Am Montag, 20. August, veröffentlichte das Statistische Bundesamt den Indikatorenbericht "Qualität der Arbeit - Geld verdienen und was sonst noch zählt?", der in aller Klarheit auflistet, wie immer mehr Deutsche immer länger arbeiten - auch nachts und am Wochenende. "In Deutschland hat die Nacht- und Wochenendarbeit deutlich zugenommen", stellt das Bundesamt fest.

“2011 arbeitete ein Viertel (24,5 %) aller Beschäftigten auch samstags, fünfzehn Jahre zuvor, im Jahr 1996, waren es noch 18,8 %. Der Anteil der Personen, die nachts arbeiten, erhöhte sich im selben Zeitraum von 6,8 % auf 9,6 %.” Das heißt nun: Fast jeder Zehnte. Für immer mehr Arbeitende lösen sich die Erholungszeiten auf. Immer mehr arbeiten immer länger: “2011 gab jeder achte Vollzeiterwerbstätige (13 %) an, gewöhnlich mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten. Solche langen Arbeitszeiten betreffen vor allem Männer: 16 % der Männer, aber nur 8 % der Frauen machten entsprechende Angaben.”

Das Zahlenwerk ist freilich gemischt. Bei den Niedriglohnquoten greift das Statistische Bundesamt auf Zahlen von 2006 zurück. Der Bericht ist also kein wirklich fein gestimmtes Instrument zur Sichtbarmachung der Entwicklung.

Für die Leipziger Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD), Vorsitzende der Bundestags-Enquete-Kommission, trotzdem Material genug, die Entwicklung sehr kritisch zu beurteilen. “Erneut belegt eine offizielle Statistik die zunehmende Flexibilisierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Mehr Menschen arbeiten nachts und am Wochenende, Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger sind vermehrt mit befristeten Beschäftigungen und ungewünschter Teilzeitarbeit konfrontiert. Frauen verdienen nach wie vor in allen Branchen im Durchschnitt 23 % weniger als Männer”, fasst die Leipziger SPD-Abgeordnete die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammen.
“Die Auswirkungen dieser Flexibilisierung und die vermehrte Entgrenzung von Arbeit zeigen sich in einem höheren Krankenstand in den Betrieben. Studien, wie der AOK Fehlzeitenreport 2012, bringen die Phänomene in direkten Zusammenhang mit der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen und Burnouts von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern”, stellt sie fest. “Die Regierung ist aufgefordert, die Situation auf dem Arbeitsmarkt fest im Blick zu haben und gegenzusteuern. Regulierung von Leih- und Teilzeitarbeit und eine gerechte Bezahlung bei angemessenen Arbeitsbedingungen sind notwendig, um den Trend zu stoppen.”

Die Enquete-Kommission “Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität” erarbeite derzeit ein Indikatorenset zur alternativen Messung von Wohlstand. “Wir tun gut daran, auch die Qualität von Arbeit in das Indikatorenset aufzunehmen”, so Kolbe.

Denn auch das hat der Bericht des Bundesamtes für Statistik gezeigt: Die Arbeit greift immer mehr in die Bereiche über, die sonst der Erholung vorbehalten waren. Die Wochenarbeitszeit von Vollbeschäftigten ist gestiegen. Dafür ist die von Teilzeitbeschäftigten gesunken.

Informationen zur Enquete-Kommission “Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität” findet man unter:
www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/gremien/enquete/wachstum/index.jsp

Den Indikatorenbericht des Bundesamtes für Statistik findet man hier:
www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetige/BroschuereQualitaetArbeit0010015129001.pdf?__blob=publicationFile

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