Einmal durch die Heimatstadt. Zu Fuß. Allein. An einem Tag. Ist das zu schaffen? Was kann man wohl in Leipzig entdecken, wenn man fußläufig unterwegs ist? Was tut sich in den Stadtteilen, die nicht ständig im Gerede sind: Thekla, Abtnaundorf, Großzschocher, Knautnaundorf? Einer muss es ja mal herausfinden.
Es sind Floskeln, die wir regelmäßig in unseren Gesprächen verwenden, Generalisierungen: “In Leipzig macht niemand so etwas …”, “Das habe ich in meiner Stadt noch nie gesehen…”, “Davon gibt es bei uns zu wenig…”, “Leipzig ist eine schöne Stadt, hier lässt es sich gut leben.” Doch sie stützen sich lediglich auf Erfahrungen, die wir in unserem persönlichen Leipziger Alltag machen oder von denen wir hören.
Wer aus dem Süden weiß schon, wie es in Stahmeln zugeht? Wer aus Probstheida läuft schon regelmäßig durch Volkmarsdorf? Es sind die Wenigsten. Noch weniger der (derzeit statistischen) 530.000 Einwohner unserer Stadt können behaupten, dass sie schon in allen Stadtteilen gewesen sind. Wer war denn schon einmal in Gottscheina? Wer in Hartmannsdorf? Fleckchen, die ganz offiziell wie Mockau oder Möckern zur Stadt gehören.Ist es überhaupt gerechtfertigt, Generalisierungen über Leipzig auszuposaunen, wenn man nicht wenigstens die Hälfte der Stadtteile zumindest mal gesehen hat? Durch Wahren, Stahmeln, Leutzsch, Böhlitz-Ehrenberg, Mockau, Thekla, Schönefeld, Volkmarsdorf etc. bin ich zumindest schon einmal durchgefahren. Ja, auch Plaußig habe ich schon besucht, aber selbst die ältesten Leipziger, die mir über den Weg liefen, konnten mir nicht sagen, was es beispielsweise in Portitz zu entdecken gibt. “Was willst du denn dort?”, wurde ich nicht allzu selten gefragt.
Ignoranz, die sich aus Unwissenheit nährt. Wer noch nie in Portitz war, kann nicht wissen, was es dort gibt. Wenn es zudem niemanden gibt, der sich mal nach Portitz aufmacht, um anderen zu berichten, was den Stadtteil ausmacht, dann verfestigt sich das Bild, dass dort ja überhaupt nichts los sein kann, denn man hört ja nie etwas. “Portitz? Gibt’s das überhaupt?”Schließlich bewegt mich auch die Frage, was Leipzig abseits der oft befahrenen Straßen zu bieten hat. Kann man mit dem Fahrrad den Stadtverkehr gut umgehen, kann man Auto UND Rad einfach mal stehen lassen und einfach laufen? Meine eigene Wanderroute wird Aufschluss darüber geben.
Doch wie lange würde es dauern, einmal durch die ganze Stadt zu laufen und dabei die entlegenen Ecken mitzunehmen und etwas über die Stadtteile zu lernen? Google vermutet für die Strecke von 30 Kilometern vom äußersten Nordosten zum äußersten Südwesten sechs Stunden und 15 Minuten. Getestet hat es wahrscheinlich niemand, aber laut Routenplaner ist es an einem Tag zu schaffen. Aber unmöglich, wenn ich mir als Wandersmann allein ein noch so kleines Bild von den Menschen und den Freuden und Problemen in der Umgebung machen will. Hilfe ist unabdingbar.
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Für meine Tour, die in Gottscheina, beim BMW-Werk, starten und in Knauntnaundorf, noch südlicher als die A38, enden soll, werde ich einige Streckenabschnitte in Begleitung zurücklegen und zwischendurch auch mal mit einem Gespräch eine Rast einlegen. In meinem Rucksack befinden sich lediglich eine Regenjacke, ein Stadtplan, ein Fotoapparat, ein Notizbuch, Sonnencreme, eine Flasche Wasser und eine fast leere Packung mit noch 8 ¾ Keksen. Mein Handy habe ich dabei, 12 Euro ebenso. Das muss reichen.
Immerhin ist Gottscheina – Knautnaundorf keine Weltreise. Zumindest nicht, was die Streckenlänge angeht. Leipzig, nein, Gottscheina, Plaußig-Portiz, Thekla, Abtnaundorf, Neustadt, Reudnitz, Zentrum-Süd, Schleußig, Großzschocher, Windorf, Knautkleeberg, Knauthain, Hartmannsdorf, Knautnaundorf: ICH KOMME!
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