Friedensbäume im Park Lößnig-Dölitz kommen im Oktober 2013 auf einem ehemaligen Schlachtfeld in Blickbeziehung zum Völkerschlachtdenkmal Linden in die Erde. Potentielle Baumpaten können hier eigenhändig die Pflanzung ihres Friedensbaumes vollenden. Es ist aber auch möglich, sich für einen der bereits neu gepflanzten und zur Übergabe vorbereiteten Bäume zu entscheiden. Weitere Pflanzungen ab Oktober 2013 werden vorbereitet.

Aber nicht nur die Krim-Linde, die eine Lücke in der doppelten Baumreihe auf der Umwallung füllt, kann man bewundern. Seit dem 17. Juni verwirklicht auch der Leipziger “Rasenmähermann” Ralf Witthaus an den Grasflanken der Umwallung sein Rasenkunstwerk “Gott mit uns – Das Friedensdenkmal”.

“Ich habe mir die Frage gestellt: Wie sieht ein Friedensdenkmal heute aus? An diesem Ort, dem Völkerschlachtdenkmal?”, schreibt Witthaus auf seiner Website. Und überlegt: “‘Gott mit uns’ ist der Wahlspruch der preußischen Krone gewesen. Er steht mittig in großen Lettern über dem in Stein gehauenen Erzengel Michael. Die Preußen haben den Satz nicht erfunden, übernommen haben sie ihn von den Schweden. Und es gibt Bezüge zu den Kreuzrittern und noch viel weiter in die Vergangenheit. Es war vielerorts ein Schlachtruf, mit dem sich Soldaten Mut gemacht haben. Aber kann eine Nation – insbesondere im Kontext des Krieges – Gott für sich beanspruchen? Nein. Gott ist für alle da.”Deswegen steht der Spruch nicht nur auf Deutsch in fünf Meter hohen Lettern an den Graswänden. Sondern auch auf lettisch, italienisch, englisch, ungarisch und französisch. Witthaus: “Die Übersetzungen des Satzes im Rasen verändern die Wahrnehmung des Ortes. Und sie verändern den Satz.”

Und nicht nur in Leipzig mäht Witthaus sein Kunstprojekt, bei dem einige Buchstaben auch ganz bewusst aus der Reihe tanzen und zu stürzen scheinen. Auch in Paris, dem anderen Endpunkt dieser 1813er-Geschichte, will er sein Kunstprojekt umsetzen.

Wer die großen Buchstaben sehen will, sollte die nächsten Tage nutzen. Das Gras neigt dazu, ungeschoren zu wachsen.

Schon seit Jahren interessiert sich Witthaus für Leipzigs Denkmal, der stets seine Zeichnungen im feinen Anzug mit Motorsensen im Rasen mäht. “Mir fiel auf, dass am Völkerschlachtdenkmal etwas nicht stimmt”, so Witthaus über seine Motivation. Das Rasenkunstwerk ergänzt also – temporär – die Botschaft des Steindenkmals.

Die Rasenmäherzeichnung ist Teil des Leipziger Gartenprogramms 2013 und wird gefördert durch den Förderpreis des Deutschen Naturschutzpreises.

Dass über Witthaus’ Zeichnung in aller Kürze wieder Gras wächst, gehört zum Konzept, er regt damit eine andere Denkmals-Kultur an. Witthaus plant für sein Friedensdenkmal außerdem eine zweite Setzung in Paris. Die Rasenmäherzeichnung am Völkerschlachtdenkmal ist Witthaus’ fünfte Arbeit in Leipzig.

Ralf Witthaus studierte Kunst und Internationales Kunstmanagement u.a. in Hamburg, Berlin und Köln. Bekannt wurde er mit seinen Rasenmäherzeichnungen. 2010 veranstaltete Witthaus in Köln seine erste Bundesrasenschau, eine sieben Kilometer lange Zeichnung rund um die Stadt.

Und am 14. Juli findet auf dem großen Wasserbecken schon das nächste Ereignis statt: das von der nato veranstaltete 21. internationale Badewannenrennen Régates de Baquet, das schon immer ein internationales Flair hatte. Wer dabei sein will als Schiffskapitän mit Crew, sollte sich baldigst anmelden.

Zwar wird heftig diskutiert, wohin das Badewannenrennen eventuell umziehen soll, wenn überhaupt. Denn selbst bei den Akteuren um das Völkerschlachtdenkmal sieht man das sommerliche Ereignis sehr gelassen, hat es doch in den letzten 20 Jahren sehr dazu beigetragen, dem Denkmal seine martialische Strenge zu nehmen. Und bei der 2013 so massiv vorangetriebenen Neu-Definierung des Denkmals als Friedensdenkmal mutet eine Vertreibung nun ausgerechnet des Badewannenrennens schon seltsam an.

Doppeljubiläum Völkerschlacht und Völkerschlachtdenkmal: www.voelkerschlacht-jubilaeum.de

Aktion “Baumstarke Stadt”: www.leipzig.de/baumstark

Der “Rasenmähermann” Ralf Witthaus: www.ralfwitthaus.de

Alle Informationen zum Badewannenrennen: http://natobadewanne.wordpress.com

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