Es ist das große Projekt von Prof. Werner Schneider: Seit fast sieben Jahren ackert der Leipziger Physiker für seine Idee einer "Leipziger Notenspur", hat einen Förderverein gegründet, hat Gelder gesammelt, um die Edelstahlelemente in den Stadtraum zu bringen. Und jetzt hat die Notenspur die Chance, Leipzig in die UNESCO-Welterbeliste zu bringen. Zeit für einen emotionalen Film.

Denn natürlich muss man auch in den diversen Prüfungskommissionen die Emotionen ansprechen. Das Knowhow haben die Leipziger. Der emotionale Film zur nationalen Olympiabewerbung 2012 war, wenn man’s genau betrachtet, die Hälfte der Siegpunkte wert. Ein bisschen Ost-Bonus war dabei und ein bisschen der Bonus für den Underdog.

Zehn Jahre später, meint zumindest Dr. Dettloff Schwerdtfeger, Geschäftsführer des Bacharchivs Leipzig, könne man vielleicht an die Emotionen der Olympiabewerbung anschließen. So ähnlich hatte ja auch Thomaspfarrer Christian Wolff argumentiert, als er dem OBM das große Jubiläum “800 Jahre Thomana” als idealen Ersatz für die Olympischen Spiele anbot, die am Ende London bekam. Ist natürlich ein schöner Traum. Doch zum Glück hat klassische Musik wenig mit Olympiaden, deren gigantischen Investitionen und dem befristeten Feuer zu tun. Schon die 800 Jahre sprechen Bände. Die Musik ist zwar wesentlicher Teil der Stadtkultur – aber sie zieht das Publikum nicht zum “Event” auf die Plätze. Und wenn, dann ist es in der Regel ein besonderes Publikum, das mit Bach, Mendelssohn und Schumann etwas anfangen kann.

“Die zehn Prozent der wirklich Interessierten”, wie Schneider sagt. Vielleicht ein paar mehr. So ist ja das Notenspur-Projekt angelegt. “Es ist auch ein bisschen Stadtteilentwicklung”, sagt er. “Wir sind ja mit Absicht bis in den Leipziger Osten hinein gegangen.”Es bot sich natürlich an. Dort sind drei der wichtigsten Häuser zu finden, die im Notenspur-Projekt eine tragende Rolle haben: das Schumann-Haus in der Inselstraße, das Mendelssohn-Haus und die Grieg-Gedenkstätte. Das Musikinstrumentenmuseum im Grassi muss man natürlich auch dazuzählen. Aber es kommt in dem kleinen 3-Minuten-Clip nicht vor, der im März für die Bewerbung für die Tentativ-Liste der UNESCO gedreht wurde.

Er zeigt die acht wesentlichen Musikstätten in Leipzig, mit denen sich die Leipziger Notenspur um den Titel als Weltkulturerbestätte bewirbt. Denn bei dieser Bewerbung, so Schneider, geht es natürlich um schützenswerte Gebäude, die ihren Wert dadurch erhalten, dass sie auch inhaltlich für die Musikpflege in Leipzig stehen.

Im Januar hat Leipzig die Bewerbungsunterlagen beim Sächsischen Innenministerium abgegeben, das die sächsischen Bewerbungen für die deutsche Tentativliste sammelt. Zehn sind es. Zwei davon darf der Freistaat für die bundesdeutsche Liste vorschlagen. Und natürlich treibt manchen Leipziger die Sorge um, dass die alte Frostigkeit zwischen Dresden und Leipzig wieder dazu führt, dass die Leipziger Bewerbung schlechte Karten bei der Auswahl hat.

Ende März war eine Leipziger Delegation in Dresden zur Vorstellung der Bewerbung. “Ich selbst bin erstaunt, wie freundlich man unser Projekt aufgenommen hat”, sagt Kulturbürgermeister Michael Faber. “Und vor allem auch, wie interessiert man sich zeigte.”

Entschieden ist noch nichts. Die Dresdner Auswahlkommission wird am 4. Mai tagen und dann zwei Bewerbungen vorschlagen, über die dann das sächsische Kabinett entscheiden muss.”Für Leipzig wäre die Anerkennung als Weltkulturerbe was Besonderes”, sagt Faber. “Denn es schafft schon eine ganz besondere Aufmerksamkeit, wenn dann acht Gebäude das Zeichen der UNESCO tragen und darauf aufmerksam machen, dass hier etwas Schützenswertes zu finden ist.”

Inwieweit die Lobby-Arbeit dafür noch verstärkt werden müsse, sieht er nicht so recht. Leipzig habe ja auch die süße Last zu tragen, dass die “Notenspur” kein Alleinstellungsmerkmal ist, sondern sich die Festivals dicht aneinander drängten. Da könne man gar nicht nur die “Notenspur” allein bewerben, wenn nicht etwas anderes dafür hinten runter fallen solle. Und vielleicht sei die forcierte Lobby-Arbeit, die einige Bewerber mit nur einem Alleinstellungsmerkmal betrieben, sogar kontraproduktiv.

Deswegen gibt es im 3-Minuten-Clip nicht nur Musik, dargeboten von jungen Musikern der Musikschule, sondern auch – mal groß, mal im Detail – jede Menge anspruchsvoll sanierter Baudenkmale zu sehen. Denn das würde ja – so Schneider – den Hauptschwerpunkt der Bewerbung ausmachen. Und aufwendig saniert sind sie ja alle: das Bosehaus mit dem Bachmuseum, das Mendelssohnhaus, auch die Hochschule für Musik und Theater “Felix Mendelssohn Bartholdy”.

Ob am 12. Mai schon entschieden ist, ob Leipzig in die bundesdeutsche Bewerberrunde kommt, ist noch offen. Dann wird die Notenspur-Eröffnung gefeiert. Beginnend mit einer “Notenspur-Ouvertüre” im Bach-Museum und auf dem Thomaskirchhof ab 10 Uhr. Um 14 Uhr ist die feierliche Eröffnung auf dem Marktplatz geplant.

“Bis dahin sind auch alle Notenspur-Elemente verlegt”, sagt Schneider. Wir haben im Leipziger Osten angefangen, werden bis Ende April auch am Thomaskirchhof angelangt sein.” Die Leipziger Stadtführer seien jetzt schon begeistert von den Stahlelementen im Pflaster. “Da haben sie was zu zeigen.”

Und der 3-Minuten-Film soll natürlich auch werben für die Leipziger UNESCO-Bewerbung. Denn wenn im Mai die sächsische Regierung Leipzig mit unter die beiden sächsischen Bewerbungen kürt, wird das Frühjahr 2013 interessant, wenn die deutschen Kultusminister über die Bewerbungsliste der Bundesrepublik entscheidet.

Das Video kann man sich hier anschauen: www.leipziger-freiheit.de

www.notenspur-leipzig.de

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